Bekennerschreiben zu der Bombe, die vor dem lokalen Hauptsitz der nationalistischen Partei in Aspropyrgos in den frühen Stunden des 4. Dezembers 2012 explodierte:
Die Antifaschistische Front / Informelle Anarchistische Föderation (Antifascist Front / Informal Anarchist Federation – FAI) übernimmt die Verantwortung für das Deponieren eines selbstgebauten Sprengkörpers vor den regionalen Büros der Chrissi Avgi (GM) im Vorort Aspropyrgos, am 17. km der Autobahn, die von Athen nach Korinth führt. Die besonderen Charakteristika der Örtlichkeit (es ist ein Gebiet mit fast keinem Verkehr – vor allem in den Abendstunden) gaben uns den Vorteil, den Sprengkörper ohne einen vorherigen Warnruf detonieren zu lassen – was die Cops vielleicht auch dazu veranlasst hätte, das Zündwerk, das wir genutzt habe, zu deaktivieren, um die Büros ihrer Kollaborateure und Freunde – die Schergen von GM – zu schützen.
Außerdem haben die GenossInnen, die den Sprengkörper gelegt haben, das Gebiet im Umkreis vor dem Angriff ausgekundschaftet, damit keine PassantInnen zu Schaden kommen würden. Es war nicht unsere Intention, Schaden am Etikettenladen im Erdgeschoss zu hinterlassen, da unser Ziel ausschließlich die Büros der GM im ersten Stock waren. Aber wir müssen klar sagen, dass jene, die tolerieren, im selben Haus wie die Faschos untergebracht zu sein, verantwortlich dafür sind, dass das Problem an ihre Hausschwelle gebracht wird. Demzufolge, sollten sie ihre Neonazi-Nachbarn nach einer Kompensation fragen.
Unsere Wahl für den Schlag fiel auf die Büros der GM, weil wir glauben, dass – wenn es um Faschos geht – zuerst gehandelt und nicht auf sie gewartet werden muss, um den ersten Schritt zu machen. Wir werden nicht solange rumlungern und nichts tun, während die Schlange schlüpft. Wir lehnen es ab, die Passivität der öffentlichen Anprangerung sowie die Rolle des ewigen Opfers zu akzeptieren, das den Mut zur offenen Konfrontation mit den Faschos nicht aufbringen kann. Wir verabscheuen die humanitäre Heuchelei und die berufliche Ehrbarkeit von PolitkerInnen und JournalistInnen, die GM dämonisieren, um die Demokratie der Demagogie zu segnen. Wir werden wütend mit jedem konstitutionellen Aufruf der Rechtmäßigkeit sowie jeder lächerlichen Bitte, dass »GM verboten werden soll.«
Die Illegalisierung der GM ist uns gleichgültig – sie muss vielmehr ausgelöscht werden. Nur dann wird Elias Kasidiaris, dieses verweichlichte Kind mit den tausend nervösen Ticks [sic], verstehen, dass er einen großen Fehler begeht, wenn er [als Sprecher der Partei] verlauten lässt, dass »weder Bomben noch Kugeln die Goldene Morgendämmerung aufhalten können.« Nebenbei bemerkt, haben große Worte noch niemandem geholfen.
