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Brüssel: Solidaritätsaufruf mit vier Menschen, die wegen der Zerstörung des Hochsicherheitsgefängnis-Modells angeklagt sind

maxi-modelIn seinem verrückten Wettrennen um Profit wirft der Kapitalismus mehr und mehr Menschen in die Prekarität und macht unsere Umwelt zunehmend unbewohnbar. Konfrontiert mit scheltender Wut und Elend, das sich überall hin ausbreitet, investiert der Staat in die Aufrechterhaltung der Ordnung und baut neue Knäste.

In einer Zeit, wo die Menschen dazu angehalten werden, ihre Gürtel enger zu schnallen, findet die Regierung Milliarden, um uns gar noch mehr mit dem Bau von Hochsicherheitsgefängnissen, wo sie mit neuen Formen der Folter experimentiert (wie Sensoren und dem Entzug von meschlichem Kontakt) zu belasten.

Für die herrschende Klasse ergibt sich ein zweifacher Vorteil: die Bauverträge ermöglichen saftige Profite und der bereits hoch entwickelte  Sicherheitsapparat erlaubt ihr, ihre Privilegien zu behalten und dieses unterdrückende und destruktive System aufrecht zu erhalten.

Der Masterplan der Regierung sieht den Bau von sieben neuen Gefängnis in Belgien vor. An einem von ihnen, dem Hochsicherheitsgefängnis, kristallisierte sich Opposition in den letzten Jahren heraus. Die Regierung plant, dieses Mammutgefängnis auf dem Gebiet von Keelbeek in Haren umzusetzen, was sich in den nördlichen Vororten von Brüssel befindet.

Einige Statistiken zu dem Hochsicherheitsprojekt: – Es wird für 1200 Gefangene ausgelegt (Männer, Frauen, Kinder und psychiatrisierte Menschen) – 19 Hektar Natur und landwirtschaftlich genutzter Boden wird betoniert – Eine 25 Jahre andauernde Private-Public Partnership, die mehr als 3 Milliarden kosten wird. Das bedeutet Mindestkosten von 275€ pro InsassIn. Mehr als 275€ werden dafür aufgebracht einen Menschen zu brechen! – Ein Ort jenseits des Zentrums von Brüssel, der schwer zu erreichen ist für die Familien der Einsitzenden.

Seit der Bekanntmachung des Baus des Hochsicherheitsgefängnisses waren die Reaktionen vielfältig. In Haren, informiert das Nachbarschaftkommitee die EinwohnerInnen und mobilisiert gegen das Projekt. Auf den Straßen von Brüssel erstart die Anti-Knast-Wut und davon inspirierte Gruppen streben danach, das Projekt durch eine Reihe von direkten Aktionen unmöglich zu machen. In Anderlecht, ist ein lokaler Raum für den Kampf gegen das Hochsicherheitsgefängnis eröffnet worden [Le Passage], um zu informieren und als Ort der Diskussion und Organisation zu dienen.
Während des Sommers 2014 wurde das Keelbeek Gelände besetzt, um die Fortführung des Projekts zu verhindern. Die Haren ZAD (Zone zur Verteidigung) wurde geboren. Neben den Baumhäusern und Gemüsegärten experimentierten die GegnerInnen mit anderen Lebensstilen auf Grundlage von Selbstverwaltung und Solidarität. Die Geländebesetzung endete im September 2015, nachdem die Räumung der BesetzerInnen gewaltsam von der Brüsseler Polizei durchgeführt wurde. Aber auch heute noch besetzen eine Hand voll rebellischer Menschen ein Gelände, das an Keelbeek angrenzt, und die verlassenen Häuser von Haren.

Dieser steigende breite Unmut regt durchkreuzt die Pläne der Regierung, die ihr Rudel von Wachhunden loslässt in einem Versuch, Widerspruch zu ersticken, Eine Reihe von kämpfenden GenossInnen macht Erfahrungen mit Razzien, Beschattungen, Einschüchterung und Infiltrationsversuchen. Im Angesicht der Standfestigkeit und Solidarität war die Repression allerdings machtlos.

