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Ein weiterer Brief von Nero aus dem Gefängnis

erhalten am 12.3.18

Von Schweinen die fliegen und Alles zerstörenden Feuerbällen!

Ein Resümee.

Ich packe meine letzten Sachen in die große Sporttasche, in der Hoffnung diese zu Hause auspacken zu können. Jeder hat mir dazu geraten im Falle einer Haftverschonung direkt vom Gericht aus in die „Freiheit“ zu entweichen. Nicht nochmal zurück in meine Zelle. Nicht nochmal zurück, um sich gebührend zu verabschieden. Nicht die Zeit die Sachen mit Gewissheit zu packen. Es kommt öfter vor, dass die Staatsanwaltschaft noch etwas findet, um dich doch da zu behalten. Ich verabschiede mich von meinen Haftbrüdern. Sie sind sich sicher, dass ich nicht zurückkomme. Genauso wie meine Freunde draußen. Meine Anwältin beschreibt die Verschonung als das wahrscheinlichste Ergebnis. Es fällt mir schwer meine eingeredete Neutralität zu bewahren und diese nicht in blinde Hoffnung umschlagen zu lassen.

Im Kiez ist viel los, Menschen die von Bar zu Bar taumeln. Es riecht verbrannt und Sirenen schneiden den Mix aus Musik und Gerede. Ich bin auf dem Weg nach Hause, als ich über mir das lauter werdende, drohende Dröhnen des Helikopters wahrnehme. „Jackpot! Den schick ich wieder nach Hause!“ schießt es in meinen Kopf. „Ach komm, du bist schon fast sicher zu Hause, in bunt und musst morgen früh raus.“ Ich fahre weiter. Ich komme an einem dunklen, menschenleeren Park vorbei. „Scheiß drauf! Wozu hast du das Ding denn eingepackt?!“ Ich steige vom Rad, verschanze mich im Gebüsch und visiere an. Ich warte darauf, dass er sich aus dem Strahl bewegt oder anfängt seinen Lichtkegel suchend in meine Richtung zu schwenken. Doch es passiert nichts. Er schwebt unbeeindruckt an derselben Stelle und leuchtet in die Rigaer. Nach einer gefühlten Ewigkeit fängt er an sich von mir weg zu bewegen. Endlich hat er es kapiert! Ich schnappe mir meine Sachen und trete in die Pedale. Ich fühle mich schon zu Hause, als das Dröhnen wieder zu hören ist. Ich habe das Gefühl, dass es lauter wird, während ich überlege meinen Stuff die Brücke runter zu schmeißen. Da ist der Heli schon direkt über mir.

Nach nicht endenden Türen und Schleusen werde ich von gut gelaunten Idioten gefilzt und in eine Gemeinschaftszelle gesperrt. Nach und nach füllt sich der Raum. Keiner redet, alle lauschen den scherzenden Idioten, die sich lautstark über ihr erbärmliches Leben und das vergangene Wochenende austauschen. Ich blätter gelangweilt meine Akte durch, versuche mich zu konzentrieren und alles nochmal durchzugehen. Die Beweislage ist erdrückend: Vollständig gefilmte Flucht. Laser, Handschuhe, Hassi, Zwille und Polenböller gefunden. Bei den Fotos meiner angeschwollenen Fresse muss ich lachen. Dazu kommt ein gut gefülltes Vorstrafenregister mit der letzten Verurteilung wegen schweren Landfriedensbruchs und Körperverletzung, bzw. versuchte schwere Körperverletzung gegen Vollstreckungsbeamte. Ein Jahr und vier Monate auf Bewährung habe ich damals bekommen. Die Bewährung ist erst vor einem Jahr ausgelaufen. Das einzige, was nicht klar aus der Akte hervorgeht, ist eine direkte Verbindung zu den Ausschreitungen in der Rigaer Straße und da das Ganze am Verkehrsgericht verhandelt wird, ist ein Politzusammenhang nicht unbedingt gegeben. Daher die Hoffnung auf einen Deal: Geständnis gegen kurze Haft und Haftverschonung bis zum Haftantritt. Solange die Strafe unter 12 Monaten bleibt und ich rauskomme, wäre das ein gutes Geschäft für mich. Da ich keine Reue oder Ähnliches zeige, kann ich meinen Stolz wahren und komme raus. So der Plan. Doch die Justiz spielt nicht nach deinen Plänen!