Selbstverständlich sind wir uns dessen bewusst, dass die GM, abseits von einigen dutzend kahlgeschorenen Fleischköpfen mit einem Erdnuss-Gehirn, vielmehr über eine organisierte Parteistruktur verfügt (mitsamt der damit einhergehenden finanziellen Grundlage mehrerer Millionen Euro), sowie über eine breite Verwurzelung in einem Teil der griechischen Gesellschaft. Wir sind uns ebenfalls dessen bewusst, dass nicht jede/r unter den tausenden ihrer WählerΙnnen ein Neonazi ist. Ihre Wählerschaft ist das bizarre Mosaik eines konservativen Mobs, bestehend aus den Fossilien alter KämpferΙnnen aus der Zeit von Monarchie und Diktatur, verkommenen jungen Männern, die sich vom militärischen Lifestyle der GM angezogen fühlen, desillusionierten DemokratΙnnen, die durch die hartgekochte Oberfläche und den Populismus der Rechtsradikalen verblendet wurden, verarmte Subjekte deren letztes verbliebenes Eigentum ihre nationalistischen Wahnideen sind, verängstigte KleinbürgerΙnnen die ihren finanziellen Niedergang hasserfüllt auf die EinwandererΙnnen projiziert haben, sowie dutzende andere kränkelnde soziale Karrikaturen, die versuchen ihre Misere und Feigheit durch die Übernahme der Macho-Attitüde der Goldenen Morgendämmerung zu kompensieren.
Die Masse dieser WählerΙnnen sind keine Neonazis, was nicht bedeutet dass sie unschuldig sind. Sie sind einfach der Schwanz der Schlange. Natürlich gibt es auch für sie keine Immunität, doch der Kopf kommt zuerst an die Reihe.
Die GM bedient sich sehr oft einer systemkritischen Rhetorik, um diese Basis auf ihrer Seite zu halten. Diese »gegen das System« gerichtete GM ist dieselbe, die staatliche Finanzierung erfährt, die durch ein Mitglied der KYP [ehem. gr. Inlandsgeheimdienst] angeführt wird (tatsächlich stand Nikolaos Michaloliakos auf der offiziellen Gehaltsliste des griechischen Geheimdienstes in seiner ersten Phase), die aus Schlägern besteht, welche ihre eigenen Handlanger verraten – so geschehen im Fall von Haris Kousoumvris [der durch das Nazi-Gesindel auch denunziert wurde, nachdem er ein Buch mit dem Titel “Die Demontage des Mythos der Goldenen Morgendämmerung” veröffentlicht hatte] – einer Partei, die mit der Polizei Informationen über ihre neuen Rekruten austauscht, um eine Karte der »rechtsextremen Szene« zeichnen zu können. Es ist ebenso eine bekannte Tatsache, dass die GM, abseits ihrer inszenierten Scharmützel mit der Polizei, vielmehr in bestem freundschaftlichen Einvernehmen mit den Repressionsorganen handelt und in den Polizeikräften einen großen Teil ihrer WählerΙnnen rekrutiert. Mit der Polizei schützend im Rücken bewegen sie sich unbehelligt in den Straßen und stellen ihren Pseudo-Machismo zur Schau, indem sie leere Kästen umtreten die von migrantischen StraßenhändlerΙnnen benutzt werden, oder sie stechen ihre Feinde auf offener Straße nieder…
Die professionellen Hofnarren der Linken bilden hierbei in der Einwanderungsrfrage aktuell einen Gegenpol, der darauf hinausläuft den magischen Glanz des »Humanitarismus« zu verbreiten. Es darf auch im Umgang mit Flüchtlingen keine Verharmlosung von Schurkentum geben. Es kann für keinen Vergewaltiger eine Entschuldigung geben (gleichgültig ob diese Person »Grieche« ist oder »Immigrant«), ebenso wenig für jemanden, der andere fesselt, knebelt und foltert um ihnen etwas Geld abzunehmen anstatt eine Bank auszurauben. So wird jeder Konservatismus und sozialer Aufstieg des Faschos tatsächlich von einer rein defensiven linken und anarchistischen Rhetorik nur verstärkt, wie sie sich in vagen Verallgemeinerungen und Unschuldsvermutungen ausdrückt, z.B. in dem Slogan »wir sind alle EinwandererΙnnen.«
Ethnizität und Bevölkerungsvielfalt kann weder ein Kriterium für Schuld, noch eine Garantie für Unschuld sein. Jede Person muss aufgrund ihrer Entscheidungen und Taten beurteilt werden, nicht aufgrund von Rasse oder Hautfarbe.
