Die Mächtigen in Paraguay sind Herr*innen über alles, , darunter soziale und politische Konflikte. Sie verfügen über viele Tentakel. Den Leuten gewähren sie Anteil an diesen Konflikten, aber nur als Zuschauende oder Handlanger*innen. Dazu gezwungen, sich auf diese Art zu beteiligen, wachen die Menschen manchmal auf und entdecken, den ihren eigenen Interessen und Forderungen entsprechenden Konflikt wieder. Sie brechen mit dem, was die Elite von ihnen erwartet und überwinden ihre ihnen zugewiesenen Rollen und verändern die Lage dramatisch.
Das ist es, was wir am 31. März gesehen haben. Das Anzünden des Kongresses war nicht Bestandteil des Plans der Elite, den Konflikt des Landes zu bewältigen. Aber es war eine Herzensangelegenheit der Leute, eine Institution in Brand zu setzen, die Jahrzehnte politischer Unterdrückung symbolisiert. Die Menschen entschieden nach ihren eigenen Wünschen zu handeln und erfuhren die Freude den Kongress nieder zu brennen, indem sie all die vorher festgelegten Pläne zerstörten und der Kontrolle der Macht entkamen und eins mit dem Feuer wurden.
Die Fakten veränderten sich, als die Menschen handelten und zu Protagonist*innen ihre eigenen Geschichte wurden. Genauso wie die Mächtigen immer unser Leben von uns enteigneten, können wir ihre Konflikte enteignen und sie zu unseren machen, jedenfalls für einen kurzen Moment. Die Mächtigen mögen es nicht, wenn die Menschen ihrer Kontrolle entkommen. Das ist es, wenn ihre Akteur*innen zur Ruhe im Namen eines Friedens aufrufen, der für Andere und ihre eigenen Interessen ist und niemals für die Menschen selbst. Dieser Moment kann sehr kurz sein. Jetzt rufen sie zur Ruhigstellung und sozialen Frieden auf.
Die Momente und gängigen Verfahren, die während kritischer Lagen, wie die am 31. März zu erleben sind, passen nicht in die Pläne oder zu den Richtungen von denjenigen, die sich dem politischen Theoretisieren widmen und niemals über ihre Parteipläne hinaus schauen.
Direkte Aktion und die Mobilisierung auf der Straße sind Lernprozesse für die Bewegung und die Leute entdecken, dass sie über mehr Autonomie verfügen, als sie während dieser befreienden und konstruktiven Erfahrung eines sozialen Konflikts realisiert haben. Einem Konflikt, der auf Jahre von Ungleichheit und politischen Machtmissbrauchs reagiert. Die individuellen und kollektiven Geschichten von Leuten manifestieren und materialisieren sich in konkreten Aktionen gegen das, was sie täglich als Macht erkennen und in Solidarität mit denen, die ihnen zur Seite stehen und die selbe Repression erleiden. Eine exzellente Beschreibung dieser Aktion ist „Improvisation“
Die Polizeigewalt war nichts Ungewöhnliches oder etwas, was aus dem Rahmen fiel, noch war es eine Überraschung, wie es einige jetzt sagen. Dieses Mal schritt die Polizei voran, so bald die Fernsehkameras ausgeschaltet wurden, die Straßen von Asunción in eine Neuauflage von Stroessner‘s Diktatur in den 1970ern zu verwandeln. Willkürlich wurden sogar diejenigen verhaftet, die sich in der Nacht vom 31. März bis zur Morgendämmerung des 1. April von der Konfliktzone entfernten. Insgesamt waren das Ergebnis über 200 Verhaftete, Angriffe auf die LGTBIQ Kommune, sexistische Gewalt und übermäßige Repression, vor allem die kalblütige Ermordung des jungen Rodrigo Quintana während eines Angriffs auf eine Parteizentrale der lokalen politischen Opposition.
Verfassungmäßigkeit, Institutionalität und Legalität sind nicht die grundlegenden Themen und wir alle erkennen das. Legalität ist die, ihren Interessen unterworfene, Ausübung ihrer Macht zu einer bestimmten Zeit, weshalb sie sich verändert, wenn ihre Interessen sich ändern. Staatliche Gewalt ist eine Antwort, um die von ihnen selbst bewirkte, politische Krise zu beenden. . Es überrascht uns nicht, aber es hindert uns nicht, wütend zu sein. Die Mörder von Rodrigo Quintana verdienen keine Straflosigkeit.
