Weder eine Lüge noch eine Erfindung! Die anarchistische Aktion gegen Staat und Kapital vor allem: Einige Worte, Erläuterungen und Positionierungen von einigen Compas der CARI-PGG.
„Es gab kein Ende und weder vorher noch jetzt ein Begräbnis. Der Konflikt ging weiter während die Kritik sich entwickelte. Eine heftige Kritik gegen das Herrschaftssystem, aber vor allem eine Kritik gegen uns selbst. Wir haben reflektiert und neue Perspektiven in uns entwickelt, aber der Angriff gegen die Macht ging und geht weiter…“
Diese Worte richten wir an keinerlei JournalistInnen, seien sie vom Staat oder alternativ. Ja, diese JournalistInnen, die nichts anderes tun als die Worte der RevolutionärInnen zu verleumden um sie in „gute oder schlechte Sachen“, in „richtige oder falsche Sachen“ einzuteilen. Sie sind ebenso wenig an die üblichen Linken gerichtet, an die, die seit dem Beginn des Krieges, den wir mit vielen anderen aufnehmen mussten, nie aufgehört haben uns absurde Etiketten wie „TerroristInnen, Ultralinke, AbenteurerInnen, VerweigerInnen, PolizistInnen, Exaltierte usw.“ zu verpassen.
Diese Worte und diese Reflektionen sind und werden immer für die ehrlichen Compas sein, für jene, die sich von einer schrillen Propaganda weder täuschen noch hypnotisieren liessen: es sind auch jene, die im tagtäglichen Konflikt mit der Autorität leben, in einem Konflikt zur Zerstörung jeglicher Macht und Dogmen, diese Volksmacht genannte Pantomime miteinbezogen. Eine Pantomime, die in unseren unglückseligen und trüben Zeiten unzählige libertäre Individuen und Projekte in ihre Netze gelockt hat, indem sie glauben machte, Volksmacht und Anarchie seien Synonyme, während es in der Tat und Wahrheit total gegensätzliche Begriffe und Kämpfe sind.
Diese Reflektionen und Worte sind an die gerichtet, die den Konflikt in erster Person leben, an die, die dafür sorgen, dass die Anarchie sehr viel mehr ist als geschriebenen Worte und an andere Compas, die sie lesen wollen weil sie der Praxis der Zerstörung des Bestehenden nahestehen.
Das ist nur ein kleiner Teil der Geschichte, den wir für uns, die es erlebt haben, erzählen … damit es dir andere nicht auf ihre Art beschreib
1 – Was waren die CARI-PGG?
Wir, die Células Autónomas de Revolución Inmediata – Praxedis G. Guerrero waren eine Gruppe anarchistischer Individualitäten, die, im Ganzen gesehen, in den letzten Monaten des Jahres 2008 entschieden hatten, ohne Bekennungen mit einigen Brandaktionen wie Molotow-Angriffe auf Banken und Brandsätze gegen Polizeiautos zur Aktion überzugehen. Das, bis zum 8. September 2009, als wir unter dem Kürzel CARI-PGG mit einem selbstgebastelten Sprengsatz einen Renault-Konzessionär beim Internationalen Flughafen Benito Juárez in Mexiko DF angegriffen Haben. Zu dieser Aktion bekannten wir uns mit einer kurzen Erklärung gegen den Bau eines riesigen neuen Polizeigebäudes und eines neuen Gefängnisses im Auftrag der Hauptstadt-Regierung des damaligen Regierungschefs des Distrito Federal, Marcelo Ebrad vom PRD ( Partei der Demokratischen Revolution). Aber auch diese Aktion war in Kontinuität mit den früheren, fand aber am Beginn einer neuen Zeit im lokalen anarchistischen Handeln statt. Mit „neu“ beziehen wir uns nicht auf die Entstehung einer „neuen Anarchie“, sondern einfach auf eine neue Etappe in der Weiterführung des Kampfes, den die Compas vor uns in die Praxis umgesetzt hatten.
Vom 1. bis 21. September 2009 brachen verschiedene anarchistische, ökoanarchistische und Tierbefreiungsgruppen mit der Modalität des aus Dynamit und Butangasflaschen bestehenden selbstgebastelten Sprengsatzes zum Angriff auf die Strukturen der Macht ins lokale Panorama ein. Obwohl gesagt werden muss, dass einige dieser Gruppen schon lange vorher Angriffe ausgeführt hatten, aber ohne Bekennung und anonym oder allenfalls mit kurzen Erklärungen ohne Signatur – ausser die ALF und ELF, die sich immer zu ihren Aktionen bekannt haben. Von diesem 1. September an und bis jetzt überfluten anarchistisch gezeichnete Bombenangriffe, Brandstiftungen, Beschiessungen der Polizei und Enteignungen fast alle Staaten dieses Landes; bis jetzt hörten diese Angriffe gegen die Macht nicht auf und werden auch nicht aufhören, obwohl sich viele das gewünscht haben.