Zu spät! Die Bullen sind schon hinter mir. Plötzlich ist Berlin menschenleer, nur ich, der über mir schwebende Heli und die Streife hinter mir. Ich versuche gelassen zu wirken und wechsle die Straßenseite, um zu sehen, wie die Bullen reagieren. Tausend Gedanken schießen in meinen Kopf. Ganz ruhig? Flucht? Wo lang? Mit Bike oder zu Fuß? Wie komme ich dann nach Hause? Ich muss über die Spree! Und dann in den Park! Zur Brücke ist es nicht mehr weit! Hochschalten und ich fahre so schnell es geht. Zweiter Streifenwagen von vorne, ich weiche auf den Bürgersteig aus. Ich kann die Brücke sehen, da überholt ein dritter Wagen und versperrt den Weg, während parallel zu mir Blaulicht die Sicht nimmt. Ich bin ganz ruhig, trotzdem reißt mich ein Bulle von hinten vom Fahrrad. Ich lande auf dem kalten Asphalt. „Wo ist der Laser?“ brüllen sie, während mein Gesicht in den Boden gedrückt wird. Nachdem, trotz Schlägen und Hebelversuchen, kein Aufenthaltsort des Lasers aus mir rauszukriegen ist, dauert es etwas bis sie feststellen, dass es sich schlecht macht mich nach dem Laser zu durchsuchen und gleichzeitig mit Handschellen und fünf Schweinen zu fixieren. Der Inhalt meines Beutels liegt verstreut neben mir, als sie endlich den Laser finden. Professionell wird die Funktion und Farbe vor Ort in meinem Gesicht getestet. Ich überlege gerade wer meinen Hund morgen früh füttert und wie ich Ersatz auf der Arbeit organisiere, da werde ich gepackt und zum Streifenwagen geschliffen. Ich werde angeschnallt und zum Abschied mit der Faust geküsst.

Die aufgehende Tür unterbricht meine Gedanken. Ich werde aufgerufen und von der Sammelzelle durch mehrere Gänge in eine kleinere, alt wirkende Zelle verfrachtet. Ein Idiot fragt mich, ob ich meine Anwältin vor Prozessbeginn nochmal sprechen möchte. Langsam steigt die Aufregung. Wird viel Presse da sein? Sind meine Freunde gekommen? Stehe ich in zwei Stunden auf der Straße und schließe meine Liebsten in den Arm? Wird ein Deal zustande kommen? Endlich wird die Zelle geöffnet und ich werde über eine enge Treppe in den Gerichtssaal geführt. Ein antikes Gitter trennt mich vom Rest des Raumes. Spannungsvoll warte ich auf den Bericht von meiner Anwältin. „2,6 Jahre fordert der Staatsanwalt. Gegen Geständnis inklusive Rigaer, also Deckung von Straftaten, 1,6 Jahre mit Aussicht auf Haftverschonung, aber das ist keine Garantie.“ Ernüchterung macht sich in mir breit. „Du musst dich jetzt entscheiden!“ Ich versuche nachzudenken. Andere Verhandlungstage, weiter Moabit und hohe Haftstrafe oder weniger und eventuell heute noch rauskommen und wenn nicht, schnell in den regulären Vollzug?! Ich entschied mich für den Deal. Der Prozess war selten unspektakulär. Höhepunkt war die Zeugenvernehmung des Hubschrauberpiloten, der den hypothetischen Untergang Friedrichshains proklamierte und einen Absturz lebhaft skizziert hat. Ein Clown, der seine Rolle gut spielte.

