WIR SIND WÜTEND! 15. Dezember, Generalstreik in Griechenland

Landesweiter Bericht vom Generalstreik in Griechenland, 15. Dezember 2010

Es kann (auch nicht für die ganz Naiven) kein Zweifel mehr daran bestehen, dass sich der Staat – in bester Zusammenarbeit mit all seinen Unterstützern und seinen Mechanismen – dazu entschieden, einen Krieg im großen Stile gegen die Gesellschaft zu führen. Er fürchtet die nur allzu natürliche soziale Wut, die sich bisher geäußert hat, aber auch jene Wut, die noch kommen wird. Die repressive Rolle des Staates, die sich durch den mörderischen Mechanismus der griechischen Polizei (und nicht nur durch sie) offenbart, hat nun begonnen, seine Fesseln auszubreiten und jeglichen Ausbruch der Wut in Zukunft zu unterdrücken. Faschisten, Zivicops, friedliebende Bürger, gehorsame Immobilienbesitzer und andere antisoziale Menschen wurden dazu rekrutiert, als natürlich Verlängerung der mörderischen staatlichen Formierung zu handeln.

Es steht fest, dass es uns alle angeht, etwas, das zuvor passiert ist, aber das es jetzt ihre Vervollkommnung findet, in der willkürlichsten, deutlichsten und schamlosesten Art und Weise. Es passiert direkt vor unseren eigenen Augen!

Athen: In einer Stadt, in der an jeder Straßenecke Dutzende von Cops aller Sorten stehen, wird das Bestreben, die Menschen offen zu terrorisieren, deutlich und zeigt die Stadt als einen unzugänglichen Ort, der von ihnen kontrolliert wird. Nichtsdestotrotz…

Seit dem frühen Morgen des 15. Dezember begannen sich eine riesige Menschen-mengen an den Kundgebungsorten in der ganzen Stadt zu sammeln. Jeder Teil der Patission Allee, vom Areos Park bis zum Omonia Platz, war gefüllt mit Menschen und auch die Bürgersteige waren überfüllt.

Es bringt nicht viel über die genaue Anzahl der TeilnehmerInnen zu reden, aber eine grobe Schätzung von 200000 Menschen kommt den Tatsachen nahe – eine Zahl, die sich nur mit dem Generalstreik vom 5. Mai vergleichen lässt. Vor der Demo wurden in mindestens 3 Fällen Zivicops aus der Demo vertrieben, nachdem eine dynamische Intervention von GenossInnen erfolgte. In einem Fall versuchten sie vier GenossInnen festzunehmen, die auf dem Weg zum Versammlungspunkt mit Stangen und Transparenten waren, aber die energische Intervention von 50-60 Menschen verhinderte dies.

Die Demo startete in einer sehr intensiven Atmosphäre, mit Parolen, die das Stadtzentrum vibrieren ließen. Einen Eindruck von der Größe bekommt man, wenn man bedenkt, dass die letzten Bloecke noch in der Patission Allee waren, während die Demospitze schon den Syntagma Platz erreicht hatte. Während der Demo und vor der Ankunft am Syntagma wurden Parolen an die Häuserwände geschrieben, Regierungsgebäude wurden mit Farbe eingedeckt. Die DemonstrantInnen einigten sich darauf, die Sicherheitskräfte nicht während der Demo zu attackieren, sondern ihren Kampf vor dem Parlament auszutragen. Viele waren darauf gut vorbereitet (mit Hassis, Gasmasken, Malox gegen das Tränengas und verschiedene Selbstverteidigungsmaterialien), was die konfrontative Stimmung einer großen Masse auf der Demo reflektiert.

Die Auseinandersetzungen begannen als der Hauptteil der Demo am Syntagma Platz ankam. Eine große Anzahl von Demonstrierenden griff die Schutzherren der herrschenden Klasse und des Kapitals an. Für längere Zeit konnten Explosionen in dem gesamten Gebiet rund um den Syntagma gehört werden. Es gab Angriffe mit Molotowcocktails, Steinen, Böllern, Feuerlöschern usw. gegen  mehrere Gruppen der Einsatzkräfte, wobei es auch zu vielen direkten Konfrontationen mit den MAT und den Schlägern der Motorradeinheiten DIAS kam. Die MAT antwortete mit Tränengas und Blendschockgranaten, mit der Absicht, die Demo in viele Teile und auf viele Orte zu zerstreuen, doch dadurch erreichten sie nur die Ausbreitung der Konfliktherde, die sich nun in verschiedenen Gebieten der Stadt ausbreiteten.

