Tag Archives: Staatsterrorismus

Spanischsprachiges Flugblatt über den Kampf im Hambacher Wald und Solidaritätsmöglichkeiten

Der Kampf zur Verteidigung des Hambacher Waldes

erhalten am 27.9.2018

PDF des Flugblattes

Das Flugblatt geht kurz auf die Hintergründe der Verteidigung des Hambacher Waldes gegen den durch RWE zur verantwortenden und staatlich durchgesetzten Braunkohletagbau ein. Weiterhin werden u.a.  Auswirkungen, Widerstandsformen, lokale und dezentrale Solidaritätsmöglichkeiten benannt. Das Pamphlet schließt mit den Parolen:

Bekämpft diejenigen, die die Erde zerstören!

Solidarität mit den Kämpfer*innen des Hambacher Waldes und Direkte Aktion

Für die Zerstörung des Kapitalismus, des Staates und seine Welt des Elends!

Als weitere Informationsmöglicheiten werden folgende Internetangebote vorgestellt:

contramadriz.espivblogs.net – Webseite, die spanischsprachige Übersetzungen und Informationen im Zusammenhang mit dem Kampf um den Wald veröffentlicht.

bosquehambachforest.org/– Mit aktuellen und ausführlicheren Informationen über die Aktion im Wald in verschiedenen Sprachen.Ständige Aktualisierungen.

enoughisenough14.org –  Aktuelle englischsprachige  Informationen und große Anzahl von Bildern und Videos zum Thema

abcrhineland.blackblogs.org – zweisprachiger Blog (deutsch / englisch) von Anarchist Black Cross Rheinland. Gruppe zur Unterstützung der im Kampf für den Wald Ingewahrsamgenommenen und Inhaftierten.

11. Juni: Internationaler Tag der Solidarität mit Marius Mason und den anarchistischen Langzeitgefangenen

Freiheit für Marius und alle Gefangenen

Marius Mason ist ein Transgender – Anarchist, Umweltschützer und Tierrechtsgefangener. Aufgrund von Sabotage und Brandstiftung, als Teil des Kampfes gegen Umweltzerstörung und alle Formen von Herrschaft, wurde Marius,  während einer Phase gezielter Repression verhaftet, die als “Green Scare” (grüne Angst) bekannt wurde. Er sitzt eine 22-jährige Haftstrafe ab. Die “grüne Angst” war ein Moment verstärkter staatlicher Repression gegen die Tierbefreiungs- und Umweltschutzbewegung, Ende der 2000er Jahre. Die Schaffung besonderer  anti-terroristischer Gesetze wurde dazu genutzt, um die Taten  weiter zu kriminalisieren, die sonst mit  der Begründung, dass die Beschuldigten politische Motive gehabt haben, zu niedrigeren Strafen geführt hätten.

Es ist wichtig, sich an unsere Freund*innen zu erinnern, die  der Staat entführt hat. Die Repression versucht Leute wegzuschließen und zu trennen. Durch das Durchbrechen der Isolation und der Weiterführung des Kampfes (an dem die Gefangenen außerhalb der Mauern beteiligt waren und den viele im Gefängnis weiterführen), zerschlagen wir die Gefängnisgesellschaft, die unser Leben dominiert.

Für mehr Informationen über Marius Mason und die “Grüne Angst” besucht die englischsprachigen Seiten von june11.org und supportmariusmason.org

Lissabon, Portugal: Versammlung vor der spanischen Botschaft am 13. März 2018

Gegen eure Repression, gegen eure Demokratie. Wir sind unregierbar.

erhalten am 15.3.18

Versammlung am 13. März in Lissabon, anlässlich der Repression im Spanischen Staat.

Am 13. März versammelten sich ca. 30 Leute vor der Spanischen Botschaft in Lissabon um gegen die Repression zu protestieren, die im Spanischen Staat ausgeübt wird und aus Solidarität mit allen, aufgrund der Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung, Verhafteten und Verfolgten. Auf dem vor der Botschaft angebrachte Transparent war zu lesen: Gegen eure Repression, gegen eure Demokratie, wir sind unregierbar” Über ein Megaphon ertönte kämpferische Musik und anti-autoritäre Parolen und informative Flyer, mit dem folgenden Text, wurden verteilt:

Gegen Repression, Solidarität und Aufstand!

In den letzten Wochen hat der Spanische Staat wieder einmal seinen grundsätzlich repressiven und faschistischen Charakter gezeigt. Mehrere Musiker*innen wurden wegen Beleidigung der Monarchie und Verherrlichung des Terrorismus zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt. Andere wiederum, wurden aufgrund von Beiträgen in einigen “Sozialen” Netzwerken angeklagt und verurteilt. Zudem hat es die Zensur einer Ausstellung zu politischen Gefangenen auf der größten Kunstausstellung in Madrid gegeben.

Seit der Verkündigung des Knebelgesetzes “Ley Mordaza im Jahre 2013 (Einführung im Juli 2015), befindet sich der Spanische Staat im unerklärten Ausnahmezustand, wo bereits die bloße kritische Meinungsäußerung gegen das Regime zu schweren Strafen führt. In einer Zeit, in der soziale Bewegungen und Graswurzelbewegungen starken Zulauf erhalten haben, soll in der Gesellschaft ein Klima der Angst erzeugt werden, Durch die Spanische Nationalpolizei wurde sogar ein Netzwerk mit dem Namen “Stoppt Radikalismus” geschaffen, das im im besten Stile eines totalitären Staates eintsprechend, zur willkürlichen Denunzation von irgendwelchen Leuten aus ideologischen Gründen ermutigt.

Seit der Einführung der Demokratie war dieser Ausnahmezustand bereits Alltagssituation in Regionen, wie das Baskenland, wo, im Zusammenhang mit einem historischen Konflikt, der Übergang zur Demokratie, niemals die Forsetzung eines zentralisierten, imperialistischen und stark repressiven Staatsprojekt verschleiert hat.

Dieser Trend des Anstiegs und Normalisierung der Repression, betrifft nicht nur auschließlich den Spanischen Staat. In Frankreich wurde, der durch die Angriffe des Jahres 2015 begründete Ausnahmezustand,durch die neuen Anti-Terror-Gesetzte der Regierung Macrons, zu einem Dauerzustand.

Die Verfolgung, von der gewöhnlich Minderheiten politischer Dissident*innen, wie Anarchist*innen, Separatist*innen oder jede andere Art von Militanten oder sozialer Aktivistinnen betroffen waren, wird für alle zur Regel, die es wagen, eine Denkweise öffentlich zugänglich zu machen, die die Grundlagen des kapitalistische Systems in Frage stellt, ihre repressiven Strukturen beklagt und es riskiert, neue Formen der sozialen Organisierung einzubringen.

Diese Situation belegt, dass diese Demokratie (über die so viele Verteitiger*Innen der Freiheit reden), und Dikatur, als wechselnde Methode, ein System der Herrschaft (Kapitalismus) aufrechtzuerhalten, zwei Seiten derselben Medaille sind, dessen eigentlichers Ziel es ist, sich selbst zu vervielfältigen.

Gegen eure Polizei, eure Richter*innen, eure Medien. Wir werden immer unregierbar sein.

auf portugiesisch

Mendoza, Argentinien: Neue Version des Songs (Rap) von Santiago Maldonado

Der vom ermordeten Santiago Maldonado eingesungene RAP-Song ist in der alten Fassung nicht mehr Online. Eine neue Version, die von Gefährt*innen aus Mendoza (dieses Mal als Video) erstellt wurde,  erreichte uns mit dem Hinweis, “Die  Macht ist niederträchtig!” und der Parole: VIVA LA ANARQUIA!!! (Es lebe die Anarchie).

Argentinien: ¡Santiago presente! (Santiago ist anwesend)

Am Staat klebt Blut, Rache für Santi Für jede(n) toten Anarchist*in, werden tausend neu geboren

Der Mord an Santiago Maldonado hat eine Reihe von Aktionen in Argentinien ausgelöst. Santiago verschwand, von der Gendarmerie entführt, am 1. August. Am 20. Oktober wurde bestätigt, dass es sich bei der gefundenen Leiche um unseren Gefährten Santiago Maldonado handelt. Wir hoffen, dass die Schuldigen die schlimmste Rache erleiden werden.

Tod dem mörderischen Staat. Santiago ist anwesend!


Heute, wie letzte Nacht, gehen wir auf die Straße. “Santiago ist anwesend!”

Jetzt bist du Teil der Erde, die du so geliebt hast.

Traurig sind die Stunden, die wir erleben. Am 20. Oktober, bestätigte Sergio Maldonado, wovor wir uns so fürchteten. Der von der Gendamerie im Fluss Chubut abgelegte Körper, ist der Gefährte Maldonado.

Die Gendarmerie ist verantwortlich. Der Staat ist verantwortlich. Weil sie es waren, die ihn aus dem rebellischen Gebiet von Cushamen am 1. August mitgenommen haben.

Santiago Maldonado ist nicht länger ein Vermisster, jetzt ist er ein Ermorderter. Aber wir dürfen das Wichtigste nie vergessen. Santago Maldonado wurde getötet, weil er gekämpft hat, weil er solidarisch war, weil er sich an der Seite der Kämpfenden der MAP, der Autonomen Mapuche Bewegung von Puel Mapu der Gendarmerie entgegengestellt hat und die Freiheit von Facundo Jones Huala gefordert hat.

Santiago Maldonado wurde durch das Privateigentum umgebracht. Nicht zufrieden damit, ihn verschwinden zu lassen und ihn zu töten, versuchen ihn sogar als Persönlichkeit zu verfälschen, wie viele, die behaupten, die Erinnerung an ihn, würdigen zu wollen.

Das sollten wir, als Kämpfer*innen immer in unseren Herzen bewahren, wenn jemand an der Seite Anderer versucht die beschissene Gesellschaft zu ändern, in der die Ware wichtiger ist, als das Leben.

Unsere beste Würdigung ist es, weiter zu kämpfen, weiterhin den Staat und das Kapital herauszufordern, wie er es tat. Santiago Maldonado, der an den Barrikaden von Chiloé kämpfte, um das Meer zu verteidigen. Santiago Maldonado, der für das überwältigende südliche Land kämpfte.

Jedes Mal, wenn der starke patagonische Wind bläst, wird er dort sein.

Immer wenn die Rebell*innen der Welt versuchen, den Himmel im Sturm zu ergreifen, wird er dort sein.

Ruhe Gefährte, die See, das Land und die Wälder, für die du ein Leben gegeben hast, warten darauf, dir Zuflucht zu geben.

Quelle: Publiziert von contramadriz, verfasst von der Biblioteca Ghiraldo (Rosario, Argentinien)

Berlin: Mitteilung der Rigaer Str. 94 zur heutigen Räumung.

IMG-4933Heute Morgen (22.06.2016) gegen 7.30 kamen circa 300 Cops, private Securities und Bauarbeiter*innen zu uns in die Rigaerstraße 94. Zunächst wurden unsere Haustüren durch die Bauarbeiter*innen aufgeflext und entfernt. Nachdem sich die Cops zusammen mit Bauarbeiter*innen und Securities Zugang zum Haus verschafft hatten, haben sie sich im Haus, Garten, Innenhof und auf dem Dach, sowie in den Fluren positioniert. Daraufhin fingen die Cops und die Bauarbeiter*innen gemeinsam an, sämtliche Gegenstände im Innenhof zu entfernen, darunter Fahrräder, einen Fahrradunterstand, Kühlschränke und Anhänger, etc. Unsere Haustüren wurden entfernt und die Rahmen ausgebaut, sowie unsere Telefon- und Internetverbindung durchgeschnitten. Erst nachdem unser Anwalt Zugang zum Haus bekam, wurden wir darüber informiert, welchen Grund der Polizeieinsatz hat.

Cli3l3FUoAAgvWdLaut einer Pressemitteilung der Hausverwaltung Pawel Kapica soll das gesamte Erdgeschoss, inklusive der Werkstatt, des Gartens, der Waschküche, dem Flur und der Kadterschmiede zu Wohnungen für Geflüchtete ausgebaut werden. Diese sollen „mit regulären Mietverträgen zu Konditionen des Berliner Mietspiegels als Wohnraum vermietet“ werden (Friedrichshain hilft e.V.i.G. und Moabit hilft e.V. haben in einer gemeinsamen Presseerklärung klar gemacht, dass die ortsüblichen Mieten von Trägern wie LAGeSo und dem Jobcenter nicht übernommen werden).

Der Dachboden des Vorderhauses wurde ebenfalls geräumt. Nach Diskussionen mit den Cops haben die Bewohner*innen die Sachen aus dem Erdgeschoss gerettet, die noch zu retten waren. Der gesamte Rest wird von den Bauarbeiter*innen entsorgt. In diesem Zuge wurden uns diverse Gegenstände von Bauerarbeiter*innen und Securities entwendet. Es wurden nur wenige Fahrräder gegen Eigentumsnachweise wieder zurück gegeben, die Bewohner*innen des Vorderhauses wurden kontrolliert und eine Person in Gewahrsam genommen.

