An meine LehrerInnen… und die Anderen:
Mein Name ist K. M., ich bin ein Schüler der ersten Klasse eines Gymnasiums am 10. Lyzeum in Drapetsona, Piräus.
Ich habe mich entschlossen diesen Text zu schreiben, weil ich meine Wut, meine Empörung ausdrücken will über den Nerv und die Heuchelei derer, die uns regieren und all jener JournalistInnen und den Mainstreammedien, die ihnen helfen, ihre gesetzlosen und unmoralischen Pläne auf Kosten der SchülerInnen, StudentInnen und der jüngeren Generation einzuführen.
Mein Grund zu schreiben ist die Absicht meiner LehrerInnen in der Zeit der Universitätseingangsprüfungen in den Streik zu treten und sind die PolitikerInnen und JournalistInnen, die Krokodilstränen über meine Zukunft vergießen, die wegen des Streiks „auf dem Spiel“ steht.*
Worüber redet ihr? Welche Art von Zukunft habe ich wegen euch? Und wer ist es, der meine Zukunft wirklich aufs Spiel setzte?
Lasst uns einen Blick darauf werfen, wer die Zukunft konstruiert und all unsere Leben, nun schon seit langer Zeit:
– Wer machte die Zukunft für meinen Großvater? Wer kleidete seine Zukunft in die ausgemusterte Kleidung der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) und zwang ihn nach Deutschland auszuwandern?
– Wer hat dieses gesamte Land schlecht regiert und ausgenommen?
– Wer zwang meine Mutter von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang zu arbeiten, das alles für 530 Euro im Monat? Geld, das nachdem Essen und Rechnungen bezahlt sind nicht einmal genug ist, um ein neues Paar Schuhe, geschweige denn ein Buch, das ich von einem Flohmarkttisch wollte, zu kaufen.
– Wer halbierte das Gehalt meines Vaters?
– Wer verleumdete ihn, drohte ihm damit, ihn unter der zivilen Einberufung zurück an die Arbeit zu zwingen, drohte ihm mit Kündigung zusammen mit all seinen KollegInnen der öffentlichen Verkehrsmittel, als sie, die einfach nur in Würde leben wollen, in den Streik traten?
– Wer möchte die Universität, die mein Bruder sich aussuchte um einige seiner Träume zu erreichen, schließen?
– Wer gab mir Fotokopien anstatt von Schulbüchern?
– Wer lässt mich in meinem Klassenraum ohne Heizung frieren?
– Wer trägt die Schuld daran, dass SchülerInnen vor Hunger umkippen?
– Wer machte so viele Leute arbeitslos?
– Wer trieb 4.000 Menschen in den Selbstmord?
– Wer lässt unsere Großeltern ohne medizinische Versorgung und Medikamente zurück?
Haben das alles meine LehrerInnen getan? Oder wart IHR es, die das alles taten?
Ihr sagt, dass meine LehrerInnen meine Träume durch Streiken zerstören werden.
Wer hat euch jemals erzählt, dass es mein Traum ist, eine weitere arbeitslose Person unter den 67 % der Jugendlichen zu sein, die arbeitslos sind?
Wer erzählte euch, dass es mein Traum ist, ohne Sozialversicherung zu arbeiten und ohne reguläre Arbeitszeit für 350 Euro im Monat, so wie ihr in der letzten Gesetzesänderung eurer Arbeitsgesetze dafür gestimmt habt?
Wer erzählte euch, dass es mein Traum ist, ein Wirtschaftsmigrant zu werden?
Wer erzählte euch, dass es mein Traum ist, ein Botenjunge zu werden?
Ich möchte ein paar Worte an meine LehrerInnen richten, an LehrerInnen überall in Griechenland:
Meine LehrerInnen, ihr habt eine Verpflichtung gegenüber allen SchülerInnen NICHT einen einzigen Schritt zurück zu weichen. Wenn ihr euch jetzt aus eurem gerechtfertigten Kampf zurückzieht, dann setzt ihr meine Zukunft wirklich aufs Spiel. Ihr werdet sie verpfänden.
Welchen Rückzug ihr auch immer antreten mögt, welchen Sieg auch immer die Regierung gewinnen mag, wird mich meines Lächelns, meiner Träume, meiner Hoffnung für ein besseres Leben, für eine humane Gesellschaft zu kämpfen, berauben.
Meinen Eltern, meinen MitschülerInnen und der gesamten Gesellschaft habe ich folgendes zu sagen:
Wollt ihr wirklich, dass die, die uns unterrichten in Elend leben?
Wollt ihr, dass wir uns wie Massenware in den Klassenräumen stapeln?
Wollt ihr, dass sie Schulen schließen und mehr Gefängnisse bauen?
Werdet ihr unsere LehrerInnen in diesem Kampf alleine lassen? Ist das die Art wie ihr uns beibringt, unsere Solidarität herauszuschreien?
Wollt ihr, dass es den LehrerInnen möglich ist ein Zeichen des Selbstrespekts, der Würde und der Militanz für uns zu setzen? Oder zieht ihr es vor, dass sie ein gutes Beispiel für Versklavung geben?
Schlussendlich, wollt ihr, dass wir wie Sklaven leben?
Vom morgigen Tag an sollten alle Schulen von SchülerInnen und Eltern besetzt werden, um die LehrerInnen zu unterstützen und mit einem Sprechchor, einer Parole: „Vorwärts, zerschlagt die faschistische Tyrannei!“
Kämpft zusammen für öffentliche, freie, Qualitätsbildung. Kämpft gemeinsam, um die zu stürzen, die unser Lachen und das Lachen eurer Kinder stehlen.
PS: Ich werde meine Noten vom Schuljahr 2011/12 zitieren, nicht aus Eitelkeit sondern um jenen das Wort abzuschneiden, die das lächerliche Argument anbringen könnten, dass „ich mich nur um den Unterricht drücken möchte“: Verhalten des Schülers: „Sehr gut“. Durchschnittsnote: 20 „Hervorragend“ [die höchstmögliche Note in griechischen Gymnasien].
* Die „Griechische Förderation der LehrerInnen im staatlichen Sekundarbildungsbereich“ (OLME) hatte einen 24-stündigen Streik am 17. Mai und einen 5-tägigen Streik vom 20. bis 24. Mai (erste Woche der landesweiten Universitätseingangsprüfungen, die an öffentlichen Gymnasien stattfinden) vorgeschlagen. Die griechische Regierung reagierte darauf, indem sie den ArbeiterInnen verbot in den Streik zu treten. Am 11. Mai befahl der Premierminister Antonis Samaras die zivile Einberufung aller SchullehrerInnen, die zurzeit im öffentlichen Sektor beschäftigt sind. Dies bedeutet, dass die Dreiparteienregierung für alle OberschullehrerInnen die Zwangsrückkehr an den Arbeitsplatz anordnete, sogar noch bevor sie in den Streik traten.