Am 20. Mai 2015 wurde eine öffentliche Anhörung des Beratungskommitees über das Hochsicherheitsgefängnisprojekt in Haren durchgeführt. Die Meinung des Kommitees war nicht mal bindend, weshalb das Referendum viele Menschen nicht täuschen konnte. Am selben Tag entschieden sich ein dutzend Menschen daher, ihre Opposition zu diesem Projekt außerhalb der markierten Machtwege auszudrücken und demonstrierten innerhalb der Baudienststelle. Das Hochsicherheitsgefängnismodell, das in der Eingangshalle ausgestellt wurde, wurde bei dieser Aktion zerstört.

Diese Institution, die bis zum Hals korrupte Baudienststelle, ist verantwortlich für die Verwaltung des belgischen Staatseigentums und die Koordinierung des Baus von neuen Gefängnissen. Ohne auf Erlaubnis zu verwarten, versuchte die Baudienststelle wiederholt auf dem Keelbeek Gelände ihre Arbeiten zu beginnen. Aber jedes Mal wurde die Maschinerie von GegnerInnen zurückgewiesen.

Während ihr Projekt von allen Seiten bedroht wird, ergreifen die Mächtigen die Gelegenheit und so befinden sich vier von uns – in einem Versuch den Widerstand zu schwächen – auf der Anklagebank unter dem Vorwurf der “organisierten Zerstörung von Privateigentum”. Dies ist das erste Verfahren, die sich gegen eine Aktion gegen das Hochsicherheitsgefängnis richtet. Nach einer Vertagung wurde die erste Anhörung auf den 22. Januar 2016 vor dem Brüsseler Strafgericht angesetzt. Gemäß der Vorwürfe muss mit einem Strafmaß zwischen 1 und 5 Jahren Gefängnis gerechnet werden, während die Baudienststelle eine Schadensersatzforderung von 40.000€ gestellt hat.

Weit entfernt, uns zu paralysieren, stellt dieser Prozess eine Gelegenheit dar, unsere anti-autoritäre Position gegen jede Form der Herrschaft zu stärken, ob sie nun politisch, medial oder juristisch ist. Sie sind Teil des Problems und nicht der Lösung. Mit eurer Unterstützung wird dieser Prozess eine weitere Gelegenheit bieten, dem Knastsumpf einige Steine in den Weg zu legen und einige Zahnräder dieser Maschine zum Erliegen zu bringen.

Lasst uns den Kampf gegen die Knäste und die Welt, die sie beschützen, fortführen!

Um die anstehenden Rechtskosten zu decken, rufen wir euch zu finanzieller Unterstützung auf.

Wenn ihr ein paar Münzen aus euren Taschen zusammenkratzt oder sich bei einem Gruppentreffen eine Spendendose herumgeht, dann danken wir euch, wenn ihr sie über den folgenden Weg zu kommen lasst: BE66 5230 4745 8943 (Gebt als Verwendungszweck “soutien procès maquette” an [Modellprozess-Unterstützung]).

Stein für Stein
Mauer für Mauer
Lasst uns alle Knäste zerstören!

Die vier angeklagten Individuen
18. Januar 2016

übersetzt aus dem englischsprachigen Blog

[Belgien] An die Unkontrollierbaren

Ordnung muss herrschen: dies ist die Devise von jeder Macht. Und ihr Ordnung, die kennen wir: ihre Massaker an den Grenzen, ihre Ausbeutung bei der Arbeit, ihren Terror in den Gefängnissen, ihren Genozid in den Kriegen, ihre Vergiftung in unseren Lungen, ihre Verwüstung von allem, was schön und frei ist, ihre Ideologie in unseren Köpfen und ihre Erniedrigung in unseren Herzen. Und in Brüssel hat die Macht einen Gang höher geschaltet. Ob es die Läden für die Eurokraten oder die neuen Lofts für die Reichen sind, die Bullen, die sich vervielfachen wie Hasen, oder die Kameras, die wie Pilze aus dem Boden schiessen, die neuen Einkaufszentren oder die Stadtaufwertung, um die Kontrolle zu verstärken, die Mitteilung ist klar: Ordnung muss herrschen und die Armen, die Ausgeschlossenen, die Sans-Papiers, die Kriminellen, die Revoltierenden, wir sind unerwünscht in dieser Stadt, wir sind nur gut dafür, zu gehorchen, nur dafür, den Rücken zu beugen oder zu verrecken.