Draußen höre ich die Bullen über Rigaerchaoten und Linksfaschisten reden. Sie sind sichtlich erregt über ihre Beute. Auf der Rückbank wird‘s kuschelig, mit zwei Schweinen, die versuchen mich Blick zu ficken. Angekommen im Hof der Wache werde ich mit verbogenen Armen und nach unten gedrücktem Oberkörper in‘s Revier geführt. Auf dem Weg macht mein Kopf Bekanntschaft mit dem Türrahmen. Bei der nächsten Tür versuche ich dies mit aktivem Gegensteuern zu vermeiden. Durch einen gekonnten Wurf lande ich unsanft auf dem Boden. „Wenn der mich nochmal schubst, knallt‘s!“ schreit er. Ich muss lachen. Das ist zu viel für ihn und er stürzt sich auf mich. Zum Zuschlagen kann er sich nicht überwinden. Er probiert lieber sogenannte Schmerzpunkte aus. Ich gönne ihm keine Genugtuung und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Nach wenigen Minuten lässt er von mir ab. Ich liege auf dem Bauch und die Handschellen lassen meine Schultern und Oberarme brennend schmerzen. Ich werde liegend mir selbst überlassen. Immer mal kommen Bullen, die gerade erfahren haben, dass da eine „Rigaer-Zecke“ in ihrem Revier liegt, um entweder ihre Wut oder Neugier zu stillen. Anscheinend hatte das Friedrichshainer Revier vor Kurzem eine Weiterbildung in „Schmerzen zufügen ohne Spuren zu hinterlassen“ oder „Druckpunkte des Körpers“ absolviert. Jedenfalls haben die Männergrüppchen erst groß rumposaunt und gedroht „dass man doch mal das Licht ausmachen sollte“ und mir gleich „die Fresse poliere“, um sich letztendlich auf mich zu knien und an mir rumzudrücken. Da ich höchstens mal leise stöhnte, verloren sie schnell den Spaß. Nach vier bis fünf Stunden auf dem Bauch und tauben, schmerzvollen Armen wurde ich nach Tempelhof gebracht, ED-behandelt und gegen halb sieben gehen lassen. Zwei Wochen nach G20 wurde ich dann auf meiner Arbeit festgenommen und in U-Haft gesteckt. Fadenscheinige Begründung war mein Wohnsitz bei meiner Mum, der 500 km von meiner Arbeit in Berlin entfernt ist. Da trotz Ummeldung und angebotenen Auflagen am Haftbefehl festgehalten wurde und immer wieder neue Gründe gefunden wurden, die ihn rechtfertigten, war das nur ein dummer, scheinheiliger Vorwand.

Das Gericht zieht sich zurück! Ich hoffe noch immer auf Haftverschonung. Der Richter verkündet, dass diese aufgrund der nicht zusagenden Wohnverhältnisse nicht gewährt werden kann. Dann ist alles ganz schnell vorbei. Alle verlassen den Saal in die „Freiheit“ und ich werde wieder über die Treppe von Käfig zu Käfig in meine Zelle gebracht.

Nun sind seit den Ereignissen einige Monate vergangen und ich hatte Zeit diese zu verarbeiten und zu bewerten. Das, was mich am Meisten stört, ist dass ich diesen Deal eingegangen bin. Ich finde es nicht unbedingt falsch, aber dennoch ungünstig. In einem geführten Prozess hätte ich wohl eine ähnlich hohe Strafe erhalten. Zudem wird ein Geständnis von der Justiz anders gewertet, als ich dies tat. Für mich war und ist es einfach eine Antwort auf eine Frage:“Ja, ich habe vorgeworfenes getan.“ Punkt. Doch für die Exekutive ist es ein Schuldeingeständnis. Also eine Art Einsicht, dass man Verbrechen begangen hat. Alle Mitgefangenen haben mich fassungslos angestarrt, als ich ihnen erzählte, dass ich mich nicht entschuldigt habe und auch sonst keine Anstalten machte, um das Gericht milde zu stimmen. Für sie ist es ganz selbstverständlich Einsicht und Reue zu heucheln, um einer hohen Strafe zu entgehen. Doch ich wollte meinen Stolz und meine Würde behalten. Zumal es sich für mich um eine Tat aus Überzeugung handelt. In meiner Auffassung habe ich das auch trotz Geständnis. Was mir durch die Haft und den Prozess nochmal eindringlich klar geworden ist: wie kaputt diese Gesellschaft und im speziellen die Justiz an sich, in ihrem Fundament, ist. Ein großes inszeniertes Theater, in dem jeder seine Rolle spielt. Ein Theater mit tausend Kulissen und doppelten Böden. Der Pilot beispielsweise wurde nur verhört, um mir die Chance zu geben, mich persönlich zu entschuldigen. Dessen Aussage hatte keinerlei Auswirkung auf das schon vereinbarte Strafmaß. Wahrscheinlich wollte man bei dem öffentlichen Interesse noch den Anschein einer Verhandlung wahren. Das Gericht hatte auch nie vor mich Haft zu verschonen. So sollte nur Druck auf mich ausgeübt werden. Indem man mir die scheinbar realistische Aussicht auf Freiheit vor die Nase hielt, hoffte man auf ein Geständnis und eine unkomplizierte Verurteilung. Und auch wenn ich mir das damals nicht eingestehen konnte, hat die U-Haft ihre Wirkung bei mir entfaltet. Und wie ein Fisch schluckte ich den Köder. Die Krone setzte der Richter dem Ganzen in seiner Begründung auf. Indem er versuchte meinen Freund dafür verantwortlich zu machen, dass er mich, trotz seines sehnsüchtigen Wunsches, nicht gehen lassen kann. Komisch, dass vier Wochen später eine Haftverschonung mit der Gefahr des Untertauchens vom selben Richter abgelehnt wurde. Wie gesagt, alles ein großes Schauspiel. Als jemand, der gezwungen wird mitzuspielen, sollte man sich seine Rolle gut überlegen. Am Besten wäre es natürlich, wenn man gar nicht mitspielt, dem Richter sagt, was für ein Hundesohn er ist, nicht aufsteht und am Besten gar nicht erst zum Termin erscheint. Aber dann sitzen wir bald alle wegen fehlenden Lichts am Fahrrad. Alles wie immer ein Kompromiss. Den Widerspruch leben. Das Erlebte ist mein Kompromiss, bei dem ich Haltung bewahre. Ich hoffe, dass Menschen in ähnlichen Situationen meine Erfahrungen nützen. Dass darüber geredet und diskutiert wird und so ein Bewusstsein für das individuelle Handeln entsteht.