Im Dezember 2009, nach verschiedenen Zusammenschlüssen mit anderen Compas, wird von einigen Compas des Frente Subversivo de Liberación Global (die etwas mehr als vor einem halben Jahr begonnen hatten, sich zu verschiedenen Aktionen zu bekennen, unter anderem zu Molotow-Angriffen auf Banken, zu Angriffen auf Telefonkabinen des Unternehmens Telmex und zum Bombenangriff mit Butangas und Dynamit am 1. September desselben Jahres, der dann im Wirken diverser Gruppen eine klare Linie markieren wird) der Entschluss gefasst, an den CARI-PGG „teilzunehmen“ und als koordinierte Zelle zu handeln. So erweiterte sich die Tätigkeit der CARI-PGG und am 31. Dezember 2009 zündeten unsere Zellen in Metepec im Bundesstaat Mexiko zwei Sprengsätze in zwei Banken, die beide total zerstört wurden und einen weiteren in einem Schlachthof in Nicolás Romero, ebenfalls im Bundesstaat Mexiko; dies als Teil einer Koordinierung auf nationaler Ebene mit anarchistischen Zellen und ALF/ALF-Zellen aus dem Bundesdistrikt Mexiko und den Bundesstaaten Mexiko und San Luis Potosí. In der Nacht vom 31. Dezember wurden meistens mit Sprengsätzen insgesamt 9 Angriffe ausgeführt. In den Bekennungen zeichnete diese Koordinierung mit einem anderen Namen und es war ohne Zweifel ein anarchistischer Propagandaschlag, der vom mexikanischen Staat als totale Bedrohung angesehen wurde.
CARI-PGG entstand inmitten eines Klimas höchster Spannung wegen der vor Jahren entstandenen verschiedenen sozialen Konflikten wie Oaxaca, Atenco und den konstanten Unruhen in den 1.Mai- und 2. Oktober-Umzügen. Sie trugen aber auch dazu bei, dass ein Konflikt, der sich nicht aus diesen Revolten und sozialen Konflikten heraushielt, sich verbreitete und zu einer Belästigung für das System selbst wurde. Wir waren nicht die ersten, und wir waren nicht die einzigen. Und wir wussten sehr wohl, wie wir es auch jetzt wissen, dass unsere „Bombitas“ in den Banken den Staat nicht von einem Tag auf den anderen umstürzen konnten, wie es in spöttischen Ton unsere Verleumder, bzw. die Bereuenden und Verleumder eines Aufstandes, für den sie in ihrem jugendlichen Leichtsinn „gekämpft“ hatten, bemerkten. Vor allem waren wir Individualitäten, die das taten was wir notwendig fanden, mit den Mitteln, die wir in diesem Moment als angebracht betrachteten (allgemein Bombenexplosionen und Sprengpakete). Heutzutage, und das schon als Individualitäten, glauben wir weiter an die Notwendigkeit des Angriffs und der Zerstörung der Macht, auch wenn nun unter anderen von uns als notwendig erachteten organisatorischen Nuancen und ethischen Voraussetzungen zur Entwicklung des Aufstandes für die Anarchie.
