Dortmund: Antikriegstag 2011

Geschichte des Antikriegstages
Den Antikriegstag oder auch Weltfriedenstag gibt es offiziell erst seit 1966 und er soll an den Beginn des 2. Weltkriegs am 1.9.1939 erinnern, als deutsche Truppen in Polen einmarschierten. Dieser Tag wird oft auch genannt wenn es um die erste militärische Aktion Nazi-Deutschlands geht. Diese geschah allerdings bereits am 26.4.1937 mit dem Luftangriff auf die spanische Stadt Guernica, welcher heutzutage leider oft verschwiegen wird um die spanische Republik und die damit verbundenen bisher am besten funktionierenden anarchistischen Gesellschaftsstrukturen in weiten Teilen Spaniens zu vergessen.

Seit 2005 versuchen Neonazis den Antikriegstag zu ihren Gunsten zu missbrauchen. Mit dem sogenannten „nationalen Antikriegstag“ am ersten Samstag im September versuchen sie nicht nur die Geschichte des Nationalsozialismus zu relativieren, sondern auch durch verkürzte Kapitalismuskritik mehr Jugendliche auf ihre Seite zu ziehen. Die Kapitalismuskritik der Neonazis beschränkt sich zusammenfassend auf Antiamerikanismus und Antisemitismus. Verantwortlich für die Ausbeutung von Natur und Menschheit (bzw. bei den Nazis „Völkern“) ist nicht die gesamte Struktur dieser Gesellschaft, sondern ein kleiner Teil bzw. wenige Völker. Somit beinhaltet auch die Kapitalismuskritik der Nazis Rassismus.

Der „nationale Antikriegstag“ begann eher klein mit unter 300 Teilnehmern, wuchs aber im Laufe der Jahre zu einem der größten Naziaufmärsche Deutschlands an. Somit wuchs aber auch der antifaschistische Widerstand.
Freitag (2. September): Vorabenddemo
Am Freitag war die Vorabenddemo des Alerta-Bündnisses mit 500-600 Teilnehmern bereits gut besucht und zog lautstark durch das Kreuzviertel und den Dortmunder Süden. Es gab mehrere Redebeiträge über Geschichtsrevisionismus, Antiamerikanismus und linksradikale Kritik an Krieg und Kapitalismus. Leider enthielten die Beiträge antideutsche Tendenzen und auch im Demozug gab es vereinzelnte kleine Israelfahnen. Ironisch, da sich die gesamte Demo immer wieder gegen Nationalismus und Staaten artikulierte. Anscheinend ist für manche der Nationalstaat Israel weder  Staat noch Nation. Seine Solidarität mit verfolgten Bevölkerungsgruppen kann mensch auch ohne Nationalflaggen ausdrücken.

Nach der Demonstration konnten leider keine weiteren Störaktionen gegen die Veranstaltungen der Faschisten durchgeführt werde, da die Polizei bereits alle Straßen absperrte. Allerdings erreichten die Nazis auch niemanden mit ihren dumpfen Parolen, da der Absperrradius der Polizei enorm groß war.

Samstag (3. September): Blockade
Der Samstag war wie immer sehr chaotisch und spontan. Bereits am Freitag Abend sperrte die Polizei einen Großteil der Nordstadt ab und erschwerte so die Anreise für viele Blockierer. Selbst Anwohner hatten ab Samstag morgen enorme Schwierigkeiten nach Hause zu kommen.

Trotzdem gelang es circa 100 Menschen am Samstag Morgen auf der Naziroute eine Sitzblockade zu errichten. Zwar erreichte diese nur eine Umleitung der Nazidemo, aber trotzdem war diese Blockade ein Erfolg. Im Laufe des Tages versuchten mehrere tausend Antifaschisten in die Nordstadt zu kommen um weitere Blockaden zu errichten, allerdings war das Polizeiaufgebot so groß, dass jede noch so kleine Zugangsstraße abgesperrt war. Zunächst konnte keine große Gruppe organisiert werden, die stark genug gewesen wäre um die Sperren der Polizei zu durchbrechen.

