Tag Archives: Lukasz Bukowski

Warschau, Polen: Drei Anarchisten in Untersuchungshaft, mit dem Vorwurf konfrontiert, sie wären für den Versuch eines Sprengstoffanschlags verantwortlich

3warsawAm frühen Morgen des 23. Mai 2016 wurden in der Nähe eines Parkplatzes im Warschauer Viertel Vlochy drei Anarchisten verhaftet, weil sie angeblich eine selbstgefertigte Sprengladung unter ein Bullenfahrzeug angebracht haben, um zu versuchen, die örtliche Polizeistation anzugreifen. Die drei Gefährten (im Alter von 17, 31, und 35 Jahren) verweigerten die Aussage und bestritten alle vorgebrachten Vorwürfe gegen sie. Mindestens einer wurde im Polizeigewahrsam geschlagen.

Am gleichen Tag wurde eine Razzia auf dem besetzten Gelände Radykalne Ogrody Działkowe (radikale “Reclaim the fields” Kleingartenanlage) durchgeführt und wiederholt von Bullen „besucht“ die von allen anwesenden Personen die Personalien aufnahmen und versuchten die GärtnerInnen zu verhören (Am 2. Juni kamen die Bullen zu einem weiteren „Besuch“ beim ROD vorbei.)

Aufgrund der Verhaftungen brach ein Medienrummel aus. Die drei Anarchisten wurden als Terroristen dargestellt und ihre Bilder wurden bereits zu Beginn veröffentlicht. Sie wurden in ein Untersuchungsgefängnis gesteckt, wo sie drei Monate auf ihren Prozess warten müssen. Ihnen drohen bis zu 8 JahrenHaft.

Alle drei in Warschau existierende Squats, Syrena, Przychodnia und ROD – und verschiedene andere anarchistische und sich für soziale Gerechtikeit einsetzenden Kollektive (die Liste der UnterzeichnerInnen findet ihr hier) veröffentlichten einen Offenen Solidaritätsbrief für die drei Verhafteten. Unter anderem erklärten sie, dass dieses alles zu einer Zeit passiert, wenn die polnischen Herrschenden auf die Verabschiedung eines neuen Anti-Terrorgesetzes drängen, für das sich die regierende PIS (Recht und Gerchtigkeit) Partei einsetzt.

Ein weitere Stellungsnahme kam von Łukasz Bukowski , der in Poznań eingesperrt ist und dringend seine GefährtInnen dazu aufruft, Solidarität mit den drei Verhafteten zu zeigen.

Die Gefangenen haben auch die Unterstützung vom Grecja w Ogniu Gegeninformationsportal.

transparent-trójkąAm 1. Juni 2016 wurde an einer Straßenunterführung in der Stadt Poznań ein Transparent entrollt und dazu folgender Text verteilt:

An einer der Unterführungen von Poznań haben wir aus Solidarität mit den drei in Warschau ingesperrten Anarchisten ein Transparent aufgehängt.

Unsere Solidarität geht an die Verhafteten. Wir sind weder mit der Manipulation durch die Medien und der Polizei einverstanden, noch mit der Angewohnheit von Teilen der „Szene“, die im Falle einer realen Repression die Gefangenen isoliert und kritisiert, obwohl sie überall „SOLIDARITÄT IST UNSERE WAFFE“ verkündet.

Wir werden immer alle unterstützen, die von Polizeigewalt betroffen sind und sich zur Gegewehr entschlossen haben

Poznan, Polen: Drei Monate im Gefängnis für Zwangsräumungsblockade

7-May-demo-in-solidarity-with-poet-Łukasz-Bukowskierhalten am 19.5.

Am 27. April 2016 ging Lukasz Bukowski, der in der Anarchistischen Föderation Poznan mitmacht, für drei Monate ins Gefängnis. Er war wegen Körperverletzung eines Polizisten angeklagt und verurteilt worden. Zu der Tat soll es gekommen sein, als Leute die Zwangsräumung der Wohnung einer behinderten Frau und ihres Ehemannes, Katrzyna und Ryszard Jencz, durch eine Blockade verhindern wollten. Lukasz weigerte sich, die gegen ihn verhängte Geldstrafe zu bezahlen, die erst in zwangsweise Ableistung von Sozialstunden und dann in eine Gefängnisstrafe umgewandelt wurde. Er hat die dreimonatige Gefängnisstrafe in Poznan angetreten.