Das gesamte Erdgeschoss, inklusive der Kadterschmiede, ist jetzt geräumt. Das bedeutet, dass wir unseren öffentlichen Raum verlieren, dass ein maßgeblicher Teil unseres kollektiven Lebens zerstört wird. Die Securities sollen bis zur Fertigstellung der Baumaßnahmen im Haus bleiben, was wahrscheinlich regelmässige Kontrollen für die Bewohner*innen bedeutet. Die Securities in unserem Haus empfinden wir als akute Bedrohung, für uns, für die Rigaer Strasse.

Aktuell können die Bewohner*innen das Haus nur verlassen und auch wieder betreten, sofern sie hier gemeldet sind, werden dabei jedoch von den Cops kontrolliert, die nach wie vor in den Hausfluren positioniert sind. Die Strasse vor dem Haus ist abgesperrt. Ein Ende des Einsatzes ist für uns nicht absehbar.

Dass die Hauseigentümer*innen mit Wohnraum für Geflüchtete argumentieren, um uns zu räumen, ist mehr als zynisch. Die Räumungsdrohung des radikalen, queerfeministischen Wagenplatzes Kanal wird ebenfalls mit dem Aufbau eines Lagers für Geflüchtete begründet. Der Senat versucht gemeinsam mit Hauseigentümer*innen und_oder -verwalter*innen, wie Kapica kontrollierbare, von rassistischen Übergriffen geprägte Räume zu etablieren, die ein selbstverwaltetes Leben für Geflüchtete unmöglich machen. Wir werden uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, sind solidarisch mit allen Geflüchteten und kämpfen für selbstverwaltete Räume, für alle, überall.

Die Räumung ist der krasseste Einsatz den wir seit langem erlebt haben. Das seit Oktober 2015 anhaltende Gefahrengebiet ist eine ständige Bedrohung für die selbstorganisierten Projekte in der Rigaerstrasse und im gesamten Nordkiez. Die ständigen Angriffe durch Staat und Cops gipfeln für unser Projekt jetzt in der Räumung der Kadterschmiede.

Wir sind scheiße wütend, lasst es richtig knallen, schafft viele Gefahrengebiete, stürzt Berlin ins Chaos!
Rigaer94 bleibt unzähmbar!
Wir werden niemals aufgeben – One struggle, one fight!

Rigaer Str. 94

Cli6yH8UgAQCX39
Soli-Transpi am XB-Liebig


Belgien: Über den kommenden Prozess gegen Anarchisten und Antiautoritäre

erhalten am 4.April

Wenn Kämpfen für die Freiheit ein Verbrechen ist, dann ist die Unschuld wirklich das Schlimmste, was einem passieren kann.

Über den kommenden Prozess gegen Anarchisten und Antiautoritäre in Belgien

Ende 2008, während sich zerstreute Feindseligkeiten durch die Revolte in Griechenland entfesseln, nachdem Alexis dort durch die Polizei ermordet wurde, eröffnet das Federaal Parket (Bundesstaatsanwaltschaft) Ermittlungen gegen AnarchistInnen und Antiautoritäre in Belgien. Im Jahr 2010, während sich der Kampf gegen den Bau eines neuen Abschiebegefängnisses in Steenokkerzeel sich seinen Weg bahnt, wird auf Basis einer Liste von Aktionen, welche die Polizei der „anarchistischen Bewegung“ zuschreiben, eine Untersuchungsrichterin, Isabelle Panou, berufen. Die Ermittlung fällt ab diesem Zeitpunkt unter Antiterrorismus. Im Mai und danach im September 2013 finden rund zehn Hausdurchsuchungen im Rahmen dieser Ermittlungen statt, u.a. auch in der anarchistischen Bibliothek Acrata in Brüssel. Erst zu diesem Zeitpunkt wird zum ersten Mal etwas von den laufenden Anti-Terrorismus Ermittlungen vernommen. Aus den Akten wird sich herausstellen, dass nicht nur die Gerechtelijke Federale Politie (Bundesgerichtspolizei) dabei eingebunden ist, sondern auch die Staatsveiligheid (Staatssicherheit), der Militaire Inlichtingendienst (militärischer Nachrichtendienst) und verschiedene antiterroristische Abteilungen anderer europäischer Länder. Im Jahr 2014 wird das Dossier geschlossen und zwölf Anarchisten und Antiautoritäre werden jetzt an die Raadkamer (Beschlusskammer des Gerichts) überwiesen.

Nach einer Sitzung, um die speziellen Untersuchungsmethoden, die im Rahmen dieser Untersuchung verwendet werden zu legalisieren (Observationen, Telefonüberwachung, das Anbringen von Mikrofonen in einem Haus, versteckte Hausdurchsuchungen, Infiltrationsversuche und das Anbringen von Videoüberwachung vor Häusern und in einem Haus) im Oktober 2015, wird das Dossier jetzt also an die Raadkamer weitergeleitet. Die Sitzung der Raadkamer wird am 10. Mai 2016 stattfinden. Dort wird beschlossen werden, ob es zu einem Prozess kommt und mit welchen Anklagen.

Die Staatsanwaltschaft hat aus ihren jahrelangen Ermittlungen nicht weniger als 29 Anklagepunkte herausgesaugt. Neun Gefährten werden der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und der Teilnahme an terroristischen Aktivitäten über kürzere oder längere Zeit beschuldigt. Drei von ihnen werden beschuldigt die „Anführer“ davon zu sein. Drei andere Personen, die nach einem Angriff auf das Polizeikommissariat in den Marollen verhaftet wurden, werden beschuldigt einen Tag lang Mitglieder dieser terroristischen Gruppe gewesen zu sein, abgesehen von anderen Anklagen in Zusammenhang mit diesem Angriff. Das allgemeine Schema wird mit spezifischeren Beschuldigungen ergänzt, wie der Teilnahme an einer wilden Demonstration vor dem Abschiebegefängnis 127bis in Steenokkerzeel (durch die Staatsanwaltschaft zum “Versuch der freiwilligen Brandstiftung“ gemacht), Vorbereitung und Teilnahme am Angriff gegen das Polizeikommissariat in den Marollen (durch das Parket als “terroristisches Verbrechen” eingestuft), Schlagen und Verwunden von Polizeibeamten, Blockieren der öffentlichen Straße, verschiedenen Beschädigungen, Ladendiebstähle, Brandstiftungen an Wägen von Schließern auf dem Parkplatz des Gefängnisses von Ittre, Anstiftung zu terroristischen Verbrechen,… Diese spezifischen Anklagen richten sich jeweils gegen bestimmte Kam, nicht alle werden also der gleichen Sachen beschuldigt.

Als roten Draht, der sich durch die jahrelangen Ermittlungen zieht, die nicht weniger als 32 Kartons Papier produziert haben, geht die Staatsanwaltschaft vom Bestehen einer anarchistischen „terroristischen Gruppe“ aus, die im Großraum Brüssel aktiv sein soll und deren Aktivitäten die Angeklagten „gefördert” oder daran teilgenommen haben sollen. Im Dossier kann man beispielsweise eine lange Liste mit 150 Angriffen, von ihnen ein Großteil Brandstiftungen, gegen Strukturen der Macht finden: Kommissariate, Gerichte, Banken, Firmen, die Geld verdienen mit dem Einschließen von Menschen, Werften, Fahrzeuge von Diplomaten, NATO-Mitarbeiter und Eurokraten, GSM-Masten,… die in Brüssel und der näheren Umgebung in den Jahren 2008 bis 2013 stattgefunden haben.

Die Erfindung einer terroristischen Gruppe, die für diese Taten verantwortlich sein soll (auch nur, durch sie „möglich gemacht zu haben”) erlaubt der Staatsanwaltschaft akrobatische Sprünge: eine Bibliothek wird ein Rekrutierungsort, Diskussionen zu klandestinen Versammlungen, zahllose Pamphlets und Zeitungen zu Anleitungen zur Stadtguerilla, Versammlungen und Demonstrationen zu Aufrufen zu terroristischen Verbrechen, Affinitäten zwischen kämpfenden Menschen und die Selbstorganisation, die daraus entsteht, zu einer „strukturierten terroristischen Gruppe“). Das stellt natürlich einen unbeholfenen Versuch des Staates dar, antiautoritäre und revolutionäre Subversion auf das Werk einer einzigen „strukturierten Gruppe“ zu reduzieren. Indem er probiert eine Handvoll Anarchisten, die stören, hinter Gitter zu bekommen, versucht der Staat die Ungehorsamen zu entmutigen zur direkten Aktion gegen das überzugehen, was uns unterdrückt und ausbeutet, und den Sehnsüchten, Möglichkeiten, Gedanken und Kritiken, die den Kampf mit dieser autoritären Welt eingehen, absolute Stille aufzuerlegen.

Dasjenige, was sie vor den Richter schleppen wollen ist also ein ganzen Mosaik von Kämpfen, Revolten, direkten Aktionen, revolutionären Phantasien und Agitationen, die schon seit Jahren versuchen die Herrschaft anzugreifen. Deshalb geht der eventuelle Prozess nicht nur die Beschuldigten an, sondern gleichermaßen jedes Individuum, jeden Anarchisten, jeden Revolutionär, jeden Rebell, jeden Ungehorsamen, der gegenüber der Ausbeutung und Unterdrückung die Hände nicht in den Schoß legen will. Worauf sie abzielen, ist die Suche nach praktischer Autonomie, Selbstorganisation im Kampf, direkte Aktion in all ihren Verschiedenheiten, die Wahl anarchistische Ideen zu verteidigen und zu verbreiten und zusammen mit anderen Teil zu nehmen an selbstorganisierten und autonomen Kämpfen. Und schließlich will der Staat zweifelsohne der kämpferischen Herangehensweise des Anarchismus einen Schlag versetzen, welche sich auf dem Individuum, Affinität und Informalität basiert.

Es wäre sonderbar die Repression, die heute eine Handvoll Anarchisten und Antiautoritäre trifft, unabhängig von der Gesamtheit an Repression zu sehen, die (oft präventiv) alle Kritik an der bestehenden Ordnung und die Revolte gegen diese versucht zu unterdrücken. Die staatliche Repression schaltet in diesen Tagen in einen höheren Gang, den Rhythmus von “terroristische Bedrohungen”, Flüchtlingskrise, Kampf gegen die Kriminalität und sehr realen Kriegen. Wir leben in einer Periode, in der Veränderungen und Umstrukturierungen immerzu schneller das Terrain der sozialen Konfliktualität ändern. Diejenigen zu neutralisieren, die aufgrund ihres Gedankenguts und ihrer Taten stören, macht deshalb wiederum Teil des Gesamten aus, das wie immer die Ausgebeuteten, Ausgeschlossenen und Unterdrückten trifft: die Verhärtung der Lebensumstände, die Militarisierung der Grenzen, eine massive technologische Kontrolle, der Bau von neuen Gefängnislagern,…

Sich gegen diesen repressiven Schlag zu verteidigen, der Kameraden mit Beschuldigungen von Terrorismus vor Gericht schleppen will, bedeutet die Möglichkeit und den Raum für anarchistisches und antiautoritäres Handeln zu verteidigen. Und durch Solidarität mit den beschuldigten Kameraden der staatlichen Repression, die jegliche subversive Aktion lahmlegen will, die Stirn zu bieten.

Wenn Kämpfen für die Freiheit ein Verbrechen ist, dann ist die Unschuld wirklich das schlimmste, was einem passieren kann.

April 2016

WEITERE INFORMATIONEN UND KONTAKT
La Lime
Solidaritätskassa Brüssel
lalime@riseup.net
Treffen jeden ersten Montag im Monat um 19:30 in Acrata
Acrata
Anarchistische Bibliothek
acrata@post.com
Grooteilandstaat 32 – Brüssel

Paris: Weder ihren Krieg, noch ihren Frieden

Die englischsprachige Übersetzung wurde Contrainfo zugesendet, die folgende wurde von Indymedia Schweiz übernommen. Dieser Text ist ein in Paris verteiltes Flugblatt (pdf), das auch auf  Indymedia Nantes veröffentlicht wurde.


„Wir müssen die Feinde der Republik vernichten… und jene der Nationalität entheben, die den französischen Geist verspotten.“
Manuels Valls, Premierminister
14.  November 2015

Wenn man der französischen Republik eine gewisse Kontinuität anerkennen muss, dann ist das wohl jene der Massenmorde. Vom Staatsterror von 1793-94, der eben dem Wort Terrorismus Ursprung gab, bis zur Niederschlagung der Aufständischen von 1848 und derjenigen der Kommune von 1871; von der Kolonisation oder der Deportation der Juden, welche durch frühere Karteien erlaubt war, bis zum Massaker von algerischen Demonstranten 1961 mitten im Herzen von Paris: alle französischen Republiken haben ohne Nachsicht massakriert, damit die Machthaber weiter alle beherrschen und ausbeuten. Die französische Republik ist ein Leichenberg, deren Unrat, der ihre Spitze bildet, sich nur halten konnte, indem er ihre wahren Feinde zerschlug, die Revoltierenden und die Revolutionäre, welche für eine Welt der Gerechtigkeit und der Freiheit kämpften. Der ”französische Geist”, wenn solch ein unsäglicher Blödsinn jemals existieren könnte, wäre ein zum Zerbersten volles Schild mit nach Rache schreienden Stimmen gegen die Bürgerlichen, die Politiker, die Bullen, die Soldaten und die Priester, die sie mit den Füssen getreten haben, um ihre Macht zu festigen.