Heute ist eines der Scheinwerferprojekte der Macht in Brüssel der Bau von einem Maxi-Gefängnis, des grössten Gefängnisses der belgischen Geschichte. Der Schatten seiner Mauern und die Verzweiflung seiner Bunker drohen allen, die sich abrackern, um in dieser Welt zu überleben, die nicht in den Reihen bleiben, welche diese Welt auferlegt, die gegen die Unterdrückung revoltieren. Ein düsterer Ort, um die Unerwünschten beiseite zu stellen, jene, welche dem strahlenden Marsch der Ökonomie und der Macht schaden; ein Ort, der all jene Bauwerke wiederspiegelt, in denen sich die Gewalt der Macht konkretisiert, wie die geschlossenen Zentren für illegale Migranten, die psychiatrischen Kliniken, die Kommissariate… – und, wieso nicht, die Einkaufszentren, die Institutionen, die Strassen der Städte, die zu breiten Anbauten eines enormen Gefängnis unter offenem Himmel geworden sind.

Gegen dieses Maxi-Gefängnis zu kämpfen, heisst also, wieder den Geschmack der Freiheit zu finden. Seinen Bau zu verhindern, heisst, gegen den Marsch der Macht in Richtung immer mehr Kontrolle und Unterwerfung zuzuschlagen. Seine Realisierung zu sabotieren, heisst, gegen alles in den Kampf zu ziehen, was es repräsentiert, ein Kampf, der sich nicht auf die Legalität beschränken lässt, sondern sich mit allen Waffen ausrüstet, die er für angemessen hält. Es ist ein Kampf, den es selber zu führen gilt, auf selbstorganisierte und autonome Weise, ohne politische Parteien oder offizielle Organisationen, ohne gewählte oder werdende Politiker.

Die letzten Jahre von Kampf gegen dieses Maxi-Gefängnis sind ein Parcours gewesen, der von Kampfinitiativen in den Quartieren von Brüssel (fern von Scheinwerfern von Medien und vom Gestank der Institutionen), direkten Aktionen gegen die Verantwortlichen von diesem Projekt (Bauunternehmen, Architekten, Ingenieure, Politiker, Polizisten, Bürokraten) und Sabotagen in allen Ecken der Stadt und von Belgien durchsäht. Unkontrollierbar, weil sich nicht an die Grenzen haltend, die von dieser demokratischen Macht auferleget werden, unverwaltbar, weil aus der freien Initiative hervorkommend, welche keiner Hierarchie gehorcht, unregierbar, weil jeglichen Dialog mit der Macht verweigernd, um die Räume des wahren, freien Dialogs unter kämpfenden Personen wieder zu kreieren. Drei Charakteristiken, die mit keiner Macht werden vereinbar sein können, und die darin den süssen Geschmack und den stolzen Charm der Freiheit haben. Drei Charakteristiken, die in alle laufenden sozialen Konflikte einbrechen können, überall, wo sich die Demarkationslinie zwischen der Macht und jenen, die sich ihr entgegenstellen, abzeichnet, im Leben von jedem und jeder.

