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Athen: Erklärung des Anarchisten A.D. Bourzoukos zu Beginn des Verfahrens im Velventos-Fall

blacktDer Grund, warum ich hier bin – euch gegenüber – ist nicht, euer Mitgefühl zu erringen, um Vergebung zu bitten oder ein faires Verfahren zu fordern. Wörter und Bedeutungen wie fair und unfair sind vollkommen degeneriert und herabgewürdigt durch das System, dessen Diener ihr seid. Ich gestehe es keinem Hüter bourgeoiser Legalität, keinem Sklaven der Autorität zu, über mich zu urteilen und mich zu verurteilen. Ich bin heute hier, in diesem Theater des Symbolismus, um euch daran zu erinnern, dass es immer entschlossene Menschen geben wird, Menschen des Kampfes, die sich von eurer augenscheinlichen Allmacht nicht bezwingen lassen. Ich bin hier, als Anarchist, und als einer eurer Feinde, um die Bedingungen des Kampfes umzukehren, um aus der defensiven Position, in der ihr mich gerne hättet, herauszukommen und zum Angriff überzugehen. Um die Trennungslinie zwischen zwei Welten zu verstärken. Der einen der Ausbeutung, Unterdrückung und Autorität, die ihr repräsentiert, und der anderen des Kampfes, der Solidarität, der Revolution, von der ich ein Teil bin.

Eine weitere Schlacht im endlosen Krieg der Revolutionärinnen und Revolutionäre gegen Herrschaft. Und wie in jeder Schlacht sind wir nicht allein, wir haben GenossInnen und KämpferInnen neben uns, geistig und körperlich, welche die Welt des Kampfes bilden. Ich bin hier für mich, für alle Genossinnen und Genossen, die sich vor mir in dieser Position befunden haben und für alle, die sich in Zukunft darin befinden werden. Um dem kollektiven Gedächtnis einen Moment des Kampfes hinzuzufügen.

Mag es also so sein, dass ich mich jetzt hier befinde und ihr euch absprecht, wie viele Jahre ihr mir aufbürden werdet. Jahre, die für euch nichts weiter sind als eine weitere Zahl, die zu den tausenden hinzuaddiert werden wird, die ihr mit so leichter Hand verteilt – seht ihr, das “ethische” Gewicht ist dadurch geringer und lässt euch nachts ruhig schlafen. Mag es also so sein, dass jetzt die Rollen so verteilt sind, aber es wird sicher der Moment kommen – wenn nicht für euch, dann für die, welche euer schmutziges Geschäft fortsetzen – in dem wir euren Schlaf mit Alpträumen füllen. Wenn die Stimmen Tausender von Aufständischen widerhallen werden und eure scheinbare Ruhe erschüttern. Dann werden die Rollen nichts mehr bedeuten, eure Autorität und Macht wird zerfallen und eure Entscheidungen werden euch erdrücken. Vielleicht wird es noch lang hin sein bis zu diesem Tag, höchstwahrscheinlich werde ich ihn nicht mehr erleben. Trotzdem werde ich, solange noch Luft in meine Lungen und Blut in meinen Adern fließt, nicht aufhören, dafür zu kämpfen. Für die Revolution, für Freiheit.

LANG LEBE ANARCHIE

Quelle: actforfreedomnow…weitere Informationen zum Velventos-Fall: hier

Attika: Worte des anarchistischen Gefangenen Nikos Romanos zu GenossInnen, die sich in Solidarität außerhalb der Mauern des Jugendknastes in Avlona versammelt haben

Am Sonntagnachmittag, dem 17. Februar, nahmen ungefähr 70 GenossInnen an der geplanten Solidaritäsversammlung vor dem Gefängnis von Avlona teil, wo Nikos Romanos seit dem 11. Februar eingesperrt ist. Vier Anti-Riot Einheiten bewachten die Gefängnistore die ganze Zeit. GenossInnen bauten ein Soundsystem auf. Als es ihnen gelungen war, Telefonkontakt mit Nikos zu haben, wurden seine Worte so überall laut und deutlich durch das Mikrofon gehört. Außerdem gab es für fünf Minuten Sichtkontakt mit Nikos und alle versammelten Leute brachen in Schreie und Rufe aus. Weiter unten ist eine Transkription von Nikos Botschaft an die mit ihm solidarischen Menschen.