Der für uns gewählte Name drückte immer unsere Vorstellung von anarchistischem Handeln aus: Anarchie ist hier und jetzt. Darum rufen wir zur sofortigen Revolution auf, heute, nicht morgen nicht gestern nicht wenn die Bedingungen reif sind; wenn wir von Bedingungen reden, dann muss man sie vorantreiben und nicht warten bis sie vom Himmel fallen. Aber mit sofort meinen wir auch den individuellen, informellen und autonomen Angriff, denn für uns ist der Aufstand eine kollektive Bewegung individueller Umsetzung. Das war die Bedeutung des Kürzels, auch wenn wir seit einiger Zeit und jetzt die Bedeutung neu überdenken, die wir unsere Informalität verleihen. Zum Namen Praxédis G. Guerrero können wir nur sagen, dass wir uns zu einem lokalen Anarchisten bekennen wollten, zu einem von vielen, der die Anarchie ganzheitlich und nicht in Theorie vorher und Handeln nachher aufgeteilt verstand. Wir wollten auch einen Anarchisten aus dem Grab der Geschichte befreien – wo er wie viele andere von den Defätisten des Aufstandes begraben worden war – der die Bedeutung sowohl des kollektiven als auch des individuellen Handelns begriffen und die Tatsache festgestellt hatte, dass Kollektive keine amorphe Massen sind, sondern aus aktiven und ihrer eigenen Individualität bewussten Individuen bestehen. Praxédis G. Guerrero, wie auch wir, glaubte nicht blind an die Massen und hatte ihre Komplizität mit den Herren und Kerkermeistern ebenfalls begriffen und ohne Furcht Lügen gestraft zu werden, können wir sagen, dass er seinerzeit eine eigene Kritik gegen die freiwillige Dienerschaft, die nichts als Mittäterschaft des Volkes mit seinen Herren und deren Handeln ist, geäussert hat. Praxédis lehnte es ab zum intellektuellen Teil der Revolution zu werden, obwohl ihm dies andere Anarchisten, die sich in ihrer Anerkennung der absurden Arbeitsteilung auf seine intellektuellen Fähigkeiten bezogen, nahegelegt hatten. Stattdessen zog er den frontalen Kampf gegen den Feind auf dem Schlachtfeld vor, auf dem er am 31. Dezember 1911 in Janos, Chihuahua, starb. Heute haben wir die Bekennung zu GenossInnen, die für die RevolutionärInnen selbst in Ikonen verwandelt werden, sowie alle Kürzel und Akronyme zur Seite gelassen, da wir uns nur zu uns selbst als Individuen im konstanten Konflikt mit der Autorität und der Macht bekennen.
Wir können wohl eine Liste von allen Attentaten gegen die Macht erstellen und ein kleines Buch über uns als Gruppe machen, denn Material sowie allerhand Geschichten, Kritiken und Erfahrungen haben wir zuhauf. Wir sind aber nicht daran interessiert, uns zum Mythos zu machen, denn das würde heissen als eine weitere Gruppe von AbenteurerInnen in die Seiten der Geschichtsbücher einzugehen und so die Essenz unserer Angriffe zunichte zu machen. Gleichzeitig würde das andere GenossInnen ausblenden, die in derselben Zeit gehandelt haben. Solche Propaganda interessiert uns nicht. Was uns wichtig war und ist, ist die Subversion der auferlegten sozialen Rollen und die Verbreitung der Angriffe gegen die Macht mit nichts weniger als deren Zerstörung im Fokus.
Als CARI-PGG führten wir im November 2013 unsere letzten Angriffe (in diesem Falle definieren wir Sabotage und direkte Aktion als Angriff, doch unter Angriff verstehen wir eine ganze Palette an Eingriffen, die sich nicht auf eine oder zwei Arten reduzieren lässt) bzw. einige koordinierte Bombenattentate gegen Bankinstitutionen und Gegenaufstandsfahrzeuge in Toluco, Mexiko DF und Nezahualcóyotl aus. Zu diesen Aktionen gab es ein kurzes Bekennungsschreiben in Solidarität mit dem Hungerstreik von Mario González. Es ist angebracht zu sagen, dass wir schon damals in eine Phase der Selbstkritik gegenüber uns selbst als Individuen und als „Organisation“ eingetreten waren. Kritiken, die wir jahrelang liegen liessen und zwar weil wir den grössten Teil dieser Zeit extrem den Bedingungen ausgesetzt lebten, die notwendig sind um eine stabile – und bis zu einem gewissen Punkt formale – Gruppe der anarchistischen Aktion zu bewahren, etwas, was wir zweifellos NICHT bereuen, auch wenn wir jetzt darüber reflektieren.
2 – Einige notwendige Erläuterungen
Viel wurde über CARI-PGG gesagt, und wie es unendlich viele Leute gab, die eine starke Sympathie für die Gruppe bewahrten (Sympathie war etwas, was wir nie wollten… wir wollten die Verbreitung des Angriffs!!), so hatte es auch viele grausame Verleumder, die uns, ohne etwas über uns zu wissen, bis aufs Schäbigste anklagten (und das bis heute), wie zum Beispiel „die zu sein, die der EPR, ERPI oder TDR-EP und anderen marxistisch-leninistischen Guerillas die Arbeit machen“ …Welch elender Scheissvorwurf!!!