Ach, aber das ist doch alles Vergangenheit. Nicht? Haben etwa Jahrzehnte der Bürgerbeteiligung, der Warenintegration und der generalisierten Enteignung diejenigen, die noch eine Spur von Sensibilität bewahren, wirklich vergessen lassen, dass in die Menge zu schiessen nicht eine Exklusivität von fernen Terroristen ist? Dass der französische Staat seit einigen Jahren sein grosses Comeback auf der internationalen Bühne des staatlichen Terrorismus gehabt hat, indem er seine militärischen Angriffe in allen Ecken des Planeten multiplizierte (Libyen, Mali, Afghanistan, Elfenbeinküste, Somalia, Zentralafrika, Irak, Syrien)? Der Vorwand ändert sich jedes Mal, aber die Gründe bleiben dieselben: die Kontrolle über strategische Ressourcen wahren, neue Märkte und Einflusszonen erschliessen, seine Interessen gegenüber seinen Konkurrenten schützen, vermeiden, dass Aufstände sich in Experimente von Freiheit verwandeln. Und falls es noch nötig war, so wurden sogar Warnungen lanciert, um den Schläfrigen verständlich zu machen, dass diese Kriegslogik keine territorialen Grenzen kennen wird: der Tod von einem Demonstranten im vergangenen Jahr in Sivens oder die von Splittern durchbohrten Körper von denjenigen von Notre-Dame-des-Landes und von Montabot rufen in Erinnerung, dass man, auch hier, nicht zögert, kakibraune Angriffsgranaten gegen Mengen zu werfen, um Terror zu sähen.

Denn was ist der Terrorismus, wenn nicht, unterschiedslos in die Menge zu schlagen, um zu versuchen, die Macht zu bewahren oder zu erobern? So ähnlich wie es die Reichen tun, indem sie tagtäglich Millionen von Menschen bei der Arbeit töten und verstümmeln im Namen der Kohle, die sie aus ihrer Ausbeutung ziehen. So ähnlich wie es die Industriellen und ihre Lakaien in den weissen Hemden tun, indem sie nachhaltig alles Leben auf der Erde vergiften. So ähnlich wie alle Staaten, die die Ausgeschlossenen aus ihrem Warenparadies und die Rebellierenden gegen ihre Gesetze einsperren und auf kleiner Flamme foltern, indem sie sie während Jahren zwischen vier Mauern einschliessen. So ähnlich wie jene grrrossen Demokratien, die das Mittelmeer in einen Friedhof verwandelt haben, der von Tausenden von Unerwünschten bevölkert wird, die das Verschulden hatten, nicht über den geeigneten kleinen Fetzen Papier zu verfügen. Aber das ist, was der Frieden des Staates und des Kapitalismus kostet. Der Frieden der Mächtigen ist der Krieg gegen die Beherrschten, innerhalb wie ausserhalb seiner Grenzen.
Am 13. November in Paris wurden die Regeln des Spiels respektiert. Ob er sich nun islamisch nennt oder Republik, Kalifat oder Demokratie, ein Staat bleibt ein Staat, das heisst eine autoritäre Macht, deren massenhafte Gewalt gegen all jene eingesetzt wird, die sich seinem obersten Befehl nicht unterwerfen. Eines der Prinzipien von jedem Staat ist es, nur Untertanen anzuerkennen. Untertanen, welche Gesetzen gehorchen müssen, die von oben diktiert werden, das heisst, das völlige Gegenteil von freien Individuen, die sich ohne Geführte noch Führer selbst-organisieren können. Von den Bombardierungen von Dresden und Hiroshima bis zu den Dörfern von Vietnam, die dem Napalm unterzogen wurden, oder jenen von Syrien unter den TNT-Fässern: die Staaten haben in ihren schmutzigen Kriegen nie gezögert, einen Teil ihrer eigenen Bevölkerung, oder jene ihrer Konkurrenten zu opfern. Indem sie wahllos auf Pariser Passanten schossen, um deren Staat zu bestrafen, haben die kleinen Soldaten von Daesch nichts anderes getan, als die erbarmungslose Logik ihrer Gegner zu reproduzieren. Eine schreckliche Logik, so schrecklich, wie jede staatliche Macht es sein kann.

Der Ausnahmezustand, der in Frankreich seit gestern verhängt wurde, als interne Kriegsmassnahme von einer Regierung, die das Land in Adäquanz mit seiner internationalen Terrorismuspolitik bringt, ist nur ein Schritt mehr in der grundlegenden Praxis von jeder Regierung, auf die gezwungene Normalisierung des Lebens, auf seine institutionelle Kodifizierung, auf seine technologische Standardisierung abzielend. Denn, wenn der Staat in die Zukunft schaut, was sieht er? Wirtschaftliche Zusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit, eine Erschöpfung der Ressourcen, internationale militärische Konflikte, Bürgerkriege, ökologische Katastrophen, Bevölkerungsexodusse… Er sieht kurzum eine Welt, die immer instabiler wird, worin die Armen immer zahlreicher und konzentrierter werden, eine Welt, die vor Verzweiflung schwitzt, die sich in ein enormes Pulverfass verwandelt, aller Art von Spannungen ausgeliefert (soziale, identitäre, religiöse). Eine Welt, worin die Entzündung des geringsten Funkens, was auch immer er sei, von einer immer totalitäreren Demokratie nicht toleriert werden darf. Dann bedeutet der „Krieg gegen den Terrorismus“, ebenso wie „Bürger“ ein anderes Wort für „Bulle“ ist, vor allem Krieg gegen all diejenigen, welche die Ränge der Macht durchbrechen. An alle, welche sich der sozialen Befriedung nicht unterwerfen, an alle, welche den Kriegen zwischen Mächtigen und Autoritären desertieren, sabotieren wir die nationale Einheit…

Ein schlechter Untertan,
Feind der Republik und aller Staaten
Paris, 14. November 2015

 

Türkei: Mitteilung der DAF zum Angriff vom 10. Oktober 2015 in Ankara

certain_days_political_prisoner1-e1444613412412Es darf nicht vergessen werden, es darf nicht vergeben werden.

Heute am 10. Oktober wurde das „Arbeit, Demokratie und Friedenstreffen“ angegriffen, das von verschiedenen Gewerkschaften, Zusammenhängen und Organisationen veranstaltet wurde. Wie in Amed im Juni und in Suruc im Juli haben die Bomben, die heute in Ankara explodierten, dutzende Menschen getötet.

Tausende Menschen kamen aus verschiedenen Städten gegen die Kriegspolitik sowie das Profitieren vom Krieg durch verschiedene Machtgruppen zusammen. Heute ermordete die Bombe, die explodierte, Menschen, die Frieden. Leben und Freiheit gegen Krieg wollten.

Diese Explosion, in der bis jetzt mehr als 30 Personen [es wird geschätzt, dass mehr als hundert Personen getötet wurden] ihr Leben verloren haben, ist ein Abbild der blutrünstigen Gier der Machthaber.

Diejenigen, die in Amed, in Pirsus, in Cizir morderten, versuchen jetzt die Leute durch die Ermodung dutzender Menschen in Ankara einzuschüchtern und mit Kriegspolitik zu behindern und vom Kampf für Frieden abzuschrecken.

Die Mächtigen sollten wissen, dass wir auf keinen Fall, sei es durch Verhaftungen oder Mord, Angst vor ihnen bekommen oder uns ihrer Kriegspolitik fügen werden.

Für eine neu Welt, ein Leben in Freiheit, den Mördern in Amed Amed, in Pirsus, Cizir and Ankara,

die Ermordeten dürfen nicht vergessen werden, den Mördern darf nicht vergeben werden.

Revolutionäre Anarchistische Aktion (DAF)

auf portugiesisch

Hamburg: 8.-11.Oktober 2015 – Anti-autoritäre Tage gegen die Knastgesellschaft

plakat-aat-fin-640x640

Kein Knast! Kein Staat!

Während wir arbeiten, konsumieren, funktionieren… bauen sie den Käfig in dem wir leben!

Das Leben unter einem demokratischen Regime ist geprägt von einem stetigen Prozess der Anpassung an die Probleme und Veränderungen des Systems.

Der Staat reflektiert stetig sein Auftreten und Handeln, um durch Reformen und das Anbieten von vermeintlichen Alternativen einen „modernen“ bürgerlichen Diskurs aufrechtzuerhalten. Den Unruhen, die nicht in diesen Konstrukt passen wird so die Grundlage entzogen und sie rechtfertigen schon beim aufkommen in den Augen vieler ein hartes Durchgreifen des Staates.

Dieses Verhalten kann in so gut wie jedem Bereich des Lebens beobachtet werden. Durch einige ihrer stärksten Waffen, die Illusion einer Partizipation sowie durch einem ständig zu erweiternden Arsenal an sogenannten Rechten, perfektioniert sich die Demokratie Stück für Stück zu einem System, in dem die Beherrschten aktiv an ihrer Beherrschung teilhaben und die Abläufe mitgestalten.

Doch die Umsetzung ihres sogenannten sozialen Friedens kann nicht vollkommen ohne Störungen und Rückschläge umgesetzt werden. Die soziale Ungleichheit, die Teil der herrschenden demokratischen Ordnung ist, scheint an einigen Orten weit von den vorgesehenen, stabilen Herrschaftsverhältnissen abzuweichen.
An diesen Orten beginnen immer mehr Menschen, den ihnen zugewiesenen Rahmen zu verlassen und zu zu rebellieren.

Außerdem stehen Europas Grenzen und damit auch die Finanz- und Sozialsysteme der Staaten unter dauerhaftem Ansturm der „Fremden“ aus den Teilen der Welt, die den Reichtum hier sicherstellen oder aus Ländern, in denen die Ungleichheit schon das funktionelle Maß überschritten hat. Mit ihnen, den Ungewollten der Demokratie, entstehen Dynamiken, auf die der Staat reagieren muss, um seine Existenz nicht gefährdet zu sehen. Diese Entwicklungen kommen allerdings keineswegs aus dem Nichts, sondern sind den Verwaltenden und Regierenden seit langer Zeit durch Studien und Analysen dieser Dynamiken bekannt.

Gegenprogramme und Prozesse laufen und die Staaten samt ihrer Strukturen und Apparate befinden sich wieder in einem Stadium der Umstrukturierung. Effektiver, schneller und günstiger soll alles funktionieren. So auch der Repressions-Apparat, der die Ordnung sichern und aufrechterhalten, den Staat verteidigen sowie Störende, Ungewollte, Überflüssige und seine Feind_innen angreifen soll. Neben globaler Vernetzung und Aufrüstung der Repressions-Apparate muss er auch sozial angepasst werden um nicht zu einem Konfliktfeld, einem Feindbild der Beherrschten zu werden. Eine Gesellschaft, die die Repression legitim findet und sich aktiv in ihrer Rolle als partizipierende Bürger_innen an ihr beteiligt, wird sich nicht auflehnen.

Diese um sich greifende Praxis der häufig gewalttätigen Befriedung ist nicht unbekannt – gerade jenen, die in den Gefängnissen saßen und kämpften, als diese in den 1980er und 90er Jahren auf dem gesamten europäischen Kontinent brodelten und Aufstände, Revolten und Hungerstreiks gegen die brutalen Zustände in den Knästen an vielen Orten den komplett fremdbestimmten Knastalltag durchbrachen. Die Methoden, mit denen diesen Revolten begegnet wurde – neben Unterdrückung und Repression eben auch Ausweitung der Illusion der Teilnahme und Mitverantwortlichkeit am eigenen Eingesperrtsein und damit einhergehend eine tiefgreifende Tendenz der forcierten Vereinzelung der Eingesperrten – finden wir heute auf beiden Seiten der Mauern.

Der Knast als die maximale Drohgebärde des Staates gegen jene, die nicht in dem vorgeschriebenen Rahmen zu funktionieren imstande oder bereit sind – er ist tatsächlich bereits überall, er existiert nicht mehr bloß als graue Mauer, vor deren Inneren wir uns zu fürchten haben – er ist bereits konkrete Realität in unser aller Leben, er ist bloß die vom Staat realisierte maximale Form der selben Einsperrung, an die wir uns von Geburt an zu gewöhnen haben.

Wenn wir also die Subversion 1 wollen, den Umsturz des Systems und ein Ende jeglicher Herrschaft und Autorität, um ein Leben in Freiheit zu entwickeln, müssen wir rebellieren!

Wenn wir einen sozialen Umsturz wollen, der nicht einfach den Weg für eine neue Herrschaft ebnet, müssen wir soziale Konflikte wahrnehmen, analysieren und selber schaffen. Durch eine kontinuierliche Intervention wie permanente Auseinandersetzung mit den herrschenden Verhältnissen, können wir versuchen kleine Brüche in der Normalität des Systems zu erzeugen. Das Ziel sollte sein, ausgehend von dem was in diesen erkämpften Räumen wachsen konnte, anzusetzen um diese Knastgesellschaft zu zerstören.

In weiten Teilen Europas scheint die Subversion zu schlafen. Lasst sie uns, bewaffnet mit unseren Ideen und Leidenschaften für die Freiheit, aufwecken und der Misere ein Ende setzen.
Ob Gefängnisse, Lager oder Grenzen, Institutionen oder Behörden, Wirtschaft oder Banken, die Bullen oder das Militär, stellen wir uns diesem System und seinen Verteidiger_innen entgegen. Genau wie wir all die Prägungen in unseren Köpfen, die Normalitäten und Gesetze, die diese Verhältnisse geschaffen haben, zerstören müssen um unserer Freiheit einen Schritt näher zu kommen.

