Gesetzesänderung des Terror-Gesetzes

Das totalitäre System zeigt erneut sein wahres Gesicht

Am 26. August 2010 hat die griechische Regierung die zweitgrößte Gesetzesänderung des Terror-Gesetzes, dem sog. „Anti“-Terror-Gesetz von 2001, in nur einer Sitzung verabschiedet. (Die erste Gesetzesänderung ist von der ehemaligen rechtsgerichteten Regierung 2004 durchgeführt worden.) Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist nun so ausgedehnt, dass jede Form von Widerstand gegen die herrschende Ordnung als Terrorismus angesehen werden kann.

Das bezeichnete Gesetz (3875/2010) klassifiziert jedwede Demonstration, Hausbesetzung oder Sachbeschädigung als terroristische Straftat – „Verbrechen“, die Demonstrations-Teilnehmerinnen häufig zur Last gelegt werden. Von nun an werden sie als Terroristen vor Gericht belangt.

Hintergrund des Terror-Gesetzes ist eine UN-Übereinkunft gegen „transnational organisiertes Verbrechen“. Das auch von Griechenland unterzeichnete „Palermo Protokoll“ ist im Jahr 2000 beschlossen worden. In diesem wird „Terrorismus“ als der Hauptfeind der modernen Welt bezeichnet. Obwohl seitdem 10 Jahre ins Land gezogen sind, hatte bis dato keine griechische Regierung die Verantwortung übernommen und dieses ratifiziert. Aber nun hat der Premierminister George Papandreou nicht nur für eben dieses „Palermo Protokoll“ seine Zustimmung gegeben, sondern zusätzlich eine zweite Gesetzesnovelle auf den Weg gebracht, welche elementare Veränderungen im Strafgesetz nach sich zieht, besonders bei der sog. „Terorismusbekämpfung“.

Für die neuen Bestimmungen stimmten im Parlament sowohl die regierende „PASOK“-Partei als auch die Oppositionspartei „Nea Dimokratia“. Die Rechtsaußen-Partei „LAOS“ stimmte gegen die Novellierung. Sie forderte gar eine schärfere Gesetzesvorlage, welche sich gegen „innere Feinde“ und MigrantInnen richtet.

Die Bestimmungen des Terror-Gesetzes sind im Einzelnen:

1. Bis jetzt wurde strafrechtlich verfolgt, „wer eine organisierte Gruppe von drei oder mehr Personen aufbaut oder einer solchen angehört, die fortwährend Aktionen durchführt und wer versucht weitere schwere Straftaten zu begehen“. Durch eine Änderung der Verbform („‚seeks’ was replaced by ‚seeking’“ >Gerundium) wird der Subjekt-Charakter der Handlung mit dem Ziel entfernt, eine Kollektivschuld zu implementieren. Es ist nun unerheblich, ob der strafrechtlich Verfolgte beabsichtigt hat eine Straftat zu begehen oder in der Tat schwere Straftaten begangen hat: Es reicht nun aus, wenn die Organisation den entsprechenden Vorsatz hat … Die griechische Rechtsordnung sah bisher die „Allgemeine Absicht“ als Straftatbestand noch nicht vor. Diese ist nun im Namen des „Antiterrorkampfes“ eingeführt worden. Kollektive Haftung ermöglicht nun eine strafrechtliche Verfolgung. Auf diese Weise zeigt sich einmal mehr wie fließend die Grenze zwischen bürgerlicher Demokratie und Faschismus ist.

2. Jede Gruppe, die Ordnungswidrigkeiten begeht (z.B. Sitzblockaden, vorsätzliche Sachbeschädigung, etc.) könnte nun als „terroristische“ Organisation bezeichnet werden. Demzufolge können Menschen, die auf kämpferischen Demonstrationen verhaftet werden, und denen Delikte dieser Art typischerweise zugeschrieben werden, nun als „TerroristInnen“ vor Gericht gestellt werden. Möglicherweise erhalten sie aber geringfügigere Strafen, verglichen mit denen, die schwere Straftaten begehen. Das Gleiche kann einem passieren, der angeklagt ist solch eine Gruppe „gelenkt“ zu haben. Er/Sie könnte als „AnführerIn“ vor Gericht gestellt werden und mit einem reduzierten Strafmaß davon kommen. Der/die „AnführerIn“ einer Gruppe, die gegründet wurde um schwere Straftaten zu begehen könnte jedoch zu einer mindestens 10-jährigen Haftstrafe verurteilt werden.