Viel Kraft den Companer@s in Afrin!

Ach ja und Knast kostet. Gebt mir euer Geld!

Liebe Grüße

Nero

Hintergründe zu Nero

Berlin: Ein Gefährte im Knast

erhalten am 9. November

Am 18. Oktober 2017 fand der Prozess gegen unseren Freund und Gefährten Nero am Amtsgericht in Berlin Moabit statt. Ihm wurde vorgeworfen am 16. Juni 2017 einen Polizeihelikopter mit einem Laserpointer geblendet zu haben. Am selben Abend fand ein Konzert auf der Rigaer Straße statt und es kam zu Ausschreitungen. Nero wurde im Friedrichshainer Südkiez festgenommen, auf der Wache misshandelt und am nächsten morgen wieder freigelassen. Einen Monat darauf haben mehreren Zivis an seinem
Arbeitsplatz auf ihn gewartet und ihn bei seiner Ankunft verhaftet. Seither, mittlerweile sind es drei Monate, sitzt er in Untersuchungshaft in der JVA Moabit.

Schon vor dem Gerichtsgebäude in der Turmstraße waren einige Uniformierte abgestellt und im Umkreis schlichen weitere Zivis herum, um die Besucher*innen des Prozesses zu belästigen. Vor dem Saal sammelte sich die Presse und die vorgeladenen Bullenzeugen. Der Prozess sollte 09:20 beginnen, es dauerte jedoch über eine Stunde, bis die Presse und Besucher*innen nach einer langen Vorbesprechung in den Saal gelassen wurden.

Nach Verlesung der Anklageschrift gab der Richter bekannt, dass sich darauf geeinigt wurde, dass das Strafmaß 16 – 20 Monate nicht überschreiten würde, sofern der Angeklagte geständig ist. Zu diesem Geständnis gehörte es, dass er einräumt den Helikopter geblendet zu haben, um die Krawalle in der Rigaer Straße zu begünstigen. Dies ist ein Verbrechen und das Strafmaß beläuft sich auf 1 – 15 Jahre. Mit einem einfachen „Ja“ wurde somit unter Druck das Strafmaß auf die 16 – 20 Monate gedrückt.