Die CARI-PGG sind in einer anarchistischen Vorstellung entstanden und ihr treu geblieben. Eine anarchistische Vorstellung, die dem Aufstand und der Kritik gegen jegliche Macht nahesteht, aber sie entstanden auch unter einer organisatorischen Vorstellung, die gegen jegliche hierarchische bewaffnete Struktur ist; wir lehnten sie damals ab und lehnen sie heute mit noch kraftvollerer Argumentation und Entschlossenheit ab.
Wir glauben, dass die schäbige Anklage, Teil der EPR, ERPI oder TDR-EP gewesen oder immer noch zu sein, vor allem aus dem Neid und dem Konkurrenzdenken einiger armer Trottel entstanden ist, bzw. aus einem „nichts Besseres aus dem Leben zu machen wissen als Quatsch rauszulassen“ heraus. Da aber dieser Vorwurf nicht nur gegen die CARI-PGG erhoben wurde, sondern, obwohl niederschwelliger, auch gegen die Compas der Célula Insurreccional Mariano Sánchez Añon, die Compas der Acción Anarquista Anónima de Tijuana und auch gegen die lokalen VZFs … kurz gesagt gegen alle, die sich für die Umsetzung der Anarchie in die Praxis eingesetzt haben, bzw. gegen alle, die die Macht ohne wenn und aber angegriffen haben, denken wir, dass solche Anklagen weitere und ehrgeizigere Schattierungen haben als bloss Neid und Rivalität. Unserer Meinung nach wurzelt derartiges populistisches Getratsche im ziemlich klaren Grundprinzip der Gegenpropaganda; bzw. gingen sie von der Logik aus, dass, „da die AnarchistInnen, die SICH IHRES WESENS BEWUSST SIND uns ablehnen, sollen auch sie abgelehnt werden“, „auf das alle denken, sie seien
denen oder anderen untergeordnet“ damit „sie ihnen nicht folgen“, „damit die Angriffe gegen die Macht sich nicht verbreiten“, „damit sie ihre individualistische Vorstellung des Aufstandes nicht verbreiten“ …Scheisse, die nur in einem Kopf entsteht, der an Rivalität, ans Quantitative und an den Kampf durch Imitation, durch Manipulation oder Fanatismus glaubt.
Ob nun Hinz und Kunz – und wenn wir auch genau wissen, dass viele wissen auf wen wir uns beziehen, werden wir NIEMALS öffentlich darüber reden, um nicht einer DENUNZIATION zu verfallen -, müssen wir dazu doch sagen, dass die CARI-PGG nie den Befehlen einer Machtgruppe oder roten Guerilla, heisse sie nun EPR, TDR-EP, FARP, EZLN oder ERPI, untergeordnet war. Wir setzten nicht für nichts ein AUTONOMAS in unseren damaligen Kürzel. Wir haben nie Geld oder Waffen von diesen Guerillas erhalten und was wir hatten, das hatten wir dank der bescheidenen Beiträge von allen der CARI-PGG angehörenden Individuen, als Frucht unserer Arbeit als Ausgebeutete und von einigen Geldenteignungen sowie durch die Entwaffnung von Streifen. Wie wir unsere Zeit und Energie nie zur Kritik oder zum verbalen Angriff gegen diese Organisationen verschwendet haben, so interessierten sie uns auch keinen Deut.
Also Schluss damit, und sei es auch nur eurer eigenen Würde zuliebe!!
3 – Eine informelle Plattform? Welcher Quatsch!
Zu den die CARI-PGG beseelenden Vorstellungen gehörten die des Aufstandes, der Informalität, des Angriffs und des täglichen Konflikts. Thesen, die wir damals unter den Voraussetzungen einer sehr besonderen Idee begriffen, die vor allem aus den Bedürfnissen der Zeit heraus entstanden war, die wir als Gruppe erleben mussten. Auch wenn es einige Fehler, Irrtümer oder Perspektiven gab, die eine andere Richtung nahmen – wie z.B. die Tatsache, dass die Kürzel und Erklärungen in einer eigenen Identität endeten, während wir sie anfänglich bloss als notwendig erachteten um zu verhindern, dass unsere Aktionen für die Freiheit mit dem auf eine Machtübernahme fokussierten Agieren von Drogenhändlern oder kommunistischen Guerillas verwechselt würden -, verfielen wir nie einer solchen Riesendummheit, eine „informelle Plattform“ bilden zu wollen. Eine informelle Plattform? Der schlimmste der alltäglichen Gegensätze, die alle AnarchistInnen auch haben – vor allem die, die sich im „politisch korrekt“ verzetteln. Plattform und Informalität sind, genau wie „kommandieren und informell“, an sich antagonistische Konzepte.