Lukasz will auf die Vertreibungen und brutalen Wohnungsräumungen aufmerksam machen, die weiterhin nicht nur in Poznan, sondern in ganz  Polen stattfinden. Er verweigerte die Zahlung der Geldstrafe, weil seiner Auffassung nach die Verteidigung der Mieter_innen richtig war und ist. Er will auch auf die ungleiche und ungerechte Behandlung von Mieter_innen aufmerksam machen, sowie auf die Repression gegen all diejenigen, die die Mieterrechte verteidigen.

Die Räumung von Ryszard und Katarzyna, die schwer krank ist und seit vielen Jahren im Rollstuhl sitzt, geschah am 25. Oktober 2011. Trotz Katarzynas offensichtlichem Leiden hat das Gericht, das den Räumungstitel verfasste, ihr und ihrem Ehemann keine Sozialunterkunft zugewiesen, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Gerichte verweigern dies oft mit Hinweis auf den Mangel an Sozialunterkünften. Die beiden wurden also tatsächlich auf die Straße gesetzt.

Viele Polizisten wurden eingesetzt. Sie tauchten schon Stunden vor der Räumung in dem Gebäude auf und versperrten den Zugang nicht nur zum Haus, sondern auch zur Wohnung. Etwa 70 Aktivist_innen versuchten, die Räumung zu verhindern. Einige Leute aus der Nachbarschaft schlossen sich ihnen an. Schlussendlich musste Katarzyna Jencz jedoch aufgrund ihres sich verschlechternden Gesundheitszustandes aus dem Gebäude gebracht und von einem Krankenwagen abgeholt werden. Der Gerichtsvollzieher beschlagnahmte danach die Wohnung.

Während der Blockade wurden drei Leute, darunter Lukasz, festgenommen. Er sagt, dass die Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen und seine Verurteilung ein Racheakt war, gerichtet gegen seinen sozialen Widerstand. Die Polizei zeigte zwei andere wegen Aufruf zu einer illegalen Versammlung an, aber beide wurden freigesprochen.

Jedes Jahr stellen polnische Gerichte zwischen 30.000 und 40.000 Räumungstitel aus. Die Gerichtsvollzieher führen etwas 8.000 Räumungen durch, oft in Begleitung der Polizei. Andere verlassen einfach ihre Wohnungen, wenn sie einen Räumungstitel erhalten. Der Hauptgrund für die Räumungen sind wachsende Schulden aufgrund von hohen Mieten bzw. Strom-, Gas- oder Wasserrechnungen, niedrigen Löhnen, prekären Beschäftigungsverhältnissen und fehlender Sozialhilfe. Oft bekommen die geräumten Mieter_innen keine Sozialunterkünfte zugewiesen. Die Behörden kommen ihrer verfassungsmäßigen Pflicht nicht nach, Leuten der untersten Einkommensstufe, Kranken und Arbeitslosen Sozialunterkünfte bereitzustellen. Der Fall von Katarzyna und Ryszard Jencz ist einer der schlimmsten, weil er zeigt, wie rücksichtslos die städtischen Behörden bei Räumungen und Vertreibungen vorgehen und wie sie die Interessen der Vermieter und Bauträger vertreten.

Für uns und die Bewegung ist Lukasz ein politischer Gefangener, eingesperrt aufgrund seiner politischen Haltung. Er fordert die Einhaltung der Mieterrechte und das Ende der Räumungen. Seine Festnahme und Gefängnisstrafe markiert den Anfang einer neuen Kampagne gegen Räumungen, illegale Vertreibungen und die Verletzung von Mieterrechten.

Zusammen mit Lukasz fordern wir das Ende der Räumungen und der ungerechten sozialen Wohnungspolitik, die Ursache vieler menschlicher Tragödien ist. Die Opfer dieser Politik sind oft die Ärmsten der Armen.

Wir fordern die Behörden von Poznan auf, die bereits für die Zeit bis November angekündigten 250 Zwangsräumungen aus Sozialwohnungen zu stoppen und zu garantieren, dass jede Einwohner_in dieser Stadt einen Platz zum Wohnen hat. Sie sollen zeigen, dass sie die soziale Wohnungspolitik wirklich ändern wollen!

Wir fordern gleichzeitig alle in der anarchistischen Bewegung Aktiven und an der Mieterrechtsbewegung Beteiligten auf, Lukasz, allen geräumten Mieter_innen und den Opfern polizeilicher Übergriffe ihre Solidarität zu zeigen.

Gegen die Verletzung von Mieterrechten!
Gegen Polizeigewalt!
Stoppt die Zwangsräumungen!

Schickt Lukasz Briefe (auch auf Englisch):
Łukasz Bukowski s. Zbigniewa
Zakład Karny Gorzów Wielkopolski P-2
ul. Podmiejska 17
66-400 Gorzów Wlkp.
Polen

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