Im Anschluss betrat der Pilot des Helikopters als Zeuge den Saal. Angelo Koepp ist jedoch nicht nur Pilot, sondern auch ein ausgezeichneter Schauspieler. Offenbar hat er sich lange auf seine Vorstellung vorbereitet, um möglichst dramatische Szenerien auszumalen und unseren Freund möglichst hart bestrafen zu lassen. Er berichtete ohne jede Quelle von einem langzeitgeschädigten Kollegen, welcher angeblich nach einer solchen Laserattacke im Helikopter noch immer eine Lesehilfe benötigt. Zudem erklärte er, dass sie normalerweise nur mit einem Piloten und einem Assistenten fliegen, der im Notfall den Helikopter nicht steuern könnte. Wie es der Zufall so will, waren aber bei allen Angriffen mit Laserpointern zwei Piloten an Bord und somit ein Absturz überaus unwahrscheinlich. Angelo war sich nicht zu fein Horrorszenarien für den Fall eines Absturzes auszumalen, indem er erklärte, dass die 330 verbliebenen Liter Kerosin an Bord einen riesigen Feuerball hervorrufen würden. Komisch, dass wenn zwei Helikopter am Olympiastadion sich ungewollt paaren, kein solch ein Feuerball entsteht, obwohl ja wesentlich mehr Kerosin im Spiel war. Dieser Feuerball konnte wohl nur verhindert werden, weil der Laserpointer aus einem zu steilen Winkel auf den Helikopter gerichtet wurde. Wäre er aus einer größeren Entfernung auf ihn gerichtet worden, hätte er abdrehen müssen. So konnten sie die Verfolgung aufnehmen und nach der Festnahme in die Rigaer Straße zurückkehren. Vor Beginn des Einsatzes wurde ihnen schon mitgeteilt, dass sie in der Rigaer Straße mit Laserpointerangriffen rechnen müssen. Gut so, wo doch der Helikopter den Kiez seit Jahrzehnten terrorisiert und nicht nur die Hausbesetzer*innen, sondern auch alle anderen im Kiez lebenden die Schnauze voll von ihm haben. Zum Ende sollte er sich zu der Anzahl der Einsätze in der Rigaer Straße äußern, konnte sich jedoch wegen der fehlenden Aussagenehmigung vor einer Antwort drücken.

Nachdem Angelo sein Bühnenstück beendet hatte, setzte er sich zu den wenig begeisterten Besucher*innen, um dem weiteren Prozessverlauf zu folgen. Es wurde sich geeinigt, dass es nicht nötig sei weitere Zeugen zu vernehmen. Lediglich ein Freund wurde gehört, um zu bestätigen, dass Nero bei ihm wohnt und keinesfalls obdachlos, sondern einer von vielen in dieser Stadt ist, der nur schwer eine Wohnung findet und als Arbeiter kaum die Zeit hat sich mehrere Tage in die Schlangen der Bezirksämter
einzureihen, um sich umzumelden. Neben ziemlich dämlichen Fragen seitens eines Schöffen, gab es nichts weiter zu sagen und es wurde sich bis 11:30 zur Urteilsfindung zurückgezogen.

Als sich die Türen zum Saal 101 wieder öffneten, saßen alle vorgeladenen Bullenzeugen mit auf den Besucher*innenplätzen, obwohl sie längst hätten nach Hause gehen können. Das waren die drei Cops, die im Helikopter saßen, (der alte mit dem grünen shirt – funktion?) und Herr Habedank, Ermittlungsleiter beim LKA 5, welcher es sich nicht hat nehmen lassen einigen Besucher*innen zu zeigen, dass er genau wisse, wer sie sind. Alle waren freudig erregt und gespannt auf das Urteil.

Bei der Urteilsverkündung ließ der Richter es sich nicht nehmen einen scheinbar unendlichen Moralvortrag in Richtung des Publikums zu halten und alle vom Schauspielerpiloten aufgeführten Horrorszenarien in sein Urteil einzubringen. Er stimmte dem Staatsanwalt in seiner Forderung auf 18 Monate Gefängnis zu und hielt es für unerlässlich, dass die Strafe auf dem Fuße folgt und eine Bewährung nicht hilfreich sei, da er den „Kampf gegen die Polizei“ weiterführen würde. Hoffen wir, dass er das da
drinnen ebenso erfolgreich tut, wie er es hier draussen getan hätte. Zuletzt wurde über die Haftverschonung bis zum Strafantritt entschieden. Auch diesem Urteil ging ein langer Vortrag voraus. Da unser Freund keinerlei Reue zeigte, wurde dies als Wiederholungsgefahr angesehen und sein fehlender Mietvertrag wurde ohne Beachtung der Wohnungsmarktsituation in Berlin, als Fluchtgrund eingestuft. Somit ist und bleibt unser Gefährte im Knast.

Sprengt die Knäste, sprengt Paläste, sprengt die Schweine in die Luft!

auf englisch