Am Mittwoch, 12. September, gegen 7:30 Uhr, fuhren vor dem anarchistischen Delta Squat in Thessaloniki mindestens fünf Antiriot-Polizeistaffeln der MAT und zwei Jeeps der EKAM – “Anti-Terror Einheit” auf. Kurze Zeit später, stürmten sie das Gebäude.
Zehn Menschen wurden im Gebäude festgenommen, mehrere Leute, die kamen, um ihre Solidarität zu zeigen, wurden auf der Straße verhaftet. Weitere solidarische Leute, die sich in der Nähe des besetzten Hauses versammelten, wurden von der Polizei umzingelt und eingekesselt.
Die Bullen durchsuchten das mehrstöckige Gebäude (seit 2007 besetzt) und beschlagnahmten zahlreiche persönliche Gegenstände der BesetzerInnen, u. a. Infrastruktur wie Computer und Festplatten, aber auch Bargeld. Außerdem haben die Bullen einen Videozusammenschnitt der Invasion der Sondereinheiten in das besetzte Haus ohne Ton veröffentlicht. Antiriot-Staffeln umstellen das Gebiet, in dem sich das Gebäude befindet, der Vordereingang des Hauses ist versiegelt.
Diejenigen, die kamen, um ihre Solidarität zu zeigen und verhaftet wurden, wurden mittlerweile alle freigelassen.
Die zehn GenossInnen, die im Gebäude festgenommen wurden, werden immer noch in der Polizeihauptwache von Thessaloniki (GADTH) festgehalten. Sie werden entweder im Verlauf der Nacht oder am 13.09. dem Staatsanwalt vorgeführt. Sie werden wegen Ordnungswidrigkeiten angeklagt (soweit uns bekannt ist).
Am 12.09. um 13 Uhr fand in der Polytechnischen Schule von Thessaloniki eine anarchistische Eilversammlung zu der gewalttätigen Räumung des Delta Squat statt. Fast 100 solidarische Menschen beschlossen dort zusammen mit Mitgliedern des BesetzerInnenkollektivs, folgende Aktionen zu veranstalten:
i) Am 12.09. um 18:30 Uhr in Kamara (Zentrum Thessalonikis), Kundgebung mit Lautsprechersystem, um auf weitere Informationen über die verhafteten GenossInnen zu warten.
ii) Für den Fall, dass die verhafteten GenossInnen dann immer noch festgehalten werden, findet um 21 Uhr eine Protestkundgebung vor der Polizeihauptwache von Thessaloniki statt.
iii) Wenn die Verhafteten tatsächlich am 13.09. vor dem Staatsanwalt erscheinen müssen, findet dann eine Solidaritätskundgebung vor dem Gericht von Thessaloniki statt.
iv) Die nächste öffentliche Versammlung, um Solidaritätsaktionen zu organisieren, findet am 13.09. in der Polytechnischen Schule von Thessaloniki um 18 Uhr statt.
Keine repressive Machenschaft der Herrschaft darf unbeantwortet bleiben.
Solidarität ist unsere Waffe!
Delta Squat bleibt! Hände weg von unseren Leben!
Alle Einnahmen aus dem Live-Konzert, organisiert von der Gruppe BausMaus, das am 12.09. um 23 Uhr vor der Biologiefakultät Thessalonikis, stattfand, werden für die Anwaltskosten, die durch die Verteidigung der verfolgten GenossInnen nach der repressiven Operation gegen das Delta Squat entstehen werden, aufgewandt.
Delta Squat geräumt – das Schreckgespenst des Anarchismus
In Griechenland zeigt sich spätestens seit Beginn der “Eurokriese” die
Instabilität des auf ständigem Wachstum basierenden Wirtschaftsprinzips.
Um das Ende des Systems weiter
hinauszuzögern greift die Regierung zu drastischen Mitteln. So sind
Kürzungen in allen sozialen Bereichen (Bildung, Gesundheit, Kunst,
Löhne…) an der Tagesordnung.
Gleichzeitig versucht die Regierung, die dadurch entstehende Missgunst
in nationale Wut zu entladen. Die einfache Parole vom bösen Ausland und
den bösen Ausländern ersetzt eine Analyse der Ursachen und Wirkungen im
Wirtschaftssystem und bereiten so den Nährboden für faschistische
Bestrebungen wie der “Goldenen Morgenröte”. Um hier Wählerpotential
nicht an unliebige Konkurrenten abzugeben versuchen sich die
Regierungsparteien geradezu rechts zu überholen. Das Bild eines starken
Staates, der seine Bevölkerung beschützt soll so durch rigide “Law and
Order” Politik umgesetzt werden.
In einem völkischen “Law and Order” Staat muss sich alles der
staatlichen Autorität unterwerfen – und da stört die starke
anarchistische Bewegung Griechenlands. Zeigt sie doch einen anderen
Ausweg aus der Kriese und lebt direkte Solidarität aus und vor.
Ein Beispiel für einen solchen Ort der direkten Solidarität war das
besetzte Delta.
Ein ehemaliges Hotel im Besitz der technischen Universität
Thessalonikis, welches seit Jahren leer stand, wurde 2007 besetzt und
brauchbar gemacht. Umsonstladen, Kino, regelmäßige Konzerte,
Besucherzimmer, Werkstatt, Proberäume und Kindergarten öffneten das Haus
für die AnwohnerInnen.
AnarchistInnen aus der ganzen Welt kamen zu Besuch und bereicherten das
Haus mit Workshops und Vorträgen oder lernten direkt gelebte
Selbstverwaltung.
Am Mittwoch Morgen musste dieser Ort, seine BewohnerInnen, seine Träume
und Ideale der strikten Law and Order Politik der Regierung weichen. Mit
brachialer Gewalt wurde das Haus von Sondereinheiten
der Polizei gestürmt und 10 AktivistInnen gefangen genommen –
stellvertretend für Alle, die das Haus nutzten.
Auch wir hier in Hamburg kennen die Situation, dass viele
selbstverwaltete Projekte unter fragwürdigen Argumenten geräumt werden
nur um der Karriere eines Politikers zu dienen. Uns ist die Räumung des
AZ Altona noch gut im Gedächtnis, ebenso wie das Geschacher eines
damaligen Bezirktsamtsleiters Schreiber, der “aus Prinzip” keine
Bauwagenplätze duldete.
Wir erklären uns Solidarisch mit den AktivistInnen des Delta. Wir
fordern die sofortige Freilassung der Gefangenen und die Herausgabe des
Hauses an seine BesetzerInnen.
Nicht Hausbesetzungen sind kriminell, sondern ein Ausnutzen des
Gewaltmonopols für privatpolitische Zwecke.
Einige aus der Druckerei im Gängeviertel