Die Idee und Praxis der anarchistischen Informalität wie wir sie heute begreifen, bricht total genau auch mit der organisatorischen Idee einer Plattform, einfach weil die Informalität zum Agieren, zur Organisierung des Kampfes und auch zum leben unserer Leben keinerlei Struktur anerkennt. Die Plattform ist eine Form des Handelns, die Massstäben untergeordnet ist, die durch eine Gruppe oder mehrere festgelegt werden und nur innerhalb dieser Parameter agierend kann man den Kampf voranbringen, weil sonst alles Chaos und Desorganisation wäre: womit wir nicht übereinstimmen. Informalität ist eine Handlungs- und Organisationsweise, die auf der freien Vereinbarung, auf keinerlei Stellvertretung und auf der individuellen Verantwortung und Selbstbestimmung des Individuums gründet; die Informalität zerstört alle für eine Plattform wesentlichen hierarchischen oder stellvertretenden Schemen. Informalität hebt alle Dogmen auf und merzt jegliche das Individuum negierende identitäre Organisation aus; sie räumt aber auch mit dem Kommando auf, denn für die Informalität gibt es „weder Kommandanten noch Befehlsempfänger“, bzw. das, was „Kommandos“ ausmacht.
Mit diesen Argumenten, ohne sie publik zu machen, wiesen wir damals die von den „Guerillas Negras“ an uns und an die Compas von Sánchez Añon gerichtete Aufforderung zur Ausweitung des Konflikts zurück. Wenn wir mit ihnen als Gruppe nichts zu tun hatten, dann weil wir vor allem kritisierten, dass die Organisation in eine Guerilla keinesfalls mit anarchistischem Denken und anarchistischer Ethik und Praxis vereinbar ist, umso weniger wenn es um eine informelle Organisierung geht. Aber auch weil wir, obwohl wir immer für den allgemeinen Aufstand waren, auf die populistisch anbiedernde insurrektionalistische Sprache einiger heutzutage veröffentlichten Erklärungen pfeifen: ein Ding ist für einen allgemeinen Volksaufstand zu sein, ein anderes jedoch ist der reine und harte Populismus, auch wenn er gut getarnt, wohlfeil, verdaulich und passend formuliert ist.
Wir müssen authentisch und kreativ sein, unsere eigenen Wege suchen, unsere eigenen Horizonte erahnen, unsere eigenen Projektualitäten und Projekte erschaffen und aufhören, die roten Guerillas zu imitieren, aufhören mit dem Versuch, uns auf „ihre Ebene“ zu begeben. Und den ikonographischen Fanatismus oder Waffenfetischismus, die spektakulären bewaffneten Angriffe und die Prahlerei damit bleibenlassen und kritisieren, womit sie sich den einfacheren Kampf- oder Angriffsformen als die überlegene aufdrücken. Wie vorher gesagt, so sagen wir auch jetzt: für uns gibt es keinen Unterschied zwischen einem Hinterhalt gegen eine Streife der Bundespolizei, dem Abfackeln eines Autos, einem selbstgebastelten Brandsatz oder Molotow gegen einen Bankautomaten; effektiv wichtig ist die Perspektive, in der ein Angriff ausgeführt wird und seine qualitative Wirkung; was wirklich wichtig ist, sind die Gründe, Ziele und Zwecke.
Die Informalität ist unser Vorschlag und wird es immer sein. Während die „informelle Plattform“ nichts weniger als eine abwegige Verirrung des Begriffes und der Praxis der Informalität ist.
4 – Der Konflikt geht weiter und muss weitergehen, abgesehen von allen Konsequenzen.
Im Gegenteil zu dem, was einige Schwätzer und Scheissdenunzianten behaupten, die sagen, die hätten die CARI-PGG „initiiert und formiert“ und jene vorangebracht… ups, so sorry!, jene „rekrutiert, die dieses Projekt bildeten“ (Compas, die, überdies, niemand weiss wer sie sind Erfindungen unverbesserlicher Mythomanen… aber leider können Mythen Compas schädigen, die mit diesem Projekt nichts zu tun hatten) und behaupten, die CARI-PGG hätten sich aus dem Konflikt zurückgezogen oder seien untätig geworden, teilen wir mit, dass keine dieser Behauptungen stimmt.