Ein großer Teil der Demo ging Richtung Propylea weiter, wobei sie die MAT-Kräfte, Banken und Luxusautos attackierte, während die Riot-Polizei und Zivicops das Universitätsasyl brachen, um Menschen festzunehmen. Zur gleichen Zeit wurde eine große Anzahl von Protestierenden, die von der Demo durch die Angriffe der Cops abgetrennt wurde, von der MAT angegriffen und bis zur Dionysiou Areopagitou Straße gejagt, wo es die ProtestantInnen schafften, die Angriffe zu erwidern und einen Mannschaftsbus der Cops anzündeten. In verschiedenen Gebieten der Stadt entgegneten die Menschen den brutalen Eingriffen der Polizei mit Erfolg und so bekamen auch die Schergen der DIAS in der Alexandras Allee ihre Prügel von wütenden DemonstrantInnen, die auch zwei ihrer Motorräder in Flammen aufgehen ließen.

Zur gleichen Zeit griffen DemonstrantInnen den früheren Minister der konservativen Nea Dimokratia-Regierung Hatzidakis an, der sich nur dank seiner Schergen, die ihn begleiteten, fliehen konnte.

Niedliches Politikergesicht

All das fand statt, während mehrere Blöcke der Demo noch nicht einmal den Syntagma Platz erreicht hatten. Die Angriffe der MAT-Einheiten waren willkürlich und brutal. So wurden sogar unverdächtige Passanten neben einer Vielzahl von TeilnehmerInnen ins Gesicht geschlagen. In verschiedenen Teilen des Zentrums standen Vans, von wo Zivicops, schwarz gekleidet und vermummt, ausschwärmten.

Eine Spontandemo von Basisgewerkschaften und der AK (Antiautoritäre Bewegung) bewegte sich in Richtung des Hauptgebäudes der GSEE („Allgemeiner Zusammenschluss der griechischen Arbeiter“ – zentrale Gewerkschaftsorganisation für den privaten Sektor), um es zu besetzen. Es kam zu einem großen Handgemenge mit der Polizei, die, zahlenmäßig überlegen, das Vorhaben der DemonstrantInnen verhinderte. Dabei zögerten einige Cops nicht, die Waffe zu ziehen.

Die Auseinandersetzungen setzten sich rund um das Polytechnikum für mehrere Stunden fort, während eine größere Anzahl von Menschen bald den Ort nicht mehr verlassen konnte, weil sie von der Riot Polizei MAT umzingelt war.

Hinter der Wirtschaftsuni und um das Polytechnikum herum gab es auf den Straßen diverse Auseinandersetzungen mit den Cops, Barrikaden wurden errichtet. Das gleiche Bild in Exarchia, wo sich die Menschen ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei nach dem Ende der Demo lieferten. Es gab auch Berichte, dass die Nachbarschaft von Exarchia vollkommen militarisiert wurde und dass die Polizei willkürlich Menschen stoppte, festnahm und immer wieder versuchte, jeden, den sie finden konnte zu schikanieren. Ein Anrufer der anarchistischen Radiostation 98FM berichtete, dass er gesehen hat, wie die Cops zwei Menschen in den Straßen Exarchias stoppte und sie brutal verprügelte, bevor sie verhaftet wurden. Zehn weitere Menschen wurden am Victoria Platz festgenommen und es gab Berichte von weiteren Festnahmen im gesamten Stadtzentrum.im Verlaufe des Tages.

Jüngste Angriffe der MAT-Einheiten hatten mehrere Verletzungen der DemonstrantInnen zur Folge. Gerüchte gingen um, dass versucht wurde, das Universitätsasyl ein weiteres Mal zu brechen, was schlussendlich aber nicht geglückt ist.