„Es lebe die Anarchie, ihr Dreckssäcke! Solidarität mit ‚den 4 von Kozani‘!“

Lasst mich damit beginnen, ein paar Worte über meinen Fall zu sagen. Vom ersten Moment an gab es die Bemühung, uns zu schikanieren, indem unsere eigenen Entscheidungen verschwiegen und wir als einige ziellose Jugendliche dargestellt wurden. Ein Versuch, der von den Arrangierten der staatlichen Propaganda gestartet und von reformistischen Kreisen aus Teilen der Linken, wie der sogenannten „Antiautoritären Bewegung“ (Alpha Kappa/AK) und der „Antikapitalistischen Linken Kooperation für den Umsturz“ (ANTARSYA), weitergeführt wurde. Also haben auf der einen Seite alle Arten von Mainstreammedien die Strategie in Richtung der Entpolitisierung der anarchistischen Aktion angewandt, indem sie unsere Entscheidungen in rührselige Geschichten für Boulevardzeitungen umwandelten, auf der anderen Seite haben die Reformisten von Alpha Kappa und ANTARSYA, ohne auch nur ein Wort über aggressive Praktiken des Kampfes zu sagen, ihre traurigen Märchen über uns geschluchzt und somit zu unserer Depolitisierung beigetragen.

Für mich ist allein die Tatsache, dass vier bewaffnete Anarchisten ohne vorhergehenden Kampf verhaftet wurden eine Niederlage, die keinen Raum für weitere Viktimisierung lässt. Über viele Jahre gab es eine reiche historische Erfahrung, eine Guerilla-Tradition, wo Revolutionäre bis zum Ende kämpfen; eine Vorstellung die eine echte Wahl des Konflikts mit der Macht fördert; eine Option, die in der Lage war wichtige historische Vermächtnisse des revolutionären Kampfes zu gestalten. Offensichtlich liegt die Verantwortung für diese Tatsache exklusiv bei uns, den vier Verhafteten. Die Gründe, die uns dazu veranlassten in dieser Weise zu handeln wurden in dem Text, den wir zu unserem Fall veröffentlicht haben, erklärt.

Deshalb, wie für Folterungen in Gewahrsam, ist es offensichtlich wichtig, die strategischen Absichten der Herrschaft gegen uns zu analysieren. Wie auch immer, wenn diese Analyse dazu führt, die Entscheidungen unseres Kampfes, der uns ins Gefängnis gebracht hat, zu überlagern, dann reproduziert es bloß eine Terror-Wahn-Vorstellung ohne jegliche revolutionäre Perspektive. Für mich ist eine angemessene Antwort auf Folterungen und Morde an GenossInnen (ohne die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen zu entzerren) die Vergeltung gegen die Feinde der Freiheit; Vergeltung, die gleichzeitig mit vielfältiger anarchistischer Aktion verbunden ist, wodurch dauerhafte Widerstandsherde geschaffen werden.

Ich werde jetzt versuchen, meine gelebte Erfahrung in einer Weise zu vermitteln, die von allen verstanden wird. Der psychische Schmerz der Unterwerfung und unblutigen Kapitulation kann nicht mit den Schlägen von Bullen verglichen werden. Schläge versetzen dich in Wut, während dich der andere Schmerz quält.

Abschließend möchte ich alle GenossInnen grüßen, die uns aktiv unterstützt haben, durch die Verteilung von Texten, die Einrichtung von Sound-Systemen bei Versammlungen, Plakatieren von Postern, Organisation von Demonstrationen und das Inbrandsetzen von Zielen, um unsere Herzen zu wärmen.

Schließlich möchte ich meine uneingeschränkte Solidarität an den Hungerstreikenden Spyros Dravilas (Gefangener im Kampf im Gefängnis von Domokos) senden und euch wissen lassen, dass 37 Individuen vom Gefängnis von Avlona ihre Unterstützung mit seinem Kampf für einen Atemzug von Freiheit erklärten.

Nikos Romanos
17.2.2013

Knastadresse: Nikos Romanos, Eidiko Katastima Kratisis Neon Avlona, 19011 Avlonas, Attika–Griechenland

Der Anarchist Nikos Romanos veröffentlichte einen weiteren Brief, in dem er jegliche Beteiligung in der Aktion der Verschwörung der Feuerzellen abstreitet; er ist in Englisch hier zu lesen.