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Griechenland: Wut in den Straßen Athens

Riots am 12. November:

Ausschreitungen brachen am 12. November 2015 im Zentrum Athens aus, dem Tag des Generalstreiks. Vor der morgendlichen Demonstration, jagden vermummte Protestierende eine Gruppe uniformierter Bullen, die zu Fuß in der Nähe des Archäologischen Museums patroullierten und mischten mindestens ein Pig auf. Kurz hinter dem Omonia Platz wurde eine Filiale der Bazaar Supermarktkette, die trotz Generalstreik geöffnet hatte, auseinandergenommen, bis die Geschäftsführenden die Rollläden runterließen. Ein Stück weiter, in der Nähe des Parlamentgebäudes, wurde ein Mini-Van der OTE Telekommunikation abgefackelt. Aufständische zerstörten Straßenausstattung (Bushaltestellen, Ampeln usw.) und sprühten anarchistische Slogans auf die Wände entlang der Stadiou Str.

Am Syntagma Platz wurden die Anti-Riot Einheiten der MAT , die das Luxushotel Grande Bretagne bewachten, mit Mollies angegriffen. An der unteren Seite des Syntagma wurde das Wirtschaftsministerium ebenfalls mit Mollies angegriffen. An der oberen Seite, direkt vor dem Parlament, wurde eine riesige griechische Fahne entwendet; die PatriotInnen, die versuchten sie zurückzunehmen, wurden (mehrmals) zurückgeschlagen. Ihr dreckiger Lappen (die Fahne) wurde später angezündet. Ein zügiger Molotow-Angriff wurde gegen die Anti-Riot Einheiten neben dem Denkmal des Unbekannten Soldaten ausgeführt. Als die Demonstration sich ihrem Ende näherte, wurde die Griechische Nationalband in der Panepistimiou Str. mit Feuer angegriffen und Auseinandersetzungen mit den Cops fanden in der Nähe der Propylea statt. Dies sind nur einige wenige Momente, die wir selbst erlebten, gemeinsam mit unseren GefährtInnen. Es wurde von keinen Festnahmen oder verletzten Protestierenden berichtet.

Unter den vielen Slogans wurde gerufen: “Indem wir den Schwarzen Dezember informell und insurrektionalistisch organisieren, breitet er sich über die ganze Welt aus” (das reimt sich zwar nicht im Deutschen, aber es zegt, dass wir uns hier aufwärmen).

Einige Individuen, die sich den Auseinandersetzungen im Athener Zentrum anschlossen, veröffentlichten einen Text und gaben bekannt: “Am 12. November nahmen auch wir am Generalstreik teil mit dem klaren Ziel der direkten Auseinandersetzung; ein Zusammenstoß, den wir nicht in den Kontext rahmten, ArbeiterInnenrechte oder irgendeine Art von Humanisierung dieses Systems wiederzuerlangen. Wir suchten die Auseinandersetzung mit dem Ziel, unsere insurrektionalistische Praxis hervorzuheben, um sie zu schärfen und auszudehnen im Angesicht jeder autoritären Institution oder Beziehung. (…) Wir rufen auch für einen Schwarzen Dezember auf, für die Koordination und Organisation der insurrektionalistischen, polymorphen Anarchie. Diskurs ohne Praxis ist nicht mehr verwaist als Praxis ohne Diskurs. (Unterschrieben mit): Eine “Eine Straßengruppe”

Riots am 17. November

Der diesjährige 17. November markierte den 30. Jahrestag des Mordes an dem 15-jährigen Michalis Kaltezas, der von dem Polizisten Athanassios Melistas auf dem Bürgersteig in der Stournari Str. erschossen wurde. Am 17. November 1985 wurde Michalis von einer Polizeikugel von hinten in den Kopf getötet als er Richtung Exarchia Platz mit anderen AnarchistInnen und Aufständischen gerannt ist, die einen Polizeibus der MAT mit Molotow Cocktails angriffen.

Am 17. November 2015 nach dem jährlichen Gedenken an den Aufstand im Polytechnio gegen das Regime der Obristen und nachdem die friedliche Demonstration in Athen beendet wurde, zogen mehrere hundert vermummte Aufständische durch die Straßen Exarchias und lieferten sich Auseinandersetzungen mit den Polizeikräften von 20:00 Uhr bis in die frühen Stunden des 18. November. Die Aufständischen nutzten alle möglichen Materialien – Steine, Knüppel, Molotow-Cocktails, Leuchtmunition usw. – um die Anti-Riot Einheiten und Gruppen von Zivilpolizisten anzugreifen. Weiterhin wurde ein Auto in der Stournari Str. abgefackelt. In dieser Nacht stürmten inmitten von brennenden Barrikaden und Tränengaswolken Aufständische einen Bazaar Supermarkt in der Soultani Str. und plünderten und verwüsteten den Laden vollkommen.

Mindestens sechs Leute wurden im Zentrum verhaftet vor der Demo und während der späteren Ausschreitungen.