Wir wollen ein Wochenende zusammenkommen und über Ideen und Kämpfe für soziale Revolten gegen die Knastgesellschaft und ihre Welt diskutieren. Wir wollen über Kommendes sowie Aktuelles reden, uns austauschen und kennenlernen, um festzustellen, ob wir Perspektiven teilen, und herrausfinden, wie wir zusammen kämpfen können.

Donnerstag 08.10.2015 Centro Sociale
(Sternstraße 2 – Nähe U-Bahn Feldstraße)

19:00 Essen

19:30 Uhr Veranstaltung – Unsere Leidenschaft für die Freiheit ist stärker als jede Zelle!

Veranstaltung mit einer Mitstreiterin des Solifonds für Gefangene und verfolgte Kämpfer_innen aus Griechenland und Gefangenen aus Korydallos (Athen). Ein Mensch aus Athen wird über ihren gemeinsamen Kampf mit den Gefangenen gegen Repression und die Typ C Gefängnisse der letzten Jahre und die damit verbundenen Problematiken berichten. Eine wichtige Frage wird dabei sein welche Strategien es unter den momentanen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen ermöglichen in Bewegung zu bleiben. Ein elementarer Teil der Veranstaltung wird auch die direkte Kommunikation mit organisierten kämpfenden Gefangenen (DAK-Netzwerk Kämpfender Gefangener) aus Griechenland darstellen. Wir hoffen Ihr bringt spannende Fragen mit und es gibt einen ineressanten Austausch über den Kampf der Gefährt_innen aus Griechenland.

Freitag 09.10.2015 Rote Flora
(Achidi-John-Platz 1 Nähe S-Bahn Sternschanze)

Ab 16:00 Uhr Kaffee

18:00 Uhr Essen

19:00 Uhr Veranstaltung – Gegen die Welt der Grenzen und Papiere!

Wir wollen über die Möglichkeiten von Kämpfen gegen die Abschiebemaschinerie und die rassistischen Zustände diskutieren. Mitstreiter_innen werden über Erfahrungen und konkrete Kämpfe sprechen.

Spätestens 24:00 Schluß

Samstag 10.10.2015 Rote Flora
(Achidi-John-Platz 1 Nähe S-Bahn Sternschanze)

09:00 Uhr – 11:00 Uhr Frühstück

11:30 Uhr Orga-Plenum

12:00 Uhr Veranstaltung – Kein Recht, Keine Ordnung!

Diskussion über spezifische aufständische Projekte am Beispiel des Kampfes gegen das neue Justizzentrum in München.

Spätestens 15:00 Pause

16:00 – 19:Uhr Open Space

Kommunikation mit Gefangenen
Jährlich bringen sich in der BRD mindestens 100 Gefangene um, weil sie die Bedingungen nicht ertragen können. 9 politische Weggesperrte aus bewaffneten Gruppen überlebten den Knast nicht.
Es ist deshalb für alle Weggesperrten existenziell, dass ihre minimalen Rechte durch Post und Besuche garantiert werden. Trotzdem ist es so, dass der Kontakt zu den Eingesperrten auf zu wenige Menschen reduziert ist.
Warum ist das so?
Angst vor Erfassung?
Angst fremden Menschen zu schreiben?
(Oder/und ein Austausch mit anderen AktivistInnen und Gruppen, die Erfahrung mit der Kommunikation nach drinnen haben.)(Orga ein Mensch vom Gefangeneninfo)

Ausserdem sind angedacht aber noch nicht bestätigt:

-Internationalismus – Debatte

-Va zur Repression gegen Anarchist_innen in Tschechien

-Anarchistisches Kollektiv aus Spanien, das zu Migration arbeitet berichtet über ihre Ansätze und Arbeit.

Und hier gibt es natürlich auch Platz für alle Anderen Themen die Menschen unte den Nägeln brennen…

19:00 Uhr Essen

20:00Uhr – 21:00Uhr

-Zeit für das Vertiefen von Debatten aus dem Open Space

-Film über Kämpfe in Chile

Ab 21:00 Uhr Kneipe in einer anderen Location

Sonntag 11.10.2015 Rote Flora
(Achidi-John-Platz 1 Nähe S-Bahn Sternschanze)

9:00 Uhr – 11:00 Uhr Frühstück

12:00 Uhr – 15:00 Uhr Diskussion – Gegen die Knäste und ihre Welt!

Was passiert in Deutschlands Knastgesellschaft und was sehen wir für Perspektiven oder auch nicht?

15:00 – 15:30 Uhr Abschlußrunde

Düren: Der Hambacher Forst braucht euch!

Nach Rodungen von großen Teilstücken, plant der Energiekonzern RWE für das Jahr 2018 die komplette Abholzung des bei Buir (Stadteil von Kerpen) gelegenen Hambacher Forstes, um Platz für Braunkohletagebau zu schaffen. Bereits im Jahr 2012 begann der Widerstand gegen die Zerstörung (Sabotieren der Maschinen, Blockaden, Festkettungen, Einrichten von Baumhäusern, im November 2012 wird eine Wiese am Rande des Hambacherforst besetzt. Sie ist Eigentum eines RWE kritischen Anwohners, der diese duldet.) Im Wald sind seitdem Barrikaden und Gräben errichtet) Die Landesparteizentrale der Grünen in Düsseldorf wurde besetzt und die Jahreshauptversammlung von RWE blockiert und gestört. Der Staat reagiert auf den Widerstand mit Durchsuchungen, Räumungen, Zerstörungen der Barrikaden und Infrastruktur des Protests. Selbstverständlich blieben körperliche Übergriffe, Verhaftungen, und strafrechtliche Verfolgung nicht aus. RWE setzt einen Werkschutz ein, der Absperrungen einrichtet, im Gebiet mit Hunden ständig präsent ist, AktivistInnen fotografiert, Proteste behindert und bereits auch Menschen körperlich misshandelt hat.

Der Wald und die Umgebung bieten viel Platz und Möglichkeiten Aktionen gegen den Klimakiller Braunkohle zu unternehmen. Staat und Kapital vernichten Hand in den Lebensraum von Flora und Fauna, nennen das Recht und zu viele Menschen lassen sich das gefallen. Schluss mit der Lethargie! Wehren wir uns! Wandeln wir unsere Wut in aktiven Widerstand!

Menschen sind auf der Besetzung immer willkommen.

Auf dem Blog findet ihr Informationen zur Anreise und alle notwendigen Informationen, sich zu beteiligen.

Tag der Räumung (Tag X). Der Tag für spontane Demonstrationen und direkte Aktionen- überall wo Menschen ihrer Wut auf die Räumung Ausruck verleihen wollen. Wenige Wochen später an einem Samstag wird es in Buir eine Großdemonstration geben und danach wird der Wald wiederbesetzt.

Contra Info

Continue reading Düren: Der Hambacher Forst braucht euch!

Im Land der Demokratien (eine Broschüre)

Hier in PDF-Form

Im Land der Demokratien

„Die Frage ist doch“, sagte Alice, „ob du den Worten
einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty,
„wer die Macht hat – und das ist alles.“

Alice, als etwas naive Idealistin, fragt sich in diesen Tagen, den historisch-etymologischen Diktionär in den Händen, ob es denn wirklich möglich ist, dass das Wort “Terrorismus” eine andere Bedeutung erhält. Humpty Dumpty, als etwas grober Materialist, antwortet ihr, dass, da es der Staat ist, der befielt, und da die Sprache Eigentum von dem ist, der befielt, “Terrorismus” somit genau das bedeutet, was der Staat will. Das ist alles.

In den 70er Jahren gewährte der Staat die Anrede “Terrorist” einem jeden, der ihm das Monopol der Anwendung von Gewalt streitig machte, das heisst, Schusswaffen oder Sprengstoffe einsetzte, vor allem den Beteiligten von kämpfenden spezifischen Organisationen, vor allem, wenn jene Organisationen Ausdruck einer breiteren Protestbewegung waren, vor allem, wenn dieser Protest darauf abzielte, in einer Revolution zu münden. “Terrorist” war für den Staat vor allem derjenige, der ihn mit bewaffneter Hand angriff.

Heute, da die spezifischen bewaffneten Organisationen fast vollständig verschwunden sind, da die subversiven Arsenale trostlos leer sind, da die Protestbewegungen selten beträchtliche Dimensionen annehmen, da sie (fast) nie die revolutionäre Frage stellen, würde Alice daraus folgern, dass der Staat auf den Gebrauch von diesem Begriff verzichtet hat, ihn, abgesehen von vereinzelten Fällen, für unverständlich haltend. Bereits die Definition von “Terrorist”, die an jene gerichtet war, die Gendarmen und Richter ins Visier nahmen, anstatt an jene, die Massaker an Pendlern und Passanten verübten, war unausstehlich für sie, aber schliesslich… ihr wisst ja wie die Leute sind, wenn sie Blutvergiessen sehen, kriegen sie Angst und geraten durcheinander. Man muss annehmen, dass es schliesslich nicht allzu schwierig für die Propaganda war, die Leute in das Missverständnis fallen zu lassen, den Königsmord zu dämonisieren, und nicht den Tyrannen. Aber heute, komm, nachdem man in den letzten Jahrzehnten einem so traurigen Rückgang von institutionellen Begräbnissen beigewohnt hat, machen wir Schluss mit dem Schreckgespenst des “Terrorismus”!

Aber nein. In dieser Zeit, die so ohne glaubwürdige “äussere Feinde” ist, aber der es gleichzeitig an soliden Konsensen ermangelt, wo rund herum niemand mehr übrig ist, um ihm zu applaudieren, hat es der Staat für gut befunden, vorzeitig zu spielen und nicht auf das Auftauchen von irgendeiner subversiven Bedrohung zu warten, um die Kriegsmaschine der anti-terroristischen Rhetorik aufbieten zu können: lieber zuvorkommen als niederzuschlagen. Aber wem zuvorkommen, von was zu tun? Wie ein tiefer Kenner der Kunst des Regierens behauptete, « während die Individuen, angetrieben von ihren Egoismen, zum sozialen Atonismus neigen, stellt der Staat eine Organisation und eine Begrenzung dar. Das Individuum neigt dazu, ständig zu entfliehen. Es neigt dazu, den Gesetzen nicht zu gehorchen, die Steuern nicht zu bezahlen, den Krieg nicht zu führen. Es gibt wenige – Helden und Heilige –, die das eigene Ich auf dem Altar des Staates aufopfern. Alle anderen befinden sich in potenziellem Zustand der Revolte gegen den Staat. »

Soll dies der Grund sein, weshalb der Staat sich die Erlaubnis genommen hat, jeden als “Terroristen” zu definieren, der ihn kritisiert, der ihn anficht, der sich ihm entgegenstellt, ohne allzu viele Unterscheidungen zwischen der Bedeutung der Worte und der Natur der Tatsachen zu machen? Aufgrund der Tatsache, dass, abgesehen von den anzubetenden Heiligen und den zu zierenden Helden, alle anderen potenzielle Rebellen sind?

„Aber das macht keinen Sinn!“. Gewiss nicht, liebe Alice, aber halte dir stets bewusst, wer befielt. Das ist alles.

Wie es begann
2001 ist ein Jahr, das, aufgrund der Wende, die es markiert hat, schwer zu vergessen sein wird. Und sei es nur, weil die Ereignisse von jenem Sommer, in der Spanne von wenigen Wochen, dazu beigetragen haben, das alltägliche Leben von Millionen von Leuten zu verändern. Nach den hitzigen Tagen von Ende Juli in Genua, als die Demonstrationen gegen den regelmässigen Gipfel der Grossen der Erde von einer generalisierten Prügelorgie in Blut getränkt worden sind, hat man einen zweiten Septembermittwoch gehabt, der das unglaublichste Attentat gegen Orte der wirtschaftlichen und militärischen Herrschaft gesehen hat, das jemals auf dem Boden der Vereinigten Staaten erfolgt ist. Auf der einen Seite von sozialen und radikalen Bewegungen theoretisch und praktisch kritisiert, auf der anderen von integralistischen Gruppen militärisch angegriffen, ist es nicht überraschend, dass die westlichen Regierungen in ihrer Gesamtheit beschlossen haben, Hand an ihre gesetzlichen Formalismen anzulegen und sie zu modifizieren, um ihre Gegner leichter neutralisieren zu können.