Und all dies gefällt der Macht nicht. Es gefällt ihr nicht, dass man das sagt, dass man darüber spricht, dass man das vorschlägt, dass man in diesem Sinne handelt. Wenn vor kaum einer Woche die Journalisten Tonnen von Scheisse über diesen Kampf gegen das Maxi-Gefängnis verschütteten (und somit gegen jede Person, die auf selbstorganisierte und autonome Weise gegen die Macht kämpft), so waren es am Mittwoch, dem 10. Juni 2015, die Bundespolizisten, die früh morgens die Türen von vier Häusern von kämpfenden Gefährten und des Passage, einem Lokal des Kampfes gegen das Maxi-Gefängnis in Anderlecht, einbrachen, um die Worte von Revolte zu durchsuchen und zu beschlagnahmen, welche die Macht nicht tolerieren könnte. Eine Repression, deren Ziel es deutlich ist, zu versuchen, diesen Kampf zu bremsen, dem es, durch das Wort und durch die Geste, durch das Flugblatt und durch das Feuer, durch die direkte Aktion und durch den Angriff, zu Tag wie zu Nacht, zu vielen oder zu wenigen, gelingt, sich einen Weg zu schlagen. Dieses Manöver der Bullerei spiegelt die Repression wieder, die der Alltag von allen Unerwünschten in Brüssel und in der genzen Welt ist: von den Foltern in den Kommissariaten bis zu den Morden in den Gefängnissen, von den im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen bis zu den durch die Arbeit und die Warenerstickung ausgelaugten und zerschindeten Leute.

Wenn die Macht Angst säht, um besser zu kontrollieren und zu herrschen, « c ’est reculer que d’être stationnaire* »: bekräftigen wir also die Freude, frei zu kämpfen, den Stolz der Ideen, die sich ihren tödlichen Werken entgegenstellen, und die Solidarität unter all jenen, die noch immer den Tram von einer Welt hegen, die der Macht entledigt ist. Setzen wir die Feindlichkeiten fort gegen alles, was uns erstickt.

Wir ziehen uns nicht zurück – greifen wir das Maxi-Gefängnis, seine Erbauer und seine Verteidiger an

Mut und Entschlossenheit all jenen, die gegen die Macht und für die Freiheit kämpfen

* eine Strophe des Liedes „Le triomphe de l’anarchie“ von Charles d’Avray (1878-1960): «stehen zu bleiben, bedeutet, einen Schritt zurück zu machen».

Quelle: La Cavale [Juni 2015] — auf Italienisch

Brüssel: “Anti-Terror” Durchsuchungen bei GefährtInnen und im Le Passage

An diesem Dienstag, den 10. Juni 2015, haben kurz vor 6 Uhr morgens verschiedene Gruppen der Antiterroreinheit vier Häuser von GefährtInnen sowie den Raum für den Kampf gegen das Maxi Gefängnis „Le Passage“ durchsucht. Diese Hausdurchsuchungen waren Teil einer Operation mit dem Namen “Cavale” („Auf der Flucht“).

6 GefährtInnen wurden aufs Büro der Bundespolizei mitgenommen und nach einer Befragung, während der niemand etwas zu sagen hatte, gegen 14 Uhr wieder entlassen.

Neben Computertechnik und Telefonen richtet sich die Aufmerksamkeit der Bullen vor allem auf Propagandamaterialien (Zeitschriften, Zeitungen, Plakate,…) welche genauesten geprüft und in vielen Fällen mitgenommen wurden.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt sieht es so aus, als ob diese Festnahmen die Folge einer im Jahre 2013 begonnenen Ermittlung sind, wobei es um “Anstiftung zum Begehen von terroristischen Taten” und “Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ” geht. Verantwortlich geleitet wird diese durch den Ermittlungsrichter De Coster.

Die reguläre Öffnung des Ladens “Le Passage” ist für diesen Mittwoch ab 17 Uhr gesichert und ein Infopoint ist für 19 Uhr geplant.

Immer im Kampf gegen das Gefängnisse und die Welt, die damit einhergeht.

La Lime ( Solidaritätfonds, um die Stäbe der Repression zu zersägen)

Brüssel: Versammlung aus Solidarität mit dem Kampf gegen das Maxi-Gefängnis

Versammlung aus Solidarität mit dem Kampf gegen das Maxi-Gefängnis und mit allen, die gegen Macht kämpfen.

Sonntag 14. Juni 13.00 Uhr – Clemenceau Metro, Anderlecht

Sabotage gegen das Maxi-Gefängnis, seinen Erbauern und VerteidigerInnen!

Angriff ist die beste Verteidigung!

Teile unsere Revolten und Wünsche nach Freiheit!

Aufruf auf Französisch