Der Kampf, mit dem viele, aber viele Compas schon vor langer Zeit hereinbrachen, trug auf die eine oder andere Art seine Früchte. Die alltägliche stolze Verteidigung des Angriffs, die sich sowohl in der Theorie als auch in den Aktionen widerspiegelte, ist ohne Zweifel ein wichtiger Beitrag, von dem das Agieren der Compas in den letzten Jahren der Strassenrevolten und am helllichten Tag angetrieben wurde – etwas, das ebenfalls Absicht der CARI-PGG war, denn wir begriffen den Angriff nie als Moment nur der Nacht sondern als Moment, der sich überall und zu jeder Zeit ergeben kann. Das, zusammen mit einigen schon seit 2006 und bis jetzt bestehenden „Bedingungen“ des sozialen Überdrusses, führte dazu, dass unser eigenes Handeln, mit jenem vieler Compas – denn wir waren und sind nicht die einzigen -, bloss ein Teil (wenn auch ein grosser) des Beitrages war, der zur Intensivierung des sozialen Krieges bis zu einem solchen Punkt führte, der nur durch Entschlossenheit und Überzeugungen erreicht werden kann. Es war ein Beitrag zum Verständnis der anarchistischen Compas, dass auf das Unbekannte hin aufzubrechen nicht so schwer und kompliziert ist, wie es einige (aber auch nicht alle) der Guerillaorganisationen genau durch ihre Spezialisierung illustrieren; und ebenso ist es nicht unmöglich, wie es der Staat mit seiner Propaganda glauben machen will. Und so geschah es, und nicht alleine durch unsere Hände, sondern durch alle jene, die zur richtigen Zeit wollten, dass sich der Angriff verbreitet, angefangen bei den Compas, die sich ihrer Eigenschaft als AnarchistInnen bewusst waren…auch wenn unser spezifischer Zweck immer die Verbreitung des Angriffs bis ins soziale Feld hinein war, über die anarchistischen Szenen hinaus.
Wir wollen alle sich nach Freiheit sehnenden Individuen ermutigen, zum Angriff überzugehen. Der Konflikt und der Kampf fast aller (leider nicht aller), die jeweils die CARI-PGG bildeten, gingen die ganze nun vergangene Zeit weiter und werden mindestens solange weitergehen, bis wir tot sind. Aber auch wenn wir tot sind: so wie wir die Kontinuität des Kampfes sind, den andere GenossInnen in einen kraftvollen anarchistischen Kampf ohne Dialog und Vermittlung umgesetzt haben, werden morgen andere GenossInnen diesen Kampf weiterführen, denn der Kampf ist nicht gegen einen Präsidenten, einen General oder ein Gesetzesprojekt. Der Kampf ist auch nicht nur gegen den Staat und das Kapital, sondern jenseits jeglicher ökonomizistischen Analyse des Marxismus vor allem gegen das Herrschaftssystem als Ganzes und gegen jede Art von Macht und Autorität gerichtet, was Verhältnisse sind, die sich in allen Aspekten dieses Lebens und überall in dieser Welt äussern, auch wo angenommen wird „es gäbe keinen Kapitalismus“ oder „in den bäuerlichen und indigenen Gemeinschaften, die doch fast völlig unbefleckt sind“ oder an anderen idealisierten Orten. Macht und Autorität sind in unseren Leben, unseren Personen, in unseren Beziehungsweisen, in unserem Alltag das wahre Schlachtfeld, wo der soziale Krieg zum Umsturz und zur Zerstörung des Bestehenden für eine wahre und absolute Freiheit tobt.
Schlussendlich möchten wir dem vor kurzem aus dem Zuchthaus entlassenen geschätzten Genossen Gabriel Pombo da Silva Grüße und herzliche Umarmungen senden und soviel wir aus seinem öffentlichen Brief verstehen, ist er bereit, nicht mit der Macht zu verhandeln und die Klandestinität als ihm auferlegte Option allenfalls auf sich zu nehmen. Darum möchten wir dir zu diesem Weg unsere ganze Solidarität, Unterstützung und Zuneigung ausdrücken. Sowie allen Compas auf der Flucht und im Gefängnis, in Mexiko und der ganzen Welt.
Wie die Musikgruppe sagt, die uns Compas in Mexiko allen so gefällt: dies ist ein Kampf ohne Ende…
Das mal gesagt, gibt es nichts weiteres anzufügen.
Für die Anarchie! Sozialer Krieg und Aufstand!
Das, was die CARI-PGG war
Distrito Federal, México, Monat Juni 2016
Üb. mc, Knast Salez, CH aus dem spanischsprachigen Blog