3. Der Kreis der Gruppenmitglieder kann nun sowohl aus denen bestehen, die nur sympathisieren als auch aus denen, die unterstützend tätig werden bei Handlungen, die das Gesetz als schwere Straftaten bezeichnet. Nun ist schon die Hilfestellung bei einer Widerstandshandlung gegen das System eine schwere Straftat. Entsprechend dem neuen Gesetz wird „jedeR, der/die wichtige Informationen oder Materialien zur Verfügung stellt, mit der Absicht, bei schweren Straftaten zu helfen oder das Begehen eben dieser zu vereinfachen, mit einer Haftstrafe von bis zu 10 Jahren bestraft“. Tatsächlich zeigt das Gesetz, dass jemand angeklagt werden kann auf Grundlage des Bekenntnisses zu einem der „Verbrechen“, die in Paragraph 1 dargelegt werden. Das bedeutet, dass du als „PartnerIn von TerroristInnen“ angesehen und zu einer Haftstrafe von bis zu 10 Jahren verurteilt werden kannst, wenn du einem Demonstranten (also „Terroristen“, der Amtsgewalt zufolge) zuflüsterst: „Sei vorsichtig, Polizei kommt von dort“ oder wenn du jemanden eine Gasmaske anbietest, um sich vor Tränengas zu schützen oder wenn du jenen Unterschlupf bzw. Hilfe anbietest, die gegen das System kämpfen.

4. Über die „Mitgliedschaft in einer organisierten Gruppe“ hinaus ist nun auch das Delikt „Bedrohung“ entstanden. In den Artikel 187A der Strafordnung ist eine Novelle implementiert worden, nach der „jemand, der ernsthaft androht, eine schwere Straftat zu begehen und damit Terror verursacht, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wird“. Seitdem nun die Gesinnung und die bloße Absicht, eine Straftat zu begehen, strafrechtlich verfolgt werden, ist Willkür Tor und Tür geöffnet. Und seitdem die Staatsgewalt jede Form von Widerstand gegen eben diese als „Verbrechen“ und „Terrorismus“ bezeichnet, ist anzunehmen, dass nun – entsprechend dem Anti-Terror-Gesetz – bereits die Anmeldung einer Demonstration oder eine Besetzung als Ursache von Terror verstanden wird, so dass die OrganisatorInnen verhaftet und ins Gefängnis gebracht werden könnten.

5. Um einen Kreis von Verdächtigen zu schaffen, wurde außerdem eine Klausel mit folgendem Wortlaut aus der 2004 verabschiedeten Novelle des Gesetzes gestrichen: „Es ist keine terroristische Handlung eine oder mehrere in den vorstehenden Absätzen definierte Straftaten zu begehen, falls diese der Etablierung, dem Erhalt oder der Wiederherstellung der demokratischen Ordnung dienen. Ebenso ist es kein Terrorakt, wenn die Handlung darauf ausgerichtet ist, die Freiheit zu befördern (…) oder beabsichtigt ist, grundlegende persönliche, politische, gewerkschaftliche oder andere Rechte auszuüben.“ Diese Klausel verhinderte theoretisch die Verfolgung von Überzeugungen sowie von politischer und gewerkschaftlicher Aktion – was aber immer schon abhängig von den Geschworenen war. Mit der Abschaffung der Klausel benötigt es nicht einmal mehr eines Vorwandes (zur Verurteilung von Dissidenten) – kann mensch da nicht von einer Junta (Militärdiktatur) sprechen?

