Tag Archives: Hausdurchsuchungen

Nachrichten aus der Schweiz (Repression Basel / Zürich)

dissonanzEingegangen am 4.8.

Ding-Dong – der Staat ist da

Am Sonntag, dem 10. Juli, kam es in Zürich und St. Gallen erneut zu Hausdurchsuchungen. Diesmal drei an der Zahl. Auf dem von der Staatsanwaltschaft Zürich autorisierten Durchsuchungsbefehl sei „Brandstiftung etc.“ als Grund angegeben gewesen, wie uns zugetragen wurde. In einer etwas ausführlicheren Erklärung des Durchsuchungsbefehls sei ersichtlich, dass es sich um einen angeblichen Brandanschlag auf die Funkstation Waidberg, 8037 Zürich handele, der in der Nacht auf denselben Sonntag getätigt worden sei.

Während die Hausdurchsuchungen in Zürich mit teils Uniformierten und teils Zivilen durchgeführt wurden, nutzte das St. Galler Sonderkommando den Moment gleich aus, um eine Trainingseinheit daraus zu machen: mit Rammbock, Sturmmasken und Maschinengewehren stürmten dutzende Möchtegern-Hollywood-Cops das zu durchsuchende Haus, zwangen die Bewohner, sich auf den Boden zu legen und durchwühlten jedes Zimmer von oben bis unten. Neben dem für sie unbefriedigenden Resultat – in allen drei Fällen mussten sie das Feld mit ungebrauchten Handschellen wieder räumen – zeigten sie mit dieser Aktion einmal mehr, wofür die Polizei effektiv steht: den repressiven Arm des Staates, mit allen Mitteln ausgerüstet, um ihn zu verteidigen und potentielle Feinde zu neutralisieren. Und unter diese Kategorie fallen all jene, die es nicht hinnehmen, eine unfehlbare Autorität über sich zu wissen; die es nicht hinnehmen, vom gesellschaftlichen Reichtum abgeschnitten zu sein; die es nicht hinnehmen, durch die Technologie entfremdet, vereinzelt und überwacht zu werden, während tagtäglich die Illusion von Verbundenheit, Glück und unbegrenzter Möglichkeit hochgehalten wird.

Sollte sich die Begründung des Durchsuchungsbefehls als faktisches Ereignis herausstellen, so gilt es, diesen Angriff zu verteidigen, der sich gegen jene Strukturen richtete, die dazu beitragen, unsere Autonomie in von Funksignalen beschallte Sklaverei zu verwandeln. Denn jeder Flächenbrand braucht einen Funken…

[Dissonanz, anarchistische Zeitung Nr. 32; 20. Juli 2016]

Erläuterungen zu den Hausdurchsuchungen in Zürich und St. Gallen
Am Sonntag dem 10. Juli wurden in Zürich und St. Gallen Hausdurchsuchungen durchgeführt (Dissonanz Nr. 32). Anlass dieser Durchsuchungen war die Suche nach möglichen Beweisen und einer spezifischen Person, die „dringend verdächtigt“ wird, einen „Brandanschlag auf die Funkstation Waidberg“ verübt zu haben. Während den Hausdurchsuchungen konnte die beschuldigte Person, ein anarchistischer Gefährte, nicht gefunden werden. Soweit es aktuell bekannt ist, wurde er bis heute nicht verhaftet. Der vorgeworfene Brandanschlag, von dem im Hausdurchsuchungsbefehl die Rede ist, wurde und wird von den Medien stillgeschwiegen.
Wir wünschen dem Gefährten viel Kraft auf seinem Weg ausserhalb der Klauen des Staates.

[Dissonanz, anarchistische Zeitung Nr. 33; 3.8.2016]


Updates zur Repression Basel

Sieben der am 24. Juni in Basel inhaftierten Gefährten befinden sich nach wie vor in Untersuchungshaft (Dissonanz Nr. 31). Erneut bewilligte der Haftrichter eine Verlängerung der Untersuchungshaft. In drei Fällen wurde die Untersuchungshaft um jeweils um 4-6 Wochen verlängert, für die weiteren vier Personen wird diese Woche entschieden werden.