Aktion-Reaktion
Gegen Mittag jedoch versammelten sich am Nordmarkt circa 500 Antifaschisten, die mit einer Spontandemonstration entschlossen Richtung Naziroute aufbrachen. Die Demo versuchte durch den Keunigpark zu kommen stieß aber auf Polizeikräfte, welche die Demo mit CS-Gas und Knüppeln auseinander trieb. Allerdings versammelte sich die Menschenmenge erneut nördlich des Bahnhofs wo bereits fast 1000 andere Demonstranten standen. Nach wenigen Minuten gab es einen zweiten Anlauf zur Naziroute zu gelangen. Diesmal beteiligten sich noch mehr Antifaschisten und mindestens 600 Demonstranten zogen erneut noch viel entschlossener durch den Keunigpark Richtung Naziroute. Geprägt von der Polizeibrutalität zuvor entwickelte diese Demo eine starke Eigendynamik und lief schnell voran. Die zunächst von dem großen schwarzen Mob verwirrten Polizeikräfte brauchten einige Minuten um sich neu zu ordnen und konnten die wütende Menge nur mittels Wasserwerfereinsatz, Pfefferspray und hunderten Bullen spalten und einkesseln. Trotzdem gelang es vielen der Polizei zu entkommen und sich an späteren Protesten zu beteiligen. Für alle übrigen folgten stundenlange Kessel und ein Besuch in der Gefangenensammelstelle. Insgesamt sollen es über 200 Menschen gewesen sein die dieses Szenario ertragen mussten.

Zwar wurde noch einiges versucht, aber die Kleingruppen welche noch aktiv waren konnten nicht mehr zur Route der Nazis durchbrechen. So konnten die Nazis mit mehreren Stunden Verspätung doch noch ihre dreckige Demonstration mit circa 700 Idioten durchführen.

Später gab es noch eine kleine Demonstration von 300 Antifaschisten vom Convergence Center in der Nordstadt zum Hauptbahnhof. Außerdem warteten hunderte Genossen bis circa 23Uhr vor dem Polizeipräsidium darauf, dass alle Gefangenen wieder frei gelassen wurden, welche mit Verpflegung empfangen wurden. Toll, dass so viele Menschen Solidarität zeigten!

Fazit
Im Nachhinein müssen wir ganz klar sagen, dass es viel zu kritisieren gibt. Zwar war die Spaltung zwischen „Antiimps“ und „Antideutschen“ nicht ganz so krass wie in den Vorjahren, trotzdem gab es immer wieder dumme Sprüche zu hören und scheiß Nationalflaggen zu sehen. Auch Führerkult und die Verherrlichung von vergangenen roten Regimen kamen immer wieder zum Vorschein. Vom Singen von FDJ-Liedern über Stalin-Parolen bis hin zu kommunistischer Parteipropaganda war alles dabei.

Auch die Organisation der Blockaden funktionierte nur vereinzelt. Dass die Bullen alles tun würden um die Route der Nazis so früh wie möglich abzusichern war schon vorher klar. Mehr Menschen hätten sich bereits am Freitag Abend in unmittelbarer Umgebung der Naziroute aufhalten müssen. Glückwunsch an die, welche dies geschafft haben und so die einzig wirksame Blockade errichten konnten. Des weiteren ein dickes Dankeschön für das Organisationsteam des Convergence Center. Eine andere positive Erfahrung war die Entschlossenheit der Spontandemonstration durch den Keunigpark. Es wurde gezeigt, dass die Bullen nicht unverwundbar sind und wir mit unseren recht bescheidenen mitteln in der Lage sind Polizeisperren zu umgehen oder gar zu durchbrechen. Auch die praktisch geübte Solidarität vor der GefangenenSammelstelle war beeindruckend und kraftspendend.

Es bleibt für uns aber dabei, dass das reine Bekämpfen von rechten Strukturen nicht ausreicht. Das Blockieren von Naziaufmärschen ist zwar wichtig aber bekämpft nicht die Entstehung von Rassismus und Nationalismus. Deshalb hoffen wir darauf, dass sich noch mehr Menschen am Kampf gegen Herrschaftsstrukturen und Institutionen beteiligen und auch an eigenen freiheitlichen Strukturen und Netzwerken arbeiten. Nur so können wir diese auf Konkurrenz und Gewinnmaximierung basierende Gesellschaft hinter uns lassen und etwas völlig Neues aufbauen.

Dies ist ein Aufruf an alle die gegen Faschismus kämpfen.
Es braucht mehr als hinter Nazis her zu rennen.

Organisiert den antifaschistischen Widerstand und den Aufbau einer neuen Gesellschaft!

anarchistischer Funke

BilderI | II | III | IV

Ankunft der Nazis: I | II

Mobi-Video „Naziaufmärsche verhindern“:

http://www.youtube.com/watch?v=MxoZmVeJwq8

http://www.youtube.com/watch?v=86iWX_qpt90

0 thoughts on “Dortmund: Antikriegstag 2011”

  1. lots of people (“anti-imps”? har, har) boycot demos there “anti-americanism” is forbitten.

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