Athen: “Wir sind die zehn Vermummten…”

Am Freitag, den 4. Februar, nahmen annähernd 5.000 Menschen an der anarchistisch/ antiautoritären/ libertären Demonstration, zu der verschiedene Kollektive, besetzten Häuser, Treffs, Versammlungen und GenossInnen aufgeriefen, teil. Mittags versammelten sich die Leute auf dem Monastiraki Platz, von wo aus die Demo gegen 13.30 Uhr startete. Sie überquerte die Athinas Straße, erreichte den Omonia Platz, führte dann weiter entlang der Stadiou Straße, um den Syntagma Platz und endete vor der Propylaea in der Panepistimiou Straße. Während der Demo wurden tausende Gegeninformations-Flyer und Texte der anarchistischen Agitation an Vorübergehende verteilt. In einigen Fällen applaudierten Menschen den DemonstrantInnen vom Bürgersteig aus und ein paar ältere BürgerInnen hebten sogar ihre Fäuste als Zeichen der Unterstützung: trotzdem die meisten PassantInnen und obdachlose Menschen entlang der Route starrten leer und müde, gezeichnet von der Misere ihres täglichen Lebens. Nur ein paar Leute schlossen sich der Demo spontan an. Im Laufe der Demo wurden Parolen an die städtischen Mauern geschrieben.

Trotz der massiven anarchistischen Präsenz auf den Straßen, wo verschiedene politische Strömungen durch die Projektualität des sozialen und Klassen-Gegenangriff zusammen kamen, lieferte die Demo eher das Bild eines kollegialen Spaziergangs, als eines Protests. Und die Pausen zwischen den in Sprechchören gerufenen Parolen schienen öfter unsere Unfähigkeit zu reflektieren, eine konsequente und entschlossene Antwort auf die dringendsten Angelegenheiten, denen wir heute alle gegenüber stehen zu geben: Wie stürzen wir dieses System des Todes, das uns auf alltäglicher Basis erstickt? Wie können die Menschen mobilisiert werden, um das revolutionäre Verlangen zu erfüllen? Warum kommen uns nicht die Wörter, die unserem Gewissen den entscheidenden Anstoß geben über die Lippen, damit die Ausgebeuteten auf ein Neues die multikulturelle Revolte entfachen? Wie können wir den in diesem Kampf verlorenen Boden wieder gutmachen?

Innerhalb und außerhalb des Gebiets, das der griechische Staat kontrolliert, mag es viele Leute geben, die glauben, dass dieses Ereignis eine glänzende Demonstration der Stärke, die die anarchistische Bewegung in ihrer Diversität und Einigkeit hat, war und andere, die meinen, dass dies bloß eine Gelegenheit für Agitation und Propaganda gewesen sei: beide Interpretationen mögen auf das, was sich am 4. Februar in Athen ereignete, zutreffen. Nachdem wir uns aus der Demo zurückzogen und nach Hause zurückkehrten, blieben einige von uns jedoch mit dem unbeschreiblichen Gefühl der Verbitterung, die die Frustration, Verzweiflung und Unterwerfung einer gesamten Gesellschaft verkapselt, zurück.

Ohne dass wir die Demonstration selbst oder unsere GenossInnen, die hart an ihrer Vorbereitung arbeiteten, schlecht machen wollen, beenden wir dieses Schreiben mit dem Schlusssatz, dass die Versammlung “ohne unerwünschte Vorkommnisse” endete.


Auszüge aus den Sprechchören:

– Der Staat und der IWF verabschieden neue Maßnahmen; baut Barrikaden, schmeißt Steine

– Nieder mit den Faschos und Bossen auf den Grund des Brunnens; lang lebe das globale Proletariat

– In Griechenland, der Türkei und Mazedonien sind die Banken und Ministerien die Feinde

– Die Bullen sind nicht die Kinder der ArbeiterInnen, sie sind die Wachhunde der Bosse; und sogar wenn sie die Kinder der ArbeiterInnen sind, bleiben sie dennoch die Wachhunde der Bosse

– Weder Faschismus noch Demokratie; nieder mit der Staatlichkeit, lang lebe Anarchie

– Solidarität ist die Waffe der Menschen; Krieg dem Krieg der Bosse

– Vorwärts zu Rebellion und Anarchie; Brandschatzung und Lauffeuer für jedes Eigentum

– Brandschatzung und Sprengung für dieses Bordell [außerhalb des Rathauses]

– Die Polizei steht an jeder Ecke; die Junta endete nicht 1973

– Griechenland/EL.AS. der GriechInnen und Polizei, der Brutalos, MörderInnen und Folterknechte

– Leute, ihr verhungert; warum fallt ihr vor ihnen auf die Knie? Leute, ihr verhungert; warum hängt ihr sie nicht auf?

– Sieg dem Kampf der Stahlarbeiter; Krieg dem Krieg der Bosse

– Die einzigen Terroristen sind Staat und Kapital; Solidarität mit den bewaffneten Guerrillas

– Brenn, brenn das Bordell, das Parlament genannt wird

– Drecksfaschisten, ihr werdet bald hängen

– Hört zu, ihr Menschenwächter, Pfoten weg von den KämpferInnen

– Die Arbeitsstunden sind blutverschmiert; es ist an der Zeit, die Banken brennen zu sehen

– 40 Stunden für 500 Euro; Schläge und Tritte für jeden Boss

– Frei-Frei-Freiheit für alle, die eingesperrt sind

– Eine andere Kriegsführung ist machbar; ein Klassen-, sozialer und Anti-Staats-Krieg

– Vorwärts Leute, senkt nicht die Köpfe; der einzige Weg ist der Aufstand, kämpft/wieder

– Bullen, Schweine, Mörder

– Vorwärts Leute, entweder jetzt oder nie

– Lohnsklaverei ist Terrorismus; kein Friede den Bossen

– Die Jobsuche ist Terrorismus; kein Friede den Bossen

– Die Leidenschaft für Freiheit ist stärker als alle Gefängnisse

Wir sind die zehn Vermummten… Wir sind die zehn Kukulofori…

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