Die Staatsanwaltschaft versucht mit allen Mitteln die Verhafteten zu isolieren und ihr Umfeld einzuschüchtern und zu schikanieren. In verschiedenen Fällen wurden Besuchsgesuche abgelehnt und die Antragsteller wurden vorgeladen. Zudem bekamen einzelne Personen unabhängig von Besuchsgesuchen eine Vorladung.

[Dissonanz Nr. 33, 3. August 2016]

auf italienisch

[Belgien] An die Unkontrollierbaren

Ordnung muss herrschen: dies ist die Devise von jeder Macht. Und ihr Ordnung, die kennen wir: ihre Massaker an den Grenzen, ihre Ausbeutung bei der Arbeit, ihren Terror in den Gefängnissen, ihren Genozid in den Kriegen, ihre Vergiftung in unseren Lungen, ihre Verwüstung von allem, was schön und frei ist, ihre Ideologie in unseren Köpfen und ihre Erniedrigung in unseren Herzen. Und in Brüssel hat die Macht einen Gang höher geschaltet. Ob es die Läden für die Eurokraten oder die neuen Lofts für die Reichen sind, die Bullen, die sich vervielfachen wie Hasen, oder die Kameras, die wie Pilze aus dem Boden schiessen, die neuen Einkaufszentren oder die Stadtaufwertung, um die Kontrolle zu verstärken, die Mitteilung ist klar: Ordnung muss herrschen und die Armen, die Ausgeschlossenen, die Sans-Papiers, die Kriminellen, die Revoltierenden, wir sind unerwünscht in dieser Stadt, wir sind nur gut dafür, zu gehorchen, nur dafür, den Rücken zu beugen oder zu verrecken.

Heute ist eines der Scheinwerferprojekte der Macht in Brüssel der Bau von einem Maxi-Gefängnis, des grössten Gefängnisses der belgischen Geschichte. Der Schatten seiner Mauern und die Verzweiflung seiner Bunker drohen allen, die sich abrackern, um in dieser Welt zu überleben, die nicht in den Reihen bleiben, welche diese Welt auferlegt, die gegen die Unterdrückung revoltieren. Ein düsterer Ort, um die Unerwünschten beiseite zu stellen, jene, welche dem strahlenden Marsch der Ökonomie und der Macht schaden; ein Ort, der all jene Bauwerke wiederspiegelt, in denen sich die Gewalt der Macht konkretisiert, wie die geschlossenen Zentren für illegale Migranten, die psychiatrischen Kliniken, die Kommissariate… – und, wieso nicht, die Einkaufszentren, die Institutionen, die Strassen der Städte, die zu breiten Anbauten eines enormen Gefängnis unter offenem Himmel geworden sind.

Gegen dieses Maxi-Gefängnis zu kämpfen, heisst also, wieder den Geschmack der Freiheit zu finden. Seinen Bau zu verhindern, heisst, gegen den Marsch der Macht in Richtung immer mehr Kontrolle und Unterwerfung zuzuschlagen. Seine Realisierung zu sabotieren, heisst, gegen alles in den Kampf zu ziehen, was es repräsentiert, ein Kampf, der sich nicht auf die Legalität beschränken lässt, sondern sich mit allen Waffen ausrüstet, die er für angemessen hält. Es ist ein Kampf, den es selber zu führen gilt, auf selbstorganisierte und autonome Weise, ohne politische Parteien oder offizielle Organisationen, ohne gewählte oder werdende Politiker.

