Der folgende Text ist einem Flugblatt entnommen, das auf einer queeren Demonstration in Sydney am 8. März 2013 verteilt wurde.
Seit über einem Jahrzehnt war die gleichgeschlechtliche Ehe das Aushängeschild der GLBTI-Bewegung. Vermarktet als ein Ein-Themen-Kampf, der Gleichheit bringen und die GLBTI-Phobie ein für allemal beenden sollte, war er der Schwerpunkt der queer-aktivistischen und -politischen Anstrengungen. Der Kampf für die gleichgeschlechtliche Ehe wurde uns als Kampf für volle Gleichberechtigung vorgeführt. Uns wird suggeriert, dass es dieser eine Schritt ist, der uns – ‘die Queers’ – von der perfekten Regenbogenutopie trennt: die Möglichkeit, unsere gleichgeschlechtlichen Beziehungen mit dem Staat in Einklang zu bringen. Sobald – anscheinend – dieses Recht gewonnen wird, werden wir alle in der Lage sein, dem Sonnenuntergang [Hand in Hand] entgegenzulaufen.
Die Ehe – als eine Institution – war so lange sie existiert ein Werkzeug des Patriarchats, des Kapitalismus und der Regierung. Sie wurde genutzt, um Frauen zu kontrollieren, Geld und Ressourcen zu teilen und zu konsolidieren und die Macht der Staaten über ihre Untertanen zu stärken.
Die Ehe ist ein finanzieller Vertrag, der geschlossen wird, um zu entscheiden, wer was bekommt und wie viel. Ehe bestimmt Erbfolge. Sie bündelt das Geld für diejenigen, die es besitzen, um sicherzustellen, dass es nicht an andere verteilt wird, die keins haben. Da die meisten Menschen innerhalb ihrer Klasse sowie ihrer ‘ethnischen Gruppe’ heiraten, behält die Ehe die Konzentration von Kapital, Status und Privilegien an einem Ort bei, wobei sichergestellt wird, dass sie nicht “ausläuft.”
Die Ehe wird auch als Instrument der Kontrolle durch Staat und Regierung genutzt. Indem sie ihre Untertanen in minimale Einheiten einteilen, hat dies zur Folge, dass Menschen so getrennt wie möglich voneinander leben. Indem die Gemeinden verkleinert werden, wird es schwieriger für die Menschen, sich dem Staat oder der Regierung zu widersetzen und schützt jene vor zivilen Unruhen. Darüber hinaus dienen heteronormative Familien als bequeme Produktionseinheiten, da sie produzierende BürgerInnen und ArbeitnehmerInnen für das kapitalistische System und SoldatInnen für das Militär erzeugen. Die Rolle der Familien bei der Herstellung dieser menschlichen Funktionstypen ist kritisch zu betrachten. In der Tat lernen die meisten Menschen ihre Regierungen zuallererst innerhalb ihrer Familien durch “Werte” wie Patriotismus, Nationalismus, Militarismus und Kapitalismus zu lieben und zu dienen.
Der Kampf für die gleichgeschlechtliche Ehe ist ein konservativer Kampf, dessen Ziel es ist, den Eintritt in die Heteronorm zu erobern. Als solcher, entscheidet er sich, unterdrückende Strukturen zu verstärken, indem er für den Zugang in jene Stukturen und den damit erhegeneden Privilegien agitiert. Als ein Kampf, der sich mit Normen und Privilegien beschäftigt, schließt er auch jene aus (oder wirft sie über Bord), die nicht in eine saubere homosexuelle Replik des ‘Normalen’ passen. Er zweckentfremdet zudem Geld, Ressourcen und aktivistische Energie von Thematiken, die weit dringender für die queere Bevölkerung sind, welche mit viel größeren Problemen lebt. Anstatt an diesem Disaster des Kampfes teilzunehmen, müssen sich Queers sowohl diesem Kampf als auch den unterdrückenden Strukturen widersetzen, die versuchen, ihn zu verstärken. Anstatt sich “Rechte” zu verdienen und nach (rechtlicher) “Gleichstellung” zu streben, sollten wir uns für die Befreiung einsetzen und eine Revolution anstreben.