Von Ende 2001 bis heute haben wir in vielen Ländern einem Anwachsen der repressiven Gesetze beigewohnt, einer regelrechten Restrukturierung im Bereich des Rechts, imstande, wenn nicht den Frieden auf den Märkten, so zumindest die Ruhe auf den Strassen zu garantieren. Wenn die Bedrohung des “Terrorismus” das bevorzugte Schreckgespenst bleibt, womit eine immer durchdringendere Kontrolle des sozialen Lebens, sowie eine unaufhörliche Begrenzung der individuellen Freiheit gerechtfertigt werden kann, so stellt sie dennoch nicht das einzige Instrument dar. Egal, was die Motivation ist, die zu ihrer Umsetzung angewandt wird, es zeigt sich deutlich, dass die unterschiedlichen legislativen Vorkehrungen dazu tendieren, sich nicht bloss an eine einzige allgemeine Direktive zu halten, sondern in jedem Bereich eingesetzt zu werden, der für sensibel gehalten wird. Die administrative Blockierung von Internetseiten, beispielsweise, hat mit dem Kampf gegen “Pädopornographie” begonnen, aber wird bald überall auf den “anti-terroristischen” ausgeweitet werden. Die spezifischen Sicherheitsmassnahmen, die ergriffen wurden, beschränken sich ihrerseits nicht darauf, einer Sorte von Verbrechen zuvorzukommen (der jüngste Kauf durch das französische Eisenbahnwesens von zahlreichen, entlang der Gleise zu verteilenden Drohnen wird zwar, wie offiziell deklariert, darauf ausgerichtet sein, eventuelle Kupferkabeldiebstähle abzuwenden, aber wird sich zweifellos auch zur Prävention von Sabotagen als nützlich erweisen). Und so weiter und so fort.

Nun, so interessant es auch sein mag, es macht hier nicht viel Sinn, ein Inventar der verschiedenen Massnahmen aufzulisten, die in Europa im Bereich des Kampfes gegen den Terrorismus ergriffen worden sind. Auch, weil wir, von der Inkriminierung einiger italienischer Basissyndikalisten 2001, schuldig, nicht versucht zu haben, den Black Block aufzuhalten, über die Anklageerhebung gegen ein englisches Erwachsenenpaar 2007, die in Besitz von Büchern mit anarchistischen Rezepten gefunden worden sind, bis schliesslich zur Verurteilung zu 7 Jahren Haft eines französischen Islamisten 2014, der von einem kurzen Aufenthalt in Syrien zurückgekehrt ist – nur um ein paar einzelne Beispiele zu nennen –, Gefahr laufen würden, uns in einem Labyrinth zu verlieren, dessen Zweck es wäre, uns alle in Richtung des einzigen Auswegs zu treiben: ein unumgänglicher blinder und passiver Gehorsam. Es scheint uns interessanter, uns anzustrengen, um zu verstehen, was in den Köpfen der Verteidiger der sozialen Ordnung schwirrt, und im Gegenlicht aus ihnen die grössten Sorgen herauszulesen. Continue reading Im Land der Demokratien (eine Broschüre)

[Europa] 12 Tote

Zwölf Tote. Menschen mit leblosen Körpern in so wenigen Minuten. Wir wissen, dass viel mehr Menschen in viel weniger Zeit in Kriegen sterben, durch eine abgeworfene Bombe, durch Giftgas, durch Minen. Aber wir sind nicht im Krieg. Wir sind in einer Demokratie. Die erträumte freie Welt. Das Bild, dass die Welt voller Sehnsucht informiert: das große Europa, die beispielhafte Zivilisation.

Zwölf Tote, ermordet durch Kugeln von Menschen, die im Krieg sind, die trainiert sind zu töten.

Bringt das nicht durcheinander. Es ist nicht das Bild vom Tod mehrerer Zeichner und anderer Mitglieder einer Pariser Satire-Zeitschrift, das alle im Sinn haben, sondern die Erinnerung an die 12 Körper der afrikanischen Migranten, durchlöchert und ertrunken in nur wenigen Minuten durch die Guardia Civil. Es ist fast ein Jahr her, der 6.Februar 2014, dass diese Militär Polizei sie zwang ins Meer zurückzuweichen. Es gab mehr Tote, aber es wurden nur diese 12 Körper gefunden. Die anderen wurden vom Meer verschlungen.

Es gab weder große Aufmärsche noch Ablehnung und niemand dachte an den Slogan “Wir sind alle an den Grenzen Europas sterbende Migranten!”. Na klar, es waren keine Weißen und sie kamen nicht aus reichen Ländern, aber sie wurden durch grausame Art und Weise ermordet. Nicht durch die Verteidigung irgendeiner Religion oder eines Fundamentalismus, sondern durch die Verteidigung der heiligen Grenze und des Staates; um ein weiteres Mal ihre Grenze mit Blut und Feuer zu markieren.

Man möchte die Migranten, die es wagen in spanisches Territorium einzudringen, nicht töten –versichert der Innenminister Jorge Fernández und seine Guardia Civil–, sondern “man möchte durch Einschüsse ins Wasser eine Art Grenze im Wasser entwerfen”. Es gibt keinen Platz für Scherze, sie meinen das ernst.

Allein im Mittelmeer, der maritimen Grenze Europas, hat das Jahr 2014 seinen eigenen “Rekord” (wie die Medien es nennen) erreicht; mit mehr als 3.200 Migranten, die versuchten den Kontinent zu betreten und ertranken in weniger als 12 Monaten, ohne die ganzen Toten mitgezählt, die an anderen Grenzen starben, die ohne Wasser und Nahrung durch verschiedene Grenzpolizeien in der Wüste zurückgelassen wurden oder die durch faschistische Schläger und Ordnungskräfte umkamen, noch diejenigen Toten, die im europäischen Paradies in Abschiebehaft durch die Hand von Polizisten starben. Einmal innerhalb des europäischen Territoriums angekommen, sieht die Begrüßung nicht sehr anders aus als an den Eingangstüren. Die polizeiliche Verfolgung ganzer Bevölkerungsgruppen (hauptsächlich derjenigen, deren Herkunft an ihrer Haut abzulesen ist), die wachsende Xenophobie, der Rassismus, begünstigt durch die Kommunikationsmedien und die Politiker, die Kampagnen gegen alles was nicht als “das europäische” identifizierbar ist.

Charlie ist europäisch und deswegen sind wir nicht alle Charlie. Es gibt Werte, Gewohnheiten, inklusive Witze (einige dermaßen nervtötend), die sehr identifizierbar mit diesem abstrakten Wesen, das als “das europäische” genannt werden will, sind. Aber die Wahrheit ist, dass es sehr viele Leute gibt, hauptsächlich diejenigen, die sich nicht mit den dominierenden Werten, die definieren, was “europäisch” ist und was nicht, identifizieren können, die sich nicht mit Charlie noch mit seinen Werten verbunden fühlen, und noch viel weniger mit seinem Sinn für Humor.

Dieses “Ich bin Charlie” versucht eine sehr genaue Linie zu definieren: wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Unter dem Leitspruch marschierten tausende von Menschen in Paris. Zu der Verabredung fehlte auch nicht Rajoy, der ebenfalls einer derjenigen ist, die Migranten an den Grenzen und in spanischen Verliesen terrorisiert, zwischen vielen weiteren Heldentaten und es fehlte auch nicht Netanyahu, der mit seiner Armee Hunderte von Palästinensern von seinem ‘heiligen Boden’ verdrängt hat und jedes Jahr die Israelis einsperrt, die sich weigern an seiner persönlichen Art des Terrors teilzunehmen, und wie zu erwarten fehlte auch nicht der türkische Präsident Erdogan, der den Terror gegen das kurdische Volk sät. Es fehlten auch nicht die Chefs der kapitalistischen Haupt-Großmächte. Alle Chefs des Staates, Beschützer des Imperiums und der Zivilisation marschierten gegen die Barbarei. Zusammen mit ihnen nutzten Tausende von Faschisten rund um den Kontinent den Impuls von Charlie um ihre Scheiße auf mehr als fruchtbaren Boden auszusäen, die bald die sauersten Früchte hervorbringen wird.

Und die Straßen von Paris und Barcelona werden, zwischen vielen weiteren Städten, noch mehr militarisiert in der Verteidigung dieser Werte. Mit Pistolen und Maschinengewehren kann mensch die Söldner des Staates sehen, bereit mit Kugeln Grenzen zu markieren, wie sie es im Wasser bei Ceuta gemacht haben: mit Einschüssen haben sie die Grenze, die das “drinnen” und “draußen” trennt, was Charlie ist und was nicht, markiert.

Was sagt Charlie zu diesem Terrorismus? Macht er auch lustige und witzige Cartoons darüber? Weil für uns hält die Welt der Scheiße, in der wir leben, wenig Witzigkeit bereit. Bedeutet das den Fundamentalismus “unterstützen”? Auf keinen Fall. Wir wollen keinen einzigen Fundamentalismus, der uns verängstigt und unterdrückt. Es ist uns egal, ob in seiner Inschrift “Islamischer Staat”, “Säkularer Staat”, “Charlie Staat” noch sonst irgendein “Staat” steht.

Sie sprachen zu uns von “Meinungsfreiheit”, wie immer. Aber wer von uns die “Meinungsfreiheit” des Staates kennt, weiß die Verbindung, die dieser durch Terror schützt: seine Existenz basiert auf Angst. Die “Freiheit”, von der der Staat spricht ist der Ausdruck des Gewaltmonopols.

Deshalb zeigen uns diese Ereignisse ein weiteres Mal dass jeder Staat terroristisch ist.

Einige Anarchistinnen
Barcelona, 14. Januar 2015

Die Büchse der Pandora und das Nähkästchen des spanischen Antiterrorismus

Solidaritätsdemonstration am 16. Dezember in Madrid. Ni INOCENTES, Ni CULPABLES. Weder schuldig noch unschuldig!

Der Morgen des Dienstags, 16. Dezember, hat uns mit einer Welle von Hausdurchsuchungen und Verhaftungen überrascht… Hat er uns überrascht? Wir werden nicht lügen. Fangen wir noch einmal an. Der Morgen des Dienstags, 16. Dezember, hat uns NICHT überrascht. Die regionale katalanische Polizei, die Mossos d’Esquadra, die Guardia Civil und richterliche Beamte der Audiencia Nacional* haben mehr als 10 Wohnungen und einige anarchistische Lokale in Barcelona, Sabadell, Manresa und Madrid gestürmt, mit den jeweiligen Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und Beschlagnahmungen von propagandistischem und informatischem Material. Ausserdem haben sie die Gelegenheit genutzt, um auch in das alte Kasa de la Muntanya, ein besetzter Raum, der gerade 25 Jahre alt geworden ist, einzufallen und es zu plündern, indem das gesamte Anti-Riot-Korps der Brigada Móvil der Mossos d’Esquadra eingesetzt wurde.

Laut der Presse, die wie immer ihre Rolle als Polizeisprecherin verdeutlicht, ist es das Ziel dieser Verhaftungen, „eine kriminelle Organisation mit terroristischer Zielsetzung und von gewaltsamem anarchistischem Charakter“ zu zerschlagen. Obwohl es einfach klingt, eine fixe Phrase noch einmal zu wiederholen, werden wir es tun: die einzige kriminelle Organisation, die versucht, mit ihrem gewalttätigen Charakter die Leute zu terrorisieren, ist der Staat und seine Tentakel: die Presse, der juristische Apparat, seine repressiven Korps und seine Politiker, egal von welchem Spektrum.

Weshalb hat uns diese repressive Handlung nicht überrascht? Weil wir sie erwartet haben.

Es geht nicht darum, Orakel zu spielen, oder sonst etwas dergleichen, sondern darum, die Ereignisse zwischen den Linien lesen zu wissen, manchmal in wortwörtlicher Weise. Wie es mit der Verhaftung von anderen Gefährten im vergangenen Jahr geschehen ist, so werden seit langer Zeit Wellen wie jene vom Dienstag gegen libertäre und antiautoritäre Umfelder inszeniert, und, auch wenn die verschiedenen Razzien nicht so groß waren, so verdeutlichten sie einen Horizont mit Situationen dieser Art.

Operation „a la italiana“

Seit bereits einigen Jahrzehnten erlebt das anarchistische Umfeld der nahen Region von Italien immer wieder, und in den letzten Jahren mit immer größerer Regelmäßigkeit, große Operationen, die ähnlich wie jene vom Dienstag sind. Nicht nur in der Form von zeitgleichen Razzien und Durchsuchungen in verschiedenen Häusern, sondern auch die Verwendung von Namen, die einfach zu merken sind, und mit einem gewissen schwarzen Humor, wie in der aktuellen Operation, die Pandora genannt wird, da dieser Fall, wie die Presse aus ihren richterlichen Quellen repetiert, „eine Büchse war, die sich trotz der zahlreichen Schrecken, die wir davongetragen haben, nicht öffnen ließ“. Mit „zahlreichen Schrecken“ beziehen sie sich auf verschiedene Aktionen, die in den letzten Jahren auf dem gesamten Gebiet des spanischen Staates stattfanden. Um auf die italienischen Operationen zurückzukommen, so braucht man sich nur an die Namen von einigen zu erinnern, die in den letzten Jahren geschehen sind. Beispielsweise die Operation Thor, deren Name auf die Anschuldigung einer Reihe von Angriffen mit Hämmern auf Bankomaten und Büros anspielte, die Operation Ixodidae, die auf den Fachnamen für die Gattung der Zecken Bezug nahm, wie die Faschisten die Kommunisten und Anarchisten bezeichneten, oder andere wie Ardire, Cervantes, Nottetempo, usw.