Die letzten Jahre von Kampf gegen dieses Maxi-Gefängnis sind ein Parcours gewesen, der von Kampfinitiativen in den Quartieren von Brüssel (fern von Scheinwerfern von Medien und vom Gestank der Institutionen), direkten Aktionen gegen die Verantwortlichen von diesem Projekt (Bauunternehmen, Architekten, Ingenieure, Politiker, Polizisten, Bürokraten) und Sabotagen in allen Ecken der Stadt und von Belgien durchsäht. Unkontrollierbar, weil sich nicht an die Grenzen haltend, die von dieser demokratischen Macht auferleget werden, unverwaltbar, weil aus der freien Initiative hervorkommend, welche keiner Hierarchie gehorcht, unregierbar, weil jeglichen Dialog mit der Macht verweigernd, um die Räume des wahren, freien Dialogs unter kämpfenden Personen wieder zu kreieren. Drei Charakteristiken, die mit keiner Macht werden vereinbar sein können, und die darin den süssen Geschmack und den stolzen Charm der Freiheit haben. Drei Charakteristiken, die in alle laufenden sozialen Konflikte einbrechen können, überall, wo sich die Demarkationslinie zwischen der Macht und jenen, die sich ihr entgegenstellen, abzeichnet, im Leben von jedem und jeder.

Und all dies gefällt der Macht nicht. Es gefällt ihr nicht, dass man das sagt, dass man darüber spricht, dass man das vorschlägt, dass man in diesem Sinne handelt. Wenn vor kaum einer Woche die Journalisten Tonnen von Scheisse über diesen Kampf gegen das Maxi-Gefängnis verschütteten (und somit gegen jede Person, die auf selbstorganisierte und autonome Weise gegen die Macht kämpft), so waren es am Mittwoch, dem 10. Juni 2015, die Bundespolizisten, die früh morgens die Türen von vier Häusern von kämpfenden Gefährten und des Passage, einem Lokal des Kampfes gegen das Maxi-Gefängnis in Anderlecht, einbrachen, um die Worte von Revolte zu durchsuchen und zu beschlagnahmen, welche die Macht nicht tolerieren könnte. Eine Repression, deren Ziel es deutlich ist, zu versuchen, diesen Kampf zu bremsen, dem es, durch das Wort und durch die Geste, durch das Flugblatt und durch das Feuer, durch die direkte Aktion und durch den Angriff, zu Tag wie zu Nacht, zu vielen oder zu wenigen, gelingt, sich einen Weg zu schlagen. Dieses Manöver der Bullerei spiegelt die Repression wieder, die der Alltag von allen Unerwünschten in Brüssel und in der genzen Welt ist: von den Foltern in den Kommissariaten bis zu den Morden in den Gefängnissen, von den im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen bis zu den durch die Arbeit und die Warenerstickung ausgelaugten und zerschindeten Leute.

Wenn die Macht Angst säht, um besser zu kontrollieren und zu herrschen, « c ’est reculer que d’être stationnaire* »: bekräftigen wir also die Freude, frei zu kämpfen, den Stolz der Ideen, die sich ihren tödlichen Werken entgegenstellen, und die Solidarität unter all jenen, die noch immer den Tram von einer Welt hegen, die der Macht entledigt ist. Setzen wir die Feindlichkeiten fort gegen alles, was uns erstickt.

Wir ziehen uns nicht zurück – greifen wir das Maxi-Gefängnis, seine Erbauer und seine Verteidiger an

Mut und Entschlossenheit all jenen, die gegen die Macht und für die Freiheit kämpfen

* eine Strophe des Liedes „Le triomphe de l’anarchie“ von Charles d’Avray (1878-1960): «stehen zu bleiben, bedeutet, einen Schritt zurück zu machen».

