In der Nacht des 15. September fand die erste Motorrad-Patrouille durch Athens Zentrum mit der Verteilung von Flyern und dem Rufen von Protestparolen gegen neonazistische Angriffe statt. Am 22. September wurde eine weiterere Antifa-Motorrad-Demo erfolgreich durchgeführt.
Am Abend des Sonntag, 30. September, bewegte sich eine dritte antifaschistische Motorrad-Patrouille zu berüchtigten Orten in der Innenstadt und wurde bald durch den faschistischen Abschaum behindert. Daraufhin vermöbelten GenossInnen ungefähr drei Neonazis in der Nähe der Phylis Str. im Bezirk Aghios Panteleimonas (im Athener Zentrum). Gegen ca. 9:00 Uhr, als einer von den Faschisten noch verletzt am Boden lag, wurden die letzten Motorräder der Demo als Vergeltung von mehreren Schlägern der DELTA-Motorradeinheit angegriffen.
Fast alle der AntifaschisteÍnnen auf den Motorrädern wurden gejagt und angegriffen, zuerst in der Nähe des Amerikis Platz (nicht weit vom tansanischen Gemeindezentrum, das von FaschistInnen erst vor ein paar Tagen verwüstet wurde), dann auf der Alexandras Allee und schließlich als sie zurück nach Exarchia waren. Auch dort wurden ein paar Jugendliche von der Polizei verfolgt und festgenommen. Mehrere Motorräder wurden hinter sich gelassen und schließlich von der Polizei beschlagnahmt. Kurz danach versammelten sich viele GenossInnen in den zentralen Athener Squats, um die Leute zu verteidigen.
Unter einer unbestätigten Anzahl von GenossInnen, die durch Cops verletzt wurden, wurde ein Antifaschist schwer verletzt. Fast 23 Personen, die an der Aktion teilnahmen, wurden zunächst vermisst. Unter ihnen waren 15, die an verschiedenen Orten festgenommen und im Polizeipräsidium in der Alexandras Allee, ohne Zugang zu einem Anwalt, festgehalten wurden.
Zu einer Kundgebung wurde für Montag Mittag, dem 1. Oktober, an den Evelpidon-Gerichten in Solidarität mit den Verhafteten aufgerufen. Das Verfahren wurde verschoben und schließlich auf Donnerstag vertagt, während die Versammlung von mehr als 300 GenossInnen besucht wurde. Am Abend griffen verschiedene Polizeieinheiten die UnterstützerInnen vor dem Gerichtshof heftig an und verfolgten sie in die umliegenden Straßen, was zu zahlreichen Gewahrsamnahmen führte – vier wurden später in Verhaftungen umgewandelt.
AntifaschistInnenn, die an der Aktion teilgenommen haben, haben bisher noch nicht ihre eigene Version der Ereignisse veröffentlicht, erwähnten aber, dass mehr als 10.000 Euro für Gerichtskosten und Kaution zusammenkämen. Außerdem wurde am späten Mittochabend, 3.10., zu einer offenenen Versammlung im Polytechnikum aufgerufen, um über die neuesten Updates zu den 15 Verhafteten der antifaschistischen Interventionspatrouille (30.9.), den vier Verhafteten der Solidaritätsversammlung bei den Evelpidon-Gerichten (1.10.) und kommende Aktionen zu informieren. Die Veranstaltung wurde von mehr als 300 Anhängern besucht.
In der gleichen Nacht wurde ein Video der Intervention vom 30.9. veröffentlicht mit Aufnahmen kurz vor dem repressiven Schlag. Darüber hinaus haben alle 19 Geiseln in der Polizeidirektion eine erste Berichterstattung geschickt:
Dienstag, 3. Oktober 2012
Ein paar Worte aus den Arrestzellen in der 7. Etage des Athener Polizeipräsidium
Obwohl nun schon drei Tage seit unserer Verhaftung während der antifaschistischen Motorraddemo und der Flyerverteilung (am Sonntag 30/9) vergangen sind, denken wir, es ist gut, ein paar Dinge auch jetzt zu klären.
Nach einem öffentlichen Aufruf am Sonntag, 30.9., fand eine antifaschistische Motorrad-Demo und Flyerverteilung in der Innenstadt von Athen statt, die in Exarchia begann. Diese Demonstration war eine Reaktion auf faschistische Pogrome und Angriffen gegen MigrantInnen, die in mehreren Gebieten im Zentrum von Athen von faschistischen Banden ausgeführt wurden, welche sich als ‘Ausschüsse der Bewohner oder Ladenbesitzer’ tarnen und mit Hilfe von offiziellen staatlichen Banden handeln.