Abgesehen von der Vorgehensweise und der Namensgebung, ist ein Faktor, der uns stark an das nahegelegene Land erinnert, die Rolle der Presse, welche uns ebenfalls geholfen hat, das ersichtlich zu machen, was sich am annähern war. Seit bereits ungefähr 3 Jahren oder auch etwas mehr hat die spanische Presse eine Kampagne begonnen, um das Terrain so zu präparieren, dass Operationen wie diese nicht nur möglich sind, sondern auch voraussehbar. Indem sie Umfelder brandmarkte, einschließlich gelegentlich Räume oder Personen mit Namen und Nachnamen, Kollektive, usw, und daran arbeitete, ein karrikaturhaftes und etwas bizarres Bild von einem inneren Feind zu konstruieren, der, auch wenn das bereits seit Jahrzehnten üblich ist, in den letzten Jahren einen spezifischeren Charakter angenommen hat: der „gewalttätige Anarchist“, der „Insurrektionalist“, der „Systemgegner [Span.: Antisistema], der die sozialen Bewegungen infiltriert“, usw.

Das chilenische Fiasko

Das Jahr 2010 war ein glorreiches Jahr für den chilenischen Staat. Abgesehen davon, dass der Unternehmer und Viertreichste des Landes, der rechtsgerichtete Sebastián Piñera, zum Präsidenten gewählt worden ist, wurde eine polizeiliche, mediale und juridische Operation gegen das antiautoritäre Umfeld inszeniert, mit dem Resultat von etwa einem dutzend Hausdurchsuchungen und Verhaftungen, bekannt als Operation Salamander. Gemeinläufig wurde sie auch als „Caso Bombas“ bezeichnet, da sie auf der Untersuchung von einer Reihe von Sprengstoffanschlägen basierte, die in den vorhergehenden Jahren geschehen sind, und der Kreierung durch die polizeiliche Bildstrickerei einer hierarchischen Großstruktur von einem angeblichen Netz, das für all diese Explosionen verantwortlich sei: ein Zirkus, der nicht nur das Image des Staates schwächte, abgesehen davon, ihn ins Lächerliche zu ziehen, sondern die Grobheit der Untersuchungsvorgehensweisen offensichtlich machte, welche die Verfälschung von Beweismitteln, die Erpressung oder den Druck, um Informanten oder „Reuige“ zu erreichen, den Zufall, usw. umfasste. Der Prozess endete mit der Freisprechung von allen Angeklagten und mit einem Rachedurst von Seiten des chilenischen Staates gegen das Umfeld und die Personen, gegen welche ermittelt wurde.

Ein Jahr nach Beendigung der Farce des „Caso Bombas“, und durch eine Operation, diesmal auf dieser Seite des Teichs, arbeiten die spanischen und chilenischen Minister, Richter und Polizisten vereint an einem neuen Fall. Mónica Caballero und Francisco Solar, beide Ex-Angeklagte im „Caso Bombas“, werden in Barcelona verhaftet, wo sie zu diesem Zeitpunkt lebten, gemeinsam mit weiteren 3 Personen, die später aus dem Fall herausgelassen wurden, angeschuldigt der Anbringung einer Sprengvorrichtung in der Basílica del Pilar von Zaragoza, der Verschwörung zu einem solchen Zweck und der Angehörigkeit zu einer angeblichen terroristischen Organisation. Diese Gefährten befinden sich gegenwärtig in präventiver Haft in Erwartung eines Prozesses, von dem wir nicht wissen, wann er stattfinden wird, und ebensowenig wissen wir, inwiefern diese neue Repressionswelle ihren Prozess verändern wird.

Die Situation ist allen mehr oder weniger bekannt und wenn wir von etwas sicher sind, dann ist das, dass die kürzlichen Verhaftungen dazu dienen, einem Fall Gestalt zu geben, der für sich selbst nicht standhält.

Zufall?

Wenige Stunden vor den Verhaftungen vom Dienstag hat die spanische Regierung aus ihren Medien vernehmen lassen, dass die „Innenminister von Spanien und Chile eine neue Phase von verstärkter Zusammenarbeit im Kampf gegen den anarchistischen Terrorismus eröffnen“. Am vergangenen Montag, dem 15. Dezember, traf sich der spanische Innenminister, Jorge Fernández Díaz, in Chile mit dem chilenischen Vizepräsidenten und gleichzeitig Innenminister Rodrigo Peñailillo in dem Palast La Moneda, dem Sitz der Regierung, in Santiago de Chile. „Im Kampf gegen den Terrorismus wird Chile in Spanien einen soliden Verbündeten finden“, rühmte sich der Spanier, während er mit dem Großkreuz zum Verdienstorden von Chile ausgezeichnet wurde, der „höchsten Auszeichnung des Landes zum Zivilverdienst“, laut der Presse, eine Trophäe, welche der chilenische Staat in diesem Fall für die polizeiliche Arbeit und als Preis für die Verhaftung der Gefährten Mónica und Francisco des vergangenen Jahres gab.

Neben den Lobungen und Preisen, verkaufte der Geschäftsmann Fernández etwas von dem Seinen: polizeiliche und richterlicher Schulungen, verschiedenes repressives Material, usw.

Und das, was kommen wird…

Was ist der nächste repressive Schritt? Wir wissen es nicht. Im Moment weiß man wenig darüber, wie es unseren Gefährtinnen und Gefährten geht, darüber, was die genauen Anschuldigungen sind, darüber, welchen repressiven Mitteln sie unterzogen werden, ob sie in präventive Haft kommen oder nicht, etcetera.

Sicher ist, dass diese Operation keine isolierte Sache ist, sondern dass sie sich wie ein Glied mehr in eine Kette einfügt. Eine repressive Kette, die manchmal brutal und manchmal subtil ist, in welche sich die neuen Gesetze einfügen (man braucht nur an das kürzliche Ley Mordaza** zu denken), die Hetzjagd auf die Sans-Papiers durch immer größere rassistische Razzien, die Polizeibrutalität, bis zur Bestrebung, das Elend zu verwalten und die Repression zu administrieren, was trotz allem das ist, was der Staat tut, von Seiten einer Pseudo-Linken (mit Podemos*** an erster Stelle), welche auf eine immer offensichtlichere Weise eine Parodie von sich selbst ist. Zwangsräumungen, Schläge, Faschismen, gesetzliche und strafrechtliche Verhärtungen jeglicher Art, nationalistische und sozialdemokratische Trugbilder sind das, was uns die Gegenwart bescheren wird. Man braucht nicht auf Schlimmeres zu warten, das Schlimmere war nie weg.

Der Fächer an Möglichkeiten des spanischen Antiterrorismus ist ein Nähkästchen, in das alles hineinpasst. Er befindet sich da, in Sichtweite, um uns daran zu erinnern, dass zu kämpfen für den Staat Terrorismus ist. Er funktioniert wie eine Vogelscheuche. Werden wir uns erschrecken?

Der Staat und seine Agenten sagen, dass sie die Büchse der Pandora geöffnet haben. In der griechischen Mythologie ist Pandora das Äquivalent zur biblischen Eva. Mit der charakteristischen Misogynie beider Mythologien öffnet Pandora ihre Büchse, gleich wie Eva in ihren Apfel beißt, und befreit alle Übel, die sich darin befinden.

Wir aber, wir sind fähig, unsere eigene Erzählung zu kreieren, und uns ihre mythologische Scheiße am Arsch vorbei gehen zu lassen. Unsere Geschichte ist anders. Die „Büchse“, welche diese repressive Operation geöffnet hat, drängt uns dazu, zu handeln, die Wachsamkeit nicht zu senken, aufmerksam zu sein auf die nächsten Schritte von ihrer Mär. Sie bringt uns wieder und wieder darüber zum Nachdenken, welches die Welt ist, die wir wollen, und was die Distanz von jener Welt zu dieser ist. Sie bringt uns dazu, die Dringlichkeit davon zu sehen, zu handeln und vorwärts zu gehen.

Die verhafteten Gefährtinnen und Gefährten sind Teil von verschiedenen Projekten, Räumen, Kollektiven, usw, und es ist sehr wichtig, dass diese nicht verfallen, dass die Ruine (in allen Sinnen), zu der solche Situationen normalerweise führen, nicht Ohnmacht und ein Gefühl der Lähmung generieren.

Wir sagen immer, dass „die beste Solidarität darin besteht, den Kampf fortzuführen“. Einverstanden, aber was bedeutet das in der Praxis? Wir rufen auch im Chor: „wenn sie einen von uns anrühren, rühren sie uns alle an“. Dies hat sich bereits in den Antworten und Protesten verdeutlicht, die an verschiedenen Orten stattgefunden haben, ebenso wie in der bedingungslosen Wärme der Gefährten, die draußen sind.

Von einer Sache können wir sicher sein, und dies ist, dass die verhafteten Gefährtinnen und Gefährten diese Wärme spüren können, welche die Gitter und die Isolation durchdringt, denn es ist dieselbe Wärme, die auch sie in so vielen Momenten zu geben wussten.

Barcelona, 18. Dezember 2014

Anmerkungen:
* Ein zentrales Gericht in Spanien, das mit der Verfolgung schwerer Straftaten, namentlich des Terrorismus betraut ist.

** Die „Ley De Seguridad Ciudadana“, ein sogenanntes „Ley Mordaza“ („Knebelgesetz“), wurde am 29. November 2013 von Fernández Díaz eingeführt, und beinhaltet diverse Einschränkungen der Versammlungsfreiheit und Erweitert die Befugnisse der Polizei.
*** Eine bürgerrechtliche Partei, die sich aus der Occupy-Bewegung entwickelte, und sich im spanischen Wahlkampf beteiligt, während sie eine „Regenerierung der Demokratie“ fordern.

Spanischer Staat, Operation Pandora: 7 der 11 verhafteten Anarchist*innen verbleiben im Gefängnis

16. Dezember in Madrid. Freiheit für die anarchistischen Gefangenen! Rühren sie eine(n) an, rühren sie alle an!

Der Richter des spanischen Gerichtshof in Madrid Javier Gómez Bermúdez hat für 7 der 11 Anarchist*innen, die während der Operation „Pandora“ in Katalonien und Madrid festgenommen worden waren, Untersuchungshaft angeordnet; 4 weitere werden unter Auflagen freigelassen. Begründet wurde die Untersuchungshaft mit der Mitgliedschaft in einer anarchistischen terroristischen Organisation, die angeblich diverse Anschläge verübt haben soll.

Updates auf Spanisch hier

Turin, Italien: Bericht vom No TAV-Prozess

notav25feb12_2ritWir sind noch da

Turin, 28. Februar, 9h, Aula Bunker (Gerichtssaal-Bunker) des Gefängnisses der Vallette.

Man wusste, es lag in der Luft, dass es an dem Tag keine ruhige Anhörung im Prozess gegen die 53 NO TAV AktivistInnen geben würde. Die Einladung auf den Bewegungsseiten an alle Solidarischen, sich den Angeklagten anzuschließen, um gemeinsam Richtung Baustelle des TAV von Chiomonte zu marschieren, hat, neben den GenossInnen, eine starke Truppe Ordnungskräfte mobilisiert.

Die üblichen Eingangskontrollen beginnen bis alle Plätze vergeben sind. Viele werden draußen warten. Unterdessen schickt sich das neu gebildete Coordinamento der Angeklagten an – nach dem sehr guten Ergebnis der Idee des Kampftages am 22.02. (die von der Bewegung aufgenommen wurde) mit der Mobilisierung von über 50 Städten/Ortschaften –  ihre Schlacht im Saal zu führen. Wir müssen lautstark werden. Man muss zu diesem Verlauf des Prozesses, der mit der Staatsanwaltschaft als Regisseurin und einziger Protagonistin einhergeht, basta sagen.

Einer der bedeutendsten Aspekte dieses Kampfes gegen die Bahnlinie Turin-Lyon ist die Einheit der Absichten und der Praxis, die es, jenseits der unterschiedlichen Ideen, Sensibilitäten und politischen Wege, immer gelingt herzustellen. Das ist die größte Kraft der NO TAV Bewegung. Es gelang ihnen nie uns zu spalten.

Das Coordinamento der Angeklagten macht da keine Ausnahme. Im Gegenteil, gerade die Repression schafft es, die Beziehungen zwischen den Angeklagten noch zu festigen, die sich, unter Überwindung des Politischen, auch immer stärker in freundschaftliche Beziehungen verwandeln. Folglich leben alle Positionen, mit den entsprechenden Aktionen, in perfekter Harmonie zusammen. Im inneren Kreis wurde auch die Idee diskutiert, dass alle zusammen, als äußerster Protest, unseren AnwältInnen das Mandat zu entziehen.

Abgesehen davon, dass sich auch die VerteidigerInnen von diesem Prozess nichts erwarten (eigentlich sammeln sie bloß Elemente für die nächsten Instanzen), kam man am Schluss zum Ergebnis, dass ihnen völlig freie Bahn zu lassen und den AnwältInnen sogar die Möglichkeit zu nehmen ihre Einwände zu den Akten zu geben, schlussendlich ein allzu großes Zugeständnis an die Staatsanwaltschaft wäre.

Die Verteidigungsgruppe aus AnwältInnen verschiedener Städte hat bis jetzt einen sehr guten Zusammenhalt und Kampfeswillen bewiesen, mit einer großen beruflichen Kompetenz, was sie im Saal von Anfang an leidenschaftlich und entschlossen mit einer dauerhaften und intensiven Schlacht gegen die Staatsanwaltschaft umgesetzt haben. Und sicher werden  nicht die Angeklagten es sein, die diese gewachsene optimale Beziehung ankratzen werden, die sich bei allen Unterschieden und Besonderheiten der Rollen, zwischen dem legal Team und der NO TAV Bewegung gebildet hat.