Quelle: La Cavale [Juni 2015] — auf Italienisch

Brüssel: “Anti-Terror” Durchsuchungen bei GefährtInnen und im Le Passage

An diesem Dienstag, den 10. Juni 2015, haben kurz vor 6 Uhr morgens verschiedene Gruppen der Antiterroreinheit vier Häuser von GefährtInnen sowie den Raum für den Kampf gegen das Maxi Gefängnis „Le Passage“ durchsucht. Diese Hausdurchsuchungen waren Teil einer Operation mit dem Namen “Cavale” („Auf der Flucht“).

6 GefährtInnen wurden aufs Büro der Bundespolizei mitgenommen und nach einer Befragung, während der niemand etwas zu sagen hatte, gegen 14 Uhr wieder entlassen.

Neben Computertechnik und Telefonen richtet sich die Aufmerksamkeit der Bullen vor allem auf Propagandamaterialien (Zeitschriften, Zeitungen, Plakate,…) welche genauesten geprüft und in vielen Fällen mitgenommen wurden.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt sieht es so aus, als ob diese Festnahmen die Folge einer im Jahre 2013 begonnenen Ermittlung sind, wobei es um “Anstiftung zum Begehen von terroristischen Taten” und “Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ” geht. Verantwortlich geleitet wird diese durch den Ermittlungsrichter De Coster.

Die reguläre Öffnung des Ladens “Le Passage” ist für diesen Mittwoch ab 17 Uhr gesichert und ein Infopoint ist für 19 Uhr geplant.

Immer im Kampf gegen das Gefängnisse und die Welt, die damit einhergeht.

La Lime ( Solidaritätfonds, um die Stäbe der Repression zu zersägen)

Razzien in ganz Italien aufgrund der Auseinandersetzungen am 15. Oktober in Rom

Aktuelles aus Rom: Es wurde bekanntgegeben, dass die Anhörungen am heutigen Morgen die Verhaftungen von 12 DemonstrantInnen zur Folge hatten. Es war nicht für´s Schnellverfahren, sondern es wurden „Vorbeugender Maßnahmen“ im Gefängnis geprüft.

Die Zwölf sind in den Gefängnissen von Rebibbia and Regina Coeli inhaftiert: Wir bemühen uns ihre Adressen in Erfahrung zu bringen, um ihnen schreiben zu können.

Anscheinend, wurden alle Durchsuchungen unter Anwendung des sogenannten „Gesetzes zur öffentlichen Sicherheit“ 41 TULPS  (hier: Waffen und Sprengstoffe) durchgeführt. In allen Häuseren wurde Kleidung und Druckmaterialien angesehen, fotografiert oder beschlagnahmt. Nur in Rom wurde Computerausrüstung konfisziert (PCs, Festplatten, Speicher), was theoretisch eine Handlung darstellt, die nicht im Rahmen des 41 TULPS erlaubt ist.

Lecce:Am Morgen gab es zwei Razzien bei Kollegas, ohne Durchsuchungsbefehl, aber unter Anwendung des Artikels 41 TULPS. Hier suchte die Polizei im Zusammenhang mit der Demonstration in Rom nach “Waffen”.

Cosenza: Razzia bei 8 Leuten, die offenbar bei allen ergebnislos verlief.

Razzien wurden auch für Teramo, Neapel (hier waren nach bisher unbestätigten Meldungen 10 Leute betroffen) und Florenz (gegen 14 Kollegas) durchgeführt.

Ebenfalls in Florenz haben die BesetzerInnen des besetzten “La Riottosa” den Morgen, trotz Einschüchterungsversuchen und Drohungen auf dem Dach verbracht, um gegen die repressive Operation zu widerstehen.

Razzien wurden für Rovereto bestätigt (2 Häuser), Mailand (6, die noch bestätigt werden müssen), Senigallia (2), Livorno (2 Häuser)  und Palermo (4), Rom (6) und Bologna (6 oder 8 – noch zu bestätigen), die ebenfalls mit Fotografieren bzw. Beschlagnahme von Kleidung einhergehen.

Kein Kollega lässt sich unterdrücken!

Quellen: informa-azione, 17. Oktober 2011 / culmine