Heute finden die Mitglieder der GM und ihre Gefolgschaft Zuflucht in der Feigheit des Patriotismus. Es ist die Ära des Zusammengehörigkeitsgefühls der Verängstigten. Die Antifaschistische Front/FAI bekämpft dieses Regime der Angst. In Abgrenzung zu jeder bürokratischen Plattform, jeder defensiven Haltung, gehen wir zum Angriff über. Wir erwarten von niemandem irgendetwas. Es gibt keine Entschuldigungen. Es ist an der Zeit, Passivität und Defätismus zu beenden. Wir greifen die Faschos an, auf allen Ebenen, mit allen Mitteln – mit Fäusten, Messern, Schraubenziehern, Feuer, Bomben und Kugeln…
Wir sind Kartographen, die die Bewegungen der GM-AnhängerΙnnen verfolgen, wir lauern ihnen auf, wir schlagen sie zusammen, wir lassen ihre Motorräder in Flammen aufgehen, und wir treiben ihnen ihr anmaßendes tyrannisches Verhalten aus. Besser wir schlagen sie jetzt zu Boden, bevor sie auf die Idee kommen auf ewig mit erhobenen Häuptern voranzuschreiten. Hier ist keine militärische Ausbildung nötig, lediglich Bewusstsein, Mut und Entschlossenheit… Es besteht ebenso keine Notwendigkeit von Lycophilie (falscher Freundschaft) oder irgendeines Abenteurertums zugunsten des opportunistischen Gewinns kurzlebiger Allianzen »gegen die faschistische Bedrohung«, die die GM lediglich als Gegenmacht zur Demokratie begreifen, um zugleich die parlamentarische Diktatur von allen ihren Verbrechen freizusprechen.
Nichtsdestotrotz besteht der gefährlichste Faschismus nicht ingestalt der kurzgeschorenen Donuts der GM, sondern in der Art des Faschismus, die nicht für jeden sichtbar ist. Der Faschismus, der sich hinter den samtweichen Höflichkeiten des demokratischen Totalitarismus verbirgt, der gesetzlich geschützte Faschismus der Bosse, multinationaler Konzerne, der Gerichte, Gefängnisse, der Armee, Polizei, des sterilen Schulregimes, der Kirche, der Gesetze, Verordnungen, der alltäglichen Kontrolle, Langeweile und Einsamkeit, die in den modernen Lagern der Metropolen vorherrschen. So sehr sie sich auch hinter ihren Uniformen und Waffen verbergen mögen, werden alle diese Tyrannen über unser Leben dennoch auf ewig in der Schusslinie der Antifaschistischen Front/FAI stehen.
Der Angriff gegen GM ist auch (obschon voreilig, vor dem Veröffentlichungsdatum) ein Gruß und eine aktive Teilnahme an dem Aufruf, den die Antizivilisatorische Fraktion der Earth Liberation Front (FAI) durch den doppelten Bombenangriff in Mexiko gemacht hat, indem sie zu einer International Direkten Aktionswoche für unseren anarchistischen Bruder Mario Lopez einlud, der dort gefangen gehalten wird.
Genossenschaftliche Grüße an all unsere Brüder und Schwestern, die die Informal Anarchist Federation Wirklichkeit werden lassen...
Soll unsere Aufruhr für Freiheit unsere Herzen entzünden.
DENK REVOLUTIONÄR — HANDLE OFFENSIV
Antifaschistische Front / Informelle Anarchistische Föderation-Internationale Revolutionäre Front [Antifascist Front / Informal Anarchist Federation-International Revolutionary Front (FAI-IRF)]
PS: Auch senden wir unsere konspirativen Grüße an all jene, die die Faschos angreifen – von Veria nach Patras und von Kreta und Agrinio nach Xanthi. Jeder Schlag gegen die Schergen von GM und jede Zerstörung ihrer Büros sind Teil der antifaschistischen Front. Faschismus kann nur mit Taten bekämpft werden, nicht mit Worten…
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