Wie bei vielen US-amerikanische AnarchistInnen, erfolgte mein erster Kontakt mit der griechischen anarchistischen Bewegung über hastig übersetzte Erklärungen. Diese berichteten über spektakuläre Angriffe auf Banken und Polizeistationen, über Ausschreitungen und studentische Übersetzungen. Zunehmend gefiltert durch den amerikanischen Internationalismus Diskurs, fehlte es diesen Erzählungen oft an historischem Hintergrund oder politischem Kontext. Dieses glichen die Texte zehnfach mit Begeisterung und vergnügt schlechtem Englisch aus. Dadurch, das sich einer sozialen Bewegung in dieser Form angenähert wurde, entstand ein Mythos. Wie wie viele von uns, dachte ich “die GriechInnen” wären mehr oder weniger ein fantastisches fremdes Monster, eine schreckliche Kraft, die die magische Alchemie der Anarchie entdeckt hat. Etwa, was wir US-AmerikanerInnen niemals erreichen werden. Obwohl es seinen Reiz hat, Anarchie als unbekanntes “”undurchsichtiges” Monster zu konzeptionieren, ist es problematisch, solch eine Mythologie aus einer nichtgriechischen anarchistischen Bewegung heraus zu erschaffen. Zu implizieren, dass es etwas “Besonderes” im Hinblick auf Griechenland gibt, ignoriert, dass das herausragendste Merkmal höchstwahrscheinlich Selbstbewusstsein ist, nicht die Ausrichtung auf unterschiedlicher soziale Bedingungen. Einige unsere größten Hürden dieser Seite des Atlantiks, könnte eher psychologischer als materieller Natur sein.
Die griechische anarchistische Bewegung als Mythos zu verklären bedeutete auch perfektes Vehikel, sie in unterschiedliche Formen aufzuspalten. SyndikalistInnen, falls sie nicht Griechenland ohnehin als “auf niedrigem Stand sozialer Kämpfe” abwerten, richten ihren Blick fast ausschließlich auf die ArbeiterInnenkämpfe. InsurrektionalistInnen präsentieren ihre Geschichten nach Anschlägen und Inbrandsetzungen. Die Diskussion über politische Hintergründen bleibt fast vollständig ausgeklammert. . Auch bleiben Tausende Stunden langweiliger “aktivistischer” Arbeit unbedachte, die diese Zusammenhänge erst begründet. “Anarchisten ohne Adjektive” loben die ideologische und taktische Unterschiedlichkeit der GriechInnenn, ohne die ungemeinen, spaltenden und sogar gewalttätig ausgetragenen Konflikte zwischen anarchistischen Gruppen zuzugeben- oder die substanzielle Qualität dieser Unterschiedlichkeit usw.
Dieses Magazin wurde großenteils ins Leben gerufen, diese verkümmerten Geschichten Vergangenheit werden zu lassen. Es soll zumindest einiges an politischen Hintergrund angeboten werden sowie die besonderen organisationellen und taktischen Annäherungen tausender Griechischer AnarchistInnen dargestellt werden. Das Magazin kann niemals ein komplettes Bild liefern. Es ist nur eine kleine Publikation, die hauptsächlich auf Auszügen des exzellenten Buches “Wir sind ein Bild aus der Zukunft” basiert. Dieses Buch, ein Satz Erinnerungen, Analysen und Theorien, das die Revolte vom Dezember 2008 schildert, ist kein “Geschichtsbuch”. Es ist ein unfertiger Text über das konstant wachsende und sich stetig verändernde Phänomen des griechischen Anarchismus. Dabei orientiert sich das Zine an behutsamen Beobachtungen und Lektionen, die relevant für diese Seite des Atlantiks sind. Deshalb habe ich unterschiedliche Artikel von nichtgriechischen AutorInnen eingefügt, die anscheinend ein Fuß in Griechenland und den anderen in ihrem Heimatländern haben. Ich denke diese Ausrichtung bietet ein besonders Bewusstsein und eine Perspektive für die Situation.
http://zinelibrary.info/koukoulofori-stories-lessons-and-inspiration-greek-anarchist-movement