6. Auch bei der bisherigen Fassung des Gesetzes konnte das Gericht anonyme Zeugenaussagen akzeptieren – jedoch war es verpflichtend, den Namen „des Zeugen/der Zeugin“ offen zu legen, falls dieser von dem/der VerteidigerIn oder einem/R VertreterIn der prozessführenden Partei ersucht wurde. Nun kann das Gericht den Antrag zurückweisen, falls es diese Entscheidung begründet. Das bedeutet allen ernstes, dass mensch auf Grundlage einer Zeugenaussage von Leuten, die er/sie niemals zu Gesicht bekommen hat, für Jahre als „TerroristIn“ ins Gefängnis geschickt werden kann – es wird einem die Möglichkeit genommen, die Anschuldigungen zu widerlegen.

Damit wird jedes bisher da gewesene krankhafte totalitäre Regime übertroffen!

Widerstand heißt Terrorismus und wird als schwere Straftat verfolgt, mit der Hilfe gewisser ZeugInnen, die wir sehr wahrscheinlich nie kennen lernen werden – falls sie denn überhaupt existieren und im Zusammenhang mit der Angelegenheit stehen. Überdies könnten sie auch ins Ausland gebracht werden. Damit wird die ewige Forderung der us-amerikanischen Geheimdienste nach einem Einsatz von „anonymen InformantInnen“ befriedigt – anders ausgedrückt wird deren grundlegenden Vorstellungen vom Einsatz von GeheimagentInnen entsprochen. Die Tendenz der Herrschenden zur weltweiten Homogenisierung der Repression und zur Vorbereitung von Überwachungsgesellschaften ist offensichtlich.

Wir müssen feststellen, dass die Übereinkunft von Palermo die weiteren repressiven Maßnahmen vorbereitet hat, wie die zeitlich unbefristete Inhaftierung derer, die wegen „Terrorismus“ verurteilt wurden. Artikel 11 sieht für Personen, die für diese Art von Delikten verurteilt wurden, eine Unterscheidung vor: Es gibt die gewöhnlich und die unter Bedingungen zu entlassenen Leute. Im Gesetzestext wird ausgeführt, dass „jedeR StaatsdienerIn die Schwere von Delikten abwägt, die in den Bestimmungen enthalten sind, wenn die Entlassung von Leuten, die eben für diese verurteilt wurden, ansteht.“

Die faschistische Gesetzesnovelle ist bereits genutzt worden, den Streik der LKW-FahrerInnen zu kriminalisieren. Zum ersten Mal seit der juristischen Aufrüstung hat die griechische Regierung Straßenblockaden und die Verweigerung zur Einigung als schwere Straftaten bezeichnet.

Der Staat versucht unseren Widerstand durch das Aufzeigen der Gefahr, als TerroristIn ins Gefängnis geschickt zu werden, zu brechen. Das könnte klappen, wenn die Umsetzung anläuft. Jene, die uns mit der Verurteilung der Killer-Bullen Korkoneas und Saraliotis zum Narren halten wollen, werden sich niemals ändern. Sie zögerten nicht, im Dezember 2008 in Larissa Anklageschriften wegen Terrorismus gegen Minderjährige zu verfassen. Sie werden nicht zögern, dies zu wiederholen um viele weitere einzuschüchtern.

Die ganzen Veränderungen geschahen im Geheimen, und die Medien spielten dabei ihre Rolle. Nur wenige JournalistInnen griffen das Thema auf, wobei sie die Regierung lediglich für das falsche Abhandeln der Angelegenheit anklagten.

Es ist kein Gesetz zum allgemeinen Nutzen entstanden. Stattdessen handelt es sich um einen Versuch des Staates, gegen den „inneren Feind“ mit weiterem Arsenal aufzurüsten. Die totalitäre Demokratie bereitet sich auf die soziale Explosion vor.

Sie versuchen Vorstellungen an Herrschaftsinteressen anzupassen und uns an die Veränderungen zu gewöhnen. Sie versuchen das Band der Solidarität zu durchschneiden und wollen uns ein Leben in Angst und Schrecken bescheren.

Quelle: actionforliberty.wordpress.com [τρομονόμος-3], www.eksegersi.gr, athens.indymedia.org

auf Griechisch

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