Continue reading Turin, Italien: Bericht vom No TAV-Prozess

Aufruf von der ZAD ins Susa Tal: Widerstand und Sabotage!

Zerstören und Verwüsten, damit alles schneller geht, um Räume und Individuen zu kontrollieren, um immer mehr Geld zu machen. Fortschreiten und so tun als ob wir uns nicht dem entgegenstellen könnten, was uns unterdrückt. Das ist die Logik der Gesellschaften, in denen wir leben. Es ist das Projekt des Flughafens Notre-Dames-des-Landes (NddL). Es ist jene Gesellschaft, die ganze Städte und Dörfer umwandelt und die armen Menschen aussortiert. Es ist ebenso die TGV-Linie (TAV) zwischen Turin und Lyon, die durch das Susa-Tal verlaufen würde, indem der längste Tunnel Europas (57 km) durch die Berge gegraben wird, während sich die Wut all jener, die seit 20 Jahren dagegen kämpfen ausdrückt.

Wer den Flughafen in NddL und die Welt, die er mit sich bringt, bekämpft, kann sich auch mit dem No-TAV Kampf identifizieren. Staaten und Unternehmen würden uns gern fügsam und niedergeschlagen sehen. Aber sowohl im Susa-Tal als auch in der ZAD entschieden sich viele Menschen, dass die Projekte nicht umgesetzt werden und beschränken sich nicht darauf, passiv bei politische EntscheidungsträgerInnen betteln oder weiterhin nur “NEIN” zu rufen, was jahrelang ignoriert wurde. Sie erheben sich und experimentieren mit einer Vielfalt von Aktionen, um der Plünderung und Verwüstung zu widerstehen.

Gegen die Angriffe des Staates setzen sie sich zur Wehr und entschieden sich, solidarisch miteinander zu stehen. Wenn Bullen und SoldatInnen kamen, um zu räumen und zu zerstören, antwortete die ZAD massiv und unsere Entschlossenheit vereitelte ihre Intervention.

Im Susa-Tal ist es nun mehr als zwei Jahre her als der Staat, seine Bullen und SoldatInnen eine Festung bauten, um den Baugrund von Maddalena zu “beschützen”. Aber die Bewegung fährt damit fort, Tag und Nacht die Zäune niederzureißen, die Mascheinen zu blockieren, trotz Stacheldraht, Kameras, Schlagstöcken, Tränengas und andere repressive Angriffe zu demonstrieren. In der Nacht vom 13. zum 14. Mai griffen 30 anonyme No-TAV AktivistInnen das Baugelände des Hochgeschwindigkeitszuges im Susa-Tal an, indem sie in den Baubericht vordrangen und Materialien und Geräte niederbrannten. Diese schnelle und akkurat durchgeführte Aktion hat einmal mehr bewiesen, dass die Festung von “La Maddalena” nicht unberührbar ist und dass es möglich ist die Operation zu stoppen. Sabotage ist Teil des Kampfes, der öffentlich von No-TAV Bewegung unterstützt wird.

Am 9. Dezember 2013 nahm die politische Partei auf Befehl der Staatsanwaltschaft von Turin und Mailand vier GenossInnen – Chiara, Mattia, Niccolo und Claudio – unter dem Vorwurf des “Angriffs mit der Absicht des Terrorismus” fest. Sie sind angeklagt wegen der Beteiligung an der Aktion im Mai. Die Anschuldigungen drehen sich um den Artikel 270 des italienischen Strafrechts: “Italien und der Europäischen Union mit der Absicht Schaden zuzufügen, um autorisierte nationale und europäische Behörden davon abzuhalten, die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Lyon und Turin durchzusetzen und zu finanzieren.” Das Auftreten dieser Anschuldigungen gegen No TAV AktivistInnen kommt nicht von irgendwo. Im Angesicht eines kampfbereiten Bewegung, die staatliche Entscheidungen konfrontiert, die Diversität ihrer Aktionen verstärkt und zahlenmäßig stark ansteigt, befindet sich der Staat in der Klemme – also spielen er die Karte der “terroristischen” Repression. Es ist wichtig zu bedenken, dass die juristische Waffe von den Mächtigen gegen die Bewegung als ganze angewendet wird.

Der Staat legt uns seine “demokratisch” durch Recht und Legalität begründeten Entscheidungen auf und drückt sie mit allen Mitteln durch. Demokratie ist wie eine verstärkende Tür gegen jede Form von Dissens – bis auf Jammern. Wenn der Dissens nicht erliegt, wird die Tür mit Stacheldraht und SoldatInnen verstärkt. Wenn sich Dissens in Widerstand und Sabotage äußert, deckt sie “die terroristischen Absichten” des Kampfes auf. Die Mach spricht eine klare Sprache: “Du magst unsere demokratischen Entscheidungen nicht und bist gegen sie? Dann bist du ein Terrorist!” Bewegungen gegen den TAV und den Flughafen verliehen dem klaren “NEIN” Deutlichkeit durch jahrelange Erfahrung, Wissen, Konfrontationen und Aktionen. Es ist diese Entschlossenheit, die ‘anti-demokratisch und terroristisch’ wird und nicht eine spezifische Aktion: Der Angriff auf das Baugelände in jener Nacht. Diese repressive Offensive ist in der Anwendung ein Instrument gegen den sozialen Konflikt und kann jeden Kampf treffen. Es ist wichtig, so massiv wie möglich zu antworten.

Terroristen sind die, die unsere Leben und Räume, in denen wir leben, verwüsten und zerstören. Der Terrorist ist der Staat. Support für alle GenossInnen, die inhaftiert und angeklagt sind, ist nicht nur ein Akt der Solidarität, sondern die entschlossene Artikulation des Kampfes und seiner Gründe im Susa-Tal, der ZAD und sonst überall.

Am 22. Februar wurde ein Tag der Solidaritätsaktionen von der Bewegung No TAV ausgerufen. Die Versammlung am 22. Februar 2014 in Nantes gegen den Flughafen ist eine Gelegenheit, um unsere Unterstützung unseren GenossInnen entgegenzurufen und denselben Atem der Entschlossenheit zu teilen: Der Kampf hört nicht auf!

Freiheit für Mattia, Chiara, Claudio und Nicco. Freiheit für alle!

Checkt auch: Für weitere Informationen über den No TAV Kampf, über die Festgenommenen und die Kämpfe gegen den Flughafen

Fühlt ihr euch von dem Aufruf angesprochen? Kommt in Kontakt mit uns und lasst uns von euren Aktionen wissen!

Quelle

Italien: Flugblatt aus Mailand

Piazza Fontana (12. Dezember 1969) – Val di Susa (heute)

Terrorist ist der Staat!

Vor 44 Jahren hatte mit dem Sprengstoffattentat der Piazza Fontana (17 zerrissene Tote und ein aus dem 4. Stock des Polizeipräsidiums aus dem Fenster geworfener  Anarchist) der Staatsmassenmord begonnen. Eine lange Zeit der Bomben, Lügen und Staatsstreichdrohungen, um die Bewegung zu erpressen (mit der PRAKTISCHEN Heraufbeschwörung der grauenhaftesten Szenarien), um sie zur „Vernunft“ zu bringen und sie würgten damit ihren vitalen Schub und die mit der Ordnung der Dinge unvereinbaren Bestrebungen ab. Auf diese Zeit gegen Ende der 70ger Jahre folgte eine andere, noch traurigere, aus Massenverhaftungen jener Tausenden  jungen (und nicht nur) ProletInnen (und nicht nur), die sich nicht beugen wollten und die als unmenschliche und gefährliche „TerroristInnen“ dargestellt wurden, gegen die alles rechtens war, Folter mit eingeschlossen. Damit beabsichtigte der Staat das Gewaltmonopol im Inneren wiederzuerlangen um es im Äusseren frei ausüben zu können. So kamen also die neuen Kriege und Kriegchen unter der dreifarbigen Nationalfahne, die selbstredend als „humanitäre Eingriffe“ verkauft wurden (mehr als zwanzig in den letzten dreissig Jahren). Und an der „inneren Front“ : Lager für „klandestine“ ImmigrantInnen, proppenvolle (und oft tödliche) Knäste, viel Arbeit für wenig Geld (und immer weniger), Prekariat, Verrohung in der „unendlichen Peripherie“ (im Schatten glitzernder Megastores) und so weiter im Niedergang…

Ein eben peripheres Tal, westlich von Turin, facht jedoch gegen Ende 2005 die Hoffnungen wieder an. Keine zwar schöne aber kurze Flamme wie jene von Genua im Juli 2001, sondern ein solide angerichtetes Höhenfeuer, das dem schneidenden Wind, der Venaus schon immer peitscht, zu trotzen fähig ist.  Dort, zum ersten Mal seit vielen Jahren, gelingt der kollektive Widerstand gegen die wahnhaften DIKTATE von Staat und Kapital. Die Aktionen finden wieder Worte, die Intelligenz aller Einzelnen nährt die Praktiken aller. Kurz: ein schöner Flächenbrand! Dank dem dieses  unbedeutende und eben periphere Tal ZUM TAL wird, ein Exempel, in Italien und nicht nur, für alle Mobilisierungen zur Verteidigung des Lebens gegen die Geschäftemacher, die an Grossprojekten interessiert sind.

Grund zur Erfüllung und zum Stolz für die Teilnehmenden, als im Mai 2012 die NO TAV Bewegung durch eine Innenministerin (Annamaria Cancellieri, aktuell Justizministerin, die sich kürzlich demonstrativ dazu bekannte mit einer solchen Geschäftemacherbande wie der Familie Ligresti verbandelt zu sein) zur „terroristischen Gefahr“ und sogar „zur Mutter aller Sorgen“ gestempelt wird. Und wie unser chinesischer Lieblings-Weiser sagt, „wenn der Staat sich Sorgen macht, gibt es allen Grund zur Sorge“. Da der Staat seine Besorgnis durch das Einschnappen der Handschellen ausdrückt, vor allem wenn er keine anderen eher konsensfähigen Argumente mehr hat. Die von Ermittlungen betroffenen, verhafteten, verbannten NO TAV erreichen mittlerweile fast die Tausend, während jede Mobilisierung gegen die Hochgeschwindigkeit die bösartige Aufmerksamkeit einer Presse erhält, vor der jene in den zwanzig Jahren Faschismus geradezu blass aussieht, was die Unterwürfigkeit gegenüber der Macht anbelangt.

Am Montagmorgen 9. Dezember 2013 werden auf Befehl der Turiner Staatsanwälte Paladino und Rinaudo zwischen Turin und Mailand vier GenossInnen verhaftet. Die ihnen angelasteten Taten betreffen den Angriff auf die Tav-Baustelle von Chiomonte, der in der Nacht des 13. und 14. Mai 2013 durchgeführt wurde. Ein Sabotageakt, der ganz klar nur auf die Maschinen der Baustelle gerichtet war, der aber für den bekannten Jammerlappen Stawa Caselli eindeutig „gegen die Personen“ gerichtet war (während VIEL EINDEUTIGER JEDOCH niemand auch nur einen Kratzer bekam) und in den Gerichtsakten nun zum „Attentat zu terroristischen Zwecken“ zur „terroristischen Handlung mit tödlichen Sprengkörpern, Besitz von Kriegswaffen, Sachbeschädigung“ wird. Nicht besonders unerwartet, denn eine solche unverhältnismässige Qualifizierung des Straftatbestandes wurde, kurz nach den Ereignissen, von einem Minister (Maurizio Lupi) als Boss der Gesellschaft, die das Vorhaben realisiert, suggeriert. Nämlich als Big Boss der Compagnis delle Opere, des tentakelartigen Pakets das der fundamentalistischen Sekte Comunione e Liberazione vorsteht, die am AFFAIRE mit interessiert ist, gemeinsam mit den wirtschaftlichen Strukturen die mit dem Partiti Democratio verbandelt sind.

Die Durchsuchungen und Verhaftungen des vergangenen Montags sind mindestens ein Präzedenzfall, seit Ende vergangenem Juli, als gegen 12 NO TAV AktivistInnen wegen der Straftatbestände Attentat zu terroristischen Zwecken oder Umsturz und Tragen von Kriegswaffen ermittelt wurde. Ebenfalls durch die  Staatsanwaltschaft Turin fanden etliche Durchsuchungen in der Val di Susa und Chiomonte statt, unter anderem in der Kneipe „La Credenza“ in Bussoleno als lokalen Bezugspunkt der Bewegung.

Worte sind nicht neutral. Sprache impliziert immer eine, manchmal mehr manchmal weniger bewusst, Aufstellung von Werten. Die Vokabeln haben manchmal sexuelle, kulturelle und politische Eigenschaften. Das beharrliche und bewusst betrügerische Geschrei „Terrorismus“ zielt auf die Schwächung der NO TAV Bewegung ab, sie innerlich zu spalten und die Menschen vom Kampf abzubringen, indem sie als fremde, unverständliche und absurd gewalttätige Sache dargestellt wird.