23 Personen sind in Gewahrsam genommen, von denen 10 festgenommen und angeklagt wurden.

***

Thessaloniki: Große Demo, von über 10000 Angestellten, Arbeitslosen, StudentInnen, BasisgewerkschafterInnen, Linken, AnarchistInnen und im Allgemeinen wütende Leute. Vom Treffpunkt der Vorversammlung und in der Form einer Demo bewegte sich eine große Anzahl von DemonstrantInnen in Richtung Arbeiterzentrum, wo die regierungstreuen Gewerkschaften GSEE und ADEDY und andere zu einer Kundgebung aufgerufen hatten. AnarchistInnen riefen Parolen gegen die Arbeiterführer und griffen sie mit Wasser an. Das Mikro und die Lautsprecher wurden gekappt und sie riefen zum radikalen Streik auf. Während der Demo der Vorversammlung wurden Flyer in Läden verteilt, die  entweder nicht streikten, oder deren Angestellte von ihren Chefs mit der Entlassung im Streikfall bedroht wurden.

Während der sehr energischen Demo, die gegen 11 Uhr begann, wurden Geldautomaten, Banken, Kettenfilialen, Filialen der Post, Mc Donalds und Überwachungskameras von Banken zerstört, sowie ein Supermarkt und eine Konditorei enteignet. Bei der Ankunft am ehemaligen Ministerium, stürzten sich die Bullen aus dem Hof des Ministeriums auf die Demo und bewarfen sie mit Trängas und Flash-Granaten. Die Demo bewegte sich in mehreren Teilen weiter, wobei Bullen und Zivis ungefähr 20 Personen aus der Demo und von einigen Häusereingängen in Gewahrsam nahmen, wobei sie Fahrzeuge ohne Kennzeichen verwendete. 2 der in Gewahrsam genommenen Personen, wurden verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und natürlich wandelten die Bullen, die Ingewahrsamnahmen in Festnahmen um, damit die von ihnen verursachten Verletzungen zu erklären sind..

Patras: Mehr als 4000 Personen demonstrierten durch die Straßen Patras, wobei die Blöcke der StudentInnen, der Gewerkschaften, Linken und AnarchistInnen sehr massiv waren. Steine und Molotowcocktails wurden gegen das Gerichtsgebäude, Banken und ein Polizeifahrzeug geworfen. Eine Demo ähnlicher Anzahl fand auch seitens des PAME (Organisation der Kommunistischen Partei Griechenlands) statt.

Heraklion: Energische Demo von ungefähr 2000 Personen, die diversen Gewerkschaften angehörten, aber auch Arbeitslose, MigrantInnen, Linke, AnarchistInnen usw. Linke verhinderten die Rede des Vorsitzenden des Arbeitszentrums und weiterer falscher Arbeiterführer Sprecher. Während der Demo wurden Geldautomaten, Schaufenster und Überwachungskameras von Banken zerstört, sowie Parolen gegen die regierungstreuen Syndikate gerufen und gesprayt.  Bullen und Zivis folgten der Demo, ohne dass Ausschreitungen stattfanden. Am Nachmittag fand eine anarchistische Demo in Nachbarschaften der Stadt statt.

Volos: Sehr massive Demo mit einer Teilnahme von ungefähr 2500 Menschen. Bevor diese begann, wurden Reden von lokalen Sprechern von Parteien und Systemgewerkschaften verhindert. Kleine Angriffe auf Banken, sowie  das Präfekturgebäude der Region.

Chania: Ungefähr 1500 Leute demonstrierten durch die Stadt. An der Demo nahmen nicht nur Arbeitslose, StudentInnen,  linke Gruppen und AnarchistInnen teil, sondern auch MigrantInnen, die es geschafft haben zu streiken. Während der Demo wurden Parolen an die Häuserwände geschrieben, Flyer verteilt und einige Läden wurden mit „Stinkbomben“ sabotiert! Auch hier wurden die gekauften GewerkschafterInnen von DemonstrantInnen niedergeschrien.

Xanthi: Eine der massivsten Demos, die die Stadt je erlebt hat. 1500 Leute marschierten durch die Stadt, wobei Parolen an die Wände gesprüht wurden und Banken mit Farben beschmissen wurden.

Giannena: Kraftvolle Demo von 2000 Menschen mit unzähligen Parolen im Stadtzentrum.Auch Landwirte nahmen mit ihren Traktoren an der Demo teil.

Ähnliche Demos fanden auch in vielen anderen Städten, wie Kavala, Veria, Egio, Zakinthos, Corfu, Mitilini, Naksos, Rethimno, Serres, Sparta usw.  statt.

Weitere Videos: 1, 2

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