Im Moment sind wir nicht daran interessiert, das gegebene und triviale Verhältnis der Golden Dawn (Chrissi Avgi) mit der griechischen Polizei zu analysieren oder zu erklären.
Kurz nachdem die Patrouille von Mitgliedern der Golden Dawn (“Bürger”) angegriffen wurde, gab es einen Ansturm von Cops der DELTA Motorradeinheiten, die nicht nur dem Ende der Demo gefolgt waren, sondern auch in parallelen Gassen fuhren.
Am Ende wurden 15 antifaschistische KämpferInnen gefangen gefangen – sowohl Frauen als auch Männer. Sie wurden an verschiedenen Teilen ihres Körpers – Kopf, Arme und Beine – verletzt, während Cops auch Taser (Elektroschock-Waffen) verwendet.
Wir wurden in die 6. Etage des Athener Polizeipräsidium gebracht, vor die Abteilung des Staatsschutzes, wo unsere Nacht mit Schlägen, Drohungen, Haare ziehen und Verbrennungen von den DELTA-Teams, die Bilder für ihre privaten Fotoalben schossen, während sie uns beobachteten, begleitet wurde.
Drohungen wie “Jetzt, da wir wissen, wer ihr seid, werden wir euch wie eure Großeltern im Bürgerkrieg begraben” sind bezeichnend für den Terrorismus, den die idiotischen Prätoren der DELTA Teams auf uns auszuüben versuchten. Zur gleichen Zeit durften wir nicht mit RechtsanwältInnen oder ÄrztInnen in den darauf folgenden 19 Stunden kommunizieren. Am nächsten Tag, nachdem sie eine Vorführung von uns Verdächtigen mit der Aufnahme unserer Profile machten, brachten sie uns letztlich an die Gerichte dee ehemaligen Militärschule Evelpidon.
Während wir noch bei den Gerichten blieben, griffen Anti-Riot-Einheiten der Polizei die versammelten solidarischen Menschen an, verprügelten viele von ihnen heftig. Insgesamt 25 Personen wurden in Gewahrsam genommen und vier Festgenommene wurden schließlich angeklagt. Kurz nach ihrer Verhaftung wurden sie in die 6. Etage des Polizeipräsidiums überführt, wo die Cops ähnliche Maßnahmen der Einschüchterung, einschließlich demütigenden Leibesvisitationen, wie bei uns anwendeten. Nach einer beispiellosen rachsüchtigen Entscheidung wurde die vorübergehende Festnahme der vier Verhafteten für weitere drei Tage (bis Freitag) verlängert, während die vorübergehende Festnahme der 15 ersten Verhafteten bis Donnerstag verlängert wurde.
Sie brachten uns zu den Knastzellen in der 7. Etage des Polizeipräsidiums, in eine überfüllte Abteilung (ausgelegt für 30 Personen, während im Moment 80 Personen dort unter unglaublich erbärmlichen Bedingungen ‘leben’) und versuchten so, ‘unsere Standhaftigkeit zu brechen’. Allerdings stießen wir auch auf ein wirklich außergewöhnliches Gefühl der Solidarität von Menschen, die bis zu drei Monaten an diesem Ort “vergessen” wurden.
Inmitten der “wirtschaftlichen Krise”, wo mehr und mehr Menschen in Armut und Elend getrieben werden, wird der soziale Kannibalismus als Tugend belohnt, hebt der Faschismus seinen Kopf in unseren Gemeinden und Nachbarschaften, wird die staatliche Offensive auf allen Ebenen intensiviert; inmitten dieser Zeit sind jene Optionen, die Selbst-Organisation, Solidarität, Genossenschaft und direkte Aktionen fördern, Mittel, die nicht nur der Angst, die sie versuchen, auf unser Leben zu verhängen, widerstehen, sondern auch die Aussicht auf eine andere gesellschaftliche Organisation geben.
Du musst begreifen, worum es im Faschismus wirklich geht.
Faschismus wird nicht einfach von allein sterben; du musst ihn zerstören.
Gefangene vom 30.9. und 1.10.
(Einige unter uns, stolze Nachkommen der anarcho-kommunistischen Banditen (symmorites).