Es ist jedoch gewagt Menschen für dumm verkaufen zu wollen und alles auf die Propaganda zu setzen, wenn sie den Zeitungen nicht mehr wirklich glauben, wenn Geschäftsleute als unersättliche Blutsauger wahr genommen werden und PolitikerInnen sicher keinen guten und astreinen Ruf mehr geniessen. Und wie unser Lieblingsordinarius mit Lehrstuhl für Atomanlagen meint (wohl Adinolfi gemeint, der durch Schulen und Lehrsäle tingelt – d. Üb.), setzt der Staat mit dem Tav das letzte Kleingeld um das Unausweichliche zu bekämpfen, wie „wenn du am verlieren bist und weisst, dass du verlieren wirst“.

Hoffentlich hat er recht. Ein wenig wird es auch vom Einsatz Aller und aller Einzelnen abhängen. Fakt ist jedenfalls, dass es wenige Stunden vor den Verhaftungen in der Val di Susa und in Turin neue Aktionen gegen Betriebe gab, die mit der Umweltzerstörung kollaborieren: z.B. wurde der Eingang GeoData (Turin) mit Kette und Vorhängeschloss blockiert, vor der Firma Italmatic (Leini), die Kaffeemaschinen an die Baustelle liefert, hing ein Transparent mit dem Spruch „Kein Kaffee für die, die zerstören“. Der Tropfen der den Stein aushöhlt, kleine Aktionen von Jedermann/frau und von irgendwem und darum umso wichtiger. Wie das von den TalbewohnerInnen geschriebene und getragene Spruchband bei der Demo in Susa am letzten 16. November gegen die Militarisierung: „No Tav- Prozesse ein einziger Kampf“.

Und zuletzt die standfeste und solidarische Antwort des Tales auf die letzten vier Verhaftungen, seit Montagabend.

Jede Epoche hat ihre Kampfformen, ihre Leidenschaften, ihre Worte. Nur eine miese Richtertoga oder ein italienischer Durchschnittsjournalist kann sein Leben vergeuden indem er nach „Vätern“, „Stabsübergaben“, „sprachlichen Assonanzen“ sucht. Das Risiko ist da unter anderem auch, dass man am Ende als Narr dasteht, wie jener Magistrat von Bologna, der seit einigen Monaten gegen drei über Siebzigjährige und einen jungen NO TAV  wegen Anstiftung zum Verbrechen ermittelt: die vier hatten sich am Begräbnis von Prospero Gallinari, vom verstorbenen Freund und Genossen mit erhobener Faust, roten Fahnen, der „Internationale“ und mit einem Gedicht von Berthold Brecht und einem NO TAV BUCHZEICHEN verabschiedet!

Zum Schluss ein Auszug vom Flugblatt das sofort, spontan und mit grösster Klarsicht den staatlichen Massenmord angeprangert hat: „Die Sabotage muss in der Zukunft permanent stattfinden, in der Fabrik und auf allen Ebenen der Gesellschaft, wo die Kämpfe, die Kritik an der Wissenschaft, an der Ware, an der Arbeit bereits begonnen haben, bis zur Zerstörung der kapitalistischen Organisierung des sozialen Friedens” (“Bomben Blut Kapital” von Ludd- proletarische Räte).

Mattia, Chiara, Claudio, Niccoló liberi!
Liberi tutti! Libere tutte!

Terrorist ist, heute wie damals, der Staat.

nonostante milano

Übersetzung mc, Lenzburg

Rio de Janeiro: Bullen prügeln einen 18-Jährigen zu Tode

In den frühen Stunden des 17. Oktober 2013 wurde Paulo Roberto Pinho de Menezes, 18, von Beamten der ‘Polizei Pazifierungs-Einheit’ (UPP) in der Favela Manguinhos in Rio de Janeiro zu Tode geprügelt. Die Bullen setzten den Teenager außer Gefecht und nahmen ihn in eine dunkle Seitenstraße, wo sie ihn wild zu Tode schlugen. Die genauen Hintergründe seiner Ermordung sind noch nicht bestätigt. Seine Mutter und andere AnwohnerInnen haben jedoch bestätigt, dass Paulo Roberto unter einer Gruppe von Jugendlichen war als Cops der UPP einen Kontrollgang in der Favela durchführten.

Am späten Nachmittag des 17. Oktobers revoltuierten Jugendliche und griffen wütend auf die Ermordung Paulo Robertos die Cops mit Steinen an. Die brachiale Gewalt der Repressionskräft eskalierte die Situation nur noch weiter als Cops Verletzungen durch scharfe Munition bei mehreren Individuen verursachten. Ein 17-jähriges Mädchen wurde von einer Bullenkugel im Bein getroffen und ins Gefängnis abtransportiert. Die Bullen zögerten auch nicht, der Schwester von Paulo Roberto zu drohen, indem sie sie mit einer Waffe anvisierten.

Die Beerdigung des Jungen wurde auf Freitag, den 18. Oktober, angesetzt. Am selben Tag wird zu einem Trauerprotest aufgerufen, um den zigsten Mord aus den Händen der Polizei zu verurteilen.

Zur genauen Rolle der ‘Polizei Pazifierungs-Einheit’ (UPP) in den Säuberungen der Favelas empfehlen wir unsere Broschüre, die sich mit Stadtumstrukturierungsprozessen im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Sommerspiel 2016 auseinandersetzt. Ein Video mit englischen Untertiteln, das von einem weiteren Mord in der Manguinhos Favela im März 2013 handelt, kann hier gesehen werden.

L’Hospitalet, Katalonien: Fünf Banken in Solidarität mit den fünf Gefangenen von Sabadell (Barcelona) angegriffen

Wir sind als Gruppe aktiv seit ungefähr einem Jahr. Während dieser Zeit haben wir einen leichten Anstieg in der Aktionsform erlebt, mit der wir uns identifizieren. Ebenso haben wir ähnliche Aktionen durchgeführt und uns dazu entschieden, sie über dieses indymedia öffentlich zu machen, um ihre Replikation zu fördern.

Abgesehen von uns gab es kürzlich einen Versuch, Aktionen als Teil einer “Kampagne” oder einer ähnlichen Ansammlung von Aktionen zu umrahmen. Danach war Schweigen die Antwort von einem Großteil der anarchistischen und nihilistischen Strömungen in Katalonien (oder es wurde zumindest nichts im Internet verbreitet).

Wir halten an unserer Strategie und politischen Linie fest: Wir sehen die Aktionen der Informellen Anarchistischen Förderation (FAI) und andere anonyme Aktionen als kleine Funken. Wir ergreifen die Möglichkeit, um eine solidarische Umarmung an all diejenigen Individuen zu senden, die sich dazu entschieden haben, von der Theorie zur Praxis überzugehen, in Bezug auf direkte, materielle Aktionen.

In anderen Communiqués haben wir Aufrufe dazu gemacht, die Strategie der Sabotage und/oder des urbanen Guerillakampfes in die Leben und Worte derer zu integrieren, die sich mit antistaatlichem, antikapitalistischem, antiautoritärem und gegen die Herrschaft gerichtetem Denken identifizieren. Das ist, was einige von uns als Anarchismus und andere als Anarcho-Nihilismus sehen.

Heute rufen wir zur Geschlossenheit bezüglich der fünf Gefangenen im Zusammenhang mit dem Sabadell – Treff auf.

Momentan haben wir keine direkte Information von ihnen; nur Worte von ihnen nahestehenden Personen und ihren Verwandten. Aber es scheint, dass sich bereits viele Menschen vorschnell gegenüber den Gefangenen positionieren. Die fehlende Solidarität oder Reaktion aus Barcelona ist besorgniserregend.

All die Blicke wenden sich irgendwo anders hin, während diese Gefangenen in FIES-Isolationshaft sind. Wenn man die Massenmedien und die richterliche Anordnung liest, ging die Analyse davon aus, ob sie entweder Drogendealer sind oder nicht hinzu sie haben verraten oder nicht. Es scheint so, dass beim Eintritt in das spanische Straf- und/oder Gefängnissystem, die Geschichte des Inhaftierten oder strafrechtlich Verfolgten aus politischen, moralischen, sentimentalen und ästhetischen Gründen in Frage gestellt wird.

In der Zwischenzeit hält der Staat fünf Individuen gefangen, die sich selbst offensichtlich als AnarchistInnen bezeichneten. Es geht nicht darum jemanden (vom Anarchismus) blind zu unterstützen. Aber die Tatsache ist, dass sie wegen etwas verhaftet wurden, das uns alle betrifft.

Es scheint, dass manchmal die Geschlossenheit der ‘anarchistischen Kirche’ verschwindet, meistens wenn die Realität die Linien bricht, von denen wir umrahmt sind; in diesem Fall unsere Antwort auf den staatlichen Angriff gegen den Anarchismus.

Der Staat wird nicht nur im Auge behalten, wie wir unser Leben führen – das ist beinahe irrelevant – aber er wird versuchen uns zu verfolgen, indem er uns dort trifft, wo wir es am wenigsten erwarten, um so Paranoia zu erzeugen und GenossInnen – wo auch immer sie in Aktion treten – zu lähmen. In letzter Zeit ist es mehr und mehr üblich, dass die Massenmedien mit dem Finger auf AnarchistInnen zeigen, sie mit terroristischen Gruppen und Menschen verbinden, die auf die Erzeugung von “riots” in den “friedlichen” Protestbewegungen abzielen – sowie die Plattform der Leute, die von der Hypotheken betroffen sind (PAH), den 15M ´Indignados´, etc. Die Macht prüft die Gewässer, bereitet den Kontext zum Streiken vor und tut es öffentlich, indem sie „gute“ und „böse“ DemonstrantInnenn zeigt. Das ist keine neue Strategie, doch wir müssen wachsam sein und geschlossen mit unseren Erklärungen antworten. Weder ist Ignorieren die Antwort auf die Situation, noch ist es Schweigen.

Unsere eigene Antwort für die Inhaftierten ist der Anfang, unser Kampf ist ein Akt der Solidarität; die Fortführung unserer Angriffe ist ein Akt der Solidarität.

Solidarität mit den 5 Gefangenen!

Angesichts des staatlichen Angriffs auf einen Treffpunkt und auf die anarchistische Bewegung, haben wir fünf Banken im Randgebiet von L’Hospitalet zerstört.

Gesundheit, Anarchie und revolutionärer Nihilismus!
Lobos Negros | Schwarze Wölfe

Athen: Roma Gemeinde von gewaltsamer Räumung durch griechische Behörden bedroht

Am Montag, den 13. Mai protestieren die Roma der Gemeinde Halandri gegen die angekündigte Räumung ihrer Siedlung. Diese befindet sich am Rande von Iridos- und Santaporoustraße, nur wenige Schritte entfernt von der ziemlich neuen Metro Station „Nomismatokopeio“ in der Mesogeion Straße.

In dieser Siedlung leben seit 1971, somit inzwischen mehr als 40 Jahren, duzende Roma-Familien. In den letzten Monaten haben „empörte BürgerInnen“ (als gewöhnliche AnwohnerInnen getarnte FaschistInnen) die Roma drangsaliert, sie als KrankheitsüberträgerInnen dargestellt und sie in gewohnt feiger Manier attackiert. Außerdem haben FaschistInnen wiederholt gefordert, dass die Kinder der Roma nicht auf dieselben Schulen in Halandri gehen sollen, die von griechischen Kindern besucht werden. Diese unverhohlen rassistischen Beschwerden gegen die Roma Gemeinde sind seit dem Aufstieg der „Goldenen Morgendämmerung“ und ihrem Einzug ins griechische Parlament im letzten weiter angestiegen.

Staatliche Behörden haben die Zerstörung dieser Roma-Siedlung für Dienstag, den 14. Mai angesetzt. Die Anordnung dazu kommt von Dimitris Kalogeropoulos, dem Generalsekretär der Region Attika.

Um der Räumung morgen Widerstand entgegen zu setzen, ist eine solidarische Präsenz in Nähe der Nomismatokopeio Metro Station auf der Mesogeion Straße erforderlich.

Athen: Ausgang des Verfahrens gegen AnarchistInnen bzgl. der Besetzung des kommerziellen Radiosenders FLASH

Nach wiederholten Verschiebungen fand am 8. März 2013 der Prozess bzgl. der Besetzung der Räume des Radiosenders FLASH statt, die am 10. Januar 2012 in Solidarität mit all jenen, die wegen des Revolutionärer-Kampf-Verfahrens verfolgt werden, durchgeführt wurde und in Massenverhaftungen endete.

Die wegen der Besetzung angeklagten Leute verlasen eine kollektive politische Stellungnahmen vor Gericht und betonten: “Wir werden weiterhin – und noch kämpferischer – in Solidarität mit unseren GenossInnen stehen, die im Revolutionärer-Kampf-Verfahren verfolgt werden. Wir haben das Recht auf unserer Seite und wir werden gewinnen.”

Alle von ihnen wurden zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Die Bewährung hält für drei Jahre an und wurde nur verhängt, weil sich die GenossInnen weigerten, Fingerabdrücke zu geben. Die anfänglichen Anschuldigungen, die gegen sie vorgebracht wurden, – ‘Glorifizierung von kriminellen Handlungen’ – wurden fallengelassen. Daher verließen alle Angeklagten den Gerichtssaal als ‘freie’ Menschen. Die Richter drückten jedoch einem Genossen eine Kaution auf, dessen Strafe aufgrund einer früheren Verurteilung nicht auf Bewehrung ausgesetzt wurde. Er wird daher gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

Übersetzungsnetzwerk für Gegeninformation