Einige Slogans, die in Exarchia gerufen wurden:
“Das ist richtig, das ist richtig, Schüsse aus der Kalashnikov, damit ihr es euch merkt”

“Mensch kniet nicht vor der Demokratie – Verschwörung der Feuerzellen”

“Dreckskerle, Denunzianten, Journalisten”

“Bullen Schweine Mörder”

“Eins-Drei, Christos Tsoutsouvis” (Im Gedenken an den verstorbenen Stadtguerilla Christos Tsoutsouvis, der von drei Cops am 15. Mai 1985 in Athen exekutiert wurde, nachdem er in einem Schusswechsel in der Nachbarschaft Gyzi von Polizeikugeln getroffen wurde)

Filmmaterial von den GenossInnen von ALFA TV

Griechenland: Versammlungen/Demonstrationen zum 17. November

Es existiert ein Bericht auf Indymedia Athen, dass ein Demonstrant schwer verletzt wurde. Beide Beine sind gebrochen, er hat außerdem noch weitere Verletzungen, auch Kopfverletzungen. Anscheindend ist er, während er von den DIAS-Motorradbullen durch die Straßen Kolonakis gejagt wurde, aus einer größeren Höhe heruntergefallen.

Es gibt einigen Hickhack zwischen den Kolleg@s, die aus Solidarität mit dem Schwerverletzten ins Krankenhaus gekommen sind und den Bullen, die dort auch vor Ort sind.

17:30 MEZ Die Leute errichteten brennende Barrikaden auf der Alexandras Straße. Davor wurde eine Trennwand der Polizei vor dem EU-Gebäude in der Vasilissis – Sofias – Allee in Brand gesetzt. Die Straßenlaternen vor der Amerikanischen Botschaft waren ausgeschaltet, die meisten Demoblöcke haben diesen Ort schon verlassen. Die KKE/PAME-Blöcke bewegen sich immernoch Richtung Botschaft durch die Vasilissis Sofia Allee. Auf dem nahegelegenen Maviliplatz gibt es Zusammenstöße zwischen DemonstrantInnen und Bullen, Barrikaden werden errichtet.

Während wir dieses hier schreiben (16:20 MEZ), finden vor dem Parlament kleinere Auseinandersetzungen zwischen den Bullen und DemonstrantInnen (die meisten von den anarchistischen/antiautoritären Blöcken) statt, es wurden mehrere Festnahmen gemeldet. Immernoch kommen neue DemonstrantInnen auf die Straßen; die Demo startete vom Klafthmonos-Platz, ohne dass sich soviele wie erwartet daran beteiligten. Vorher setzten die Bullen Tränengas auf dem Syntagmaplatz und in Exarchia ein. Das zum Polytechnikum gehörende Gebäude Patission Straße und der gesamte Umkreis scheint durch Polizeieinheiten abgesperrt zu sein. Laut der Liveberichterstattung des Radios 98 FM, soll es bereits ungefähr 100 Festgenommene geben, unter ihnen AnarchistInnen – wahrscheinlich sind auch Aris Seirinidis und seine Mutter unter ihnen. Es wurden viele Menschen verhaftet, sogar vor ihren Wohnhäusern. Die Bullen sind buchstäblich überall. Am Syntagmaplatz sperrten sie im früheren Verlauf die Georgiou Straße ab, während die DemonstrantInnen versuchten dort durchzukommen, um so wie jedes Jahr die US-Botschaft zu erreichen. Im Gegensatz dazu wurde einigen parteinahen Blöcken (u. a. der PASOK nahestehende) von Beginn an erlaubt, zu ihrem Versammlungsort vor der US-Botschaft zu kommen.

Den obligatorischen Polizeizaun vor dem Parlament gibt es heute scheinbar nicht. Erst jetzt! ist es DemonstrantInnen erlaubt, den gesamten Weg vom Syntagmaplatz zur US-Botschaft zu gehen. Laut früheren Berichten, wurde der Block der Anarchistischen Archivgruppe auf dem Syntagmaplatz von Bullen eingekesselt.

Es wird von durchgehenden Polizeikontrollen berichtet. Schätzungsweise 7.000 Polizeischläger wurden auf die Athener Straßen gesandt, im Zentrum sind die Haupverkehrswege und U-Bahnstationen gesperrt/geschlossen. Die StalinistInnen der KKE versammeln sich auf dem Omoniaplatz.

In Ano Glyfada haben sich gerade fast 150 Leute auf dem Aghios Tryphonasplatz versammelt, wo ein Soundsystem aufgebaut ist.

Das Bild ist von der Sponti heute morgen, als fast 100 SchülerInnen in Gedenken an den Polytechnikum Aufstand 1973 durch den Bezirk Zografou zogen. Die SchülerInnen riefen Parolen gegen FaschistInnen, Kürzungsmaßnahmen und IWF. Die Mobilisierung wurde von den EinwohnerInnen gut aufgenommen.

Patras: In der Corinthou- und der Ermoustraße kam es heute morgen zu Zusammenstößen zwischen antiautoritären OberschülerInnen und Polizeieinheiten. Die SchülerInnen griffen das Rathaus mit Farbbeuteln an.

In Thessaloniki sollten DemonstranntInnen sehr gut auf sich aufpassen, wenn sie in die Nähe des Polytechnikum gelangen. Im früheren Tagesverlauf kam es dort zu mehreren Festnahmen. Das Gelände rund um die Uni ist durch StalinistInnen der KNAT und Polizeimannschaften abgesperrt.

Einen Ticker (engl.) von den Demos zum 17. November findet ihr auf Occupied London

Wir verweisen auch auf unsere Seite zum historischen Hintergrund und einen Text zum Tode des 15-jährigen Schülers Michalis Kaltezas, der im Jahre 1985 auf einer Gedenkdemo zum 17. November von der Polizei erschossen wurde.