Jetzt ist die Zeit zu handeln, die Praxis der Autonomie, allen Widrigkeiten zu Trotz, durch Direkte Aktionen umzusetzen und sich gegen das, zu stellen, was von den Leuten erwartet wird, d.h. Unterordnung, Gehorsam innerhalb vorher in Parteizentralen festgelegter Grenzen und die Rollen als Zuschauende.
Lasst uns den Augenblick nutzen und nicht die etablierten Rollen erfüllen.Verzichtet für einen Moment Lehrlinge und Zuschauer*innen zu bleiben. Wir sind „Pueblo“, wir sind Aktion.
Koordination Anarchistischer Gruppen und Einzelpersonen Asunción – COGIA
Die laufenden Ereignisse des 31. März haben uns trotz gemischter Gefühle und interner Auseinandersetzung über die uns selbst und unseren GefährtInnen gestellte Frage, „Was uns als Anarchist*innen an der Verfassung oder der politischen Krise überhaupt interessieren sollte” selbst tief getroffen.
Wir waren, wie viele andere Leute, überrascht von der spontanen Explosion von Wut und Langeweile von Leuten, die so unterwürfig und gewohnt an Passivität , aber so müde waren, dass sie ihre Angst vor Tränengas und die Gummi-Geschosse verloren und sich widersetzten , erhoben und ihre wildesten Leidenschaften entfesselten. Trotz der Aufruhe zur Ruhe und friedlichen Protesten durch Sentatoren und Parteiführung, haben sie die Leute ignoriert und entdeckt, was sie für sich selbst tun können. Den Kongress nieder zu brennen ist nicht unbedeutend.
Im Zentrum des Konflikts war der Einfallsreichtum und die Kreativität von Leute, die sich der polizeilichen Repression widersetzten, ohne von irgendeiner Person geleitet worden zu sein. Die Straße wurde der Lernort, wo sie einen Schritt Richtung des Verlernens von Passivität und einen weiteren Richtung Erfahrung von Widerstand, Selbstverteidigung und Angriff gegen Symbole von Erfahrungs traten.
Scharfe Muniton, die auf den Straßen Estrella, Chile und anderen Plätzen in der Stadt abgefeuert wurde, war nicht genug, die Wut tausender Arbeiter*innen , Student*innen, Chacariteños und Rocker zu zerstreuen, die ihr Pläne für Freitagnacht, aufgrund des verräterischen Repressionsspektakel änderten und sich entschieden , den destruktiven Luddismus freien Lauf zu lassen, der nötig ist mit dem Frieden der Abgestorbenen zu brechen.
Wir fordern, angesichts der jüngsten Ereignisse alle im Alarmmodus zu bleiben und wir ermutigen alle selbst-organisierten Gruppen und Einzelpersonen, sich nicht zurückzuziehen, nachzulassen oder aufgrund von parteiischen Kalkulationen beinflussen zu lassen, die uns nur in Furcht zurückfallen lassen. Lasst immer die revolutionäre Praxis die Antwort auf Staatsterrorismus sein! Gegen soziale Passivität.
Seht wie gegenseitige Unterstützung und Solidarität spontan von Leuten praktiziert wurden, die dir Salzwasser gaben, wenn du keine Luft mehr vom Tränengas bekamst und dich an einen sicheren Ort trugen, selbst dann, wenn sie ein Ansturm blauer Helme riskierten und von anderen Leuten, die dich aus den Klauen der Polizei retteten. Diese Vorgehensweisen sind sehr wichtige Ansatzpunkte für uns als Anarchist*innen, die ein Leben voller Freiheit, ohne Autorität entwerfen, es sich wünschen und danach streben.
Von unserer Positionierung als Anarchist*innen laden wir euch ein, sich an allen zukünftigen Demonstrationen zu beteiligen, wieder auf die Straße zu kommen und den Kampf gegen staatlichen Terrorismus zu entzünden.
Habt den Feind immer vor Augen. Glaubt nicht an Reden von Partei-Anhänger*innen und schafft den „Krieg der Informationen“ aufzudecken, der uns immer erreicht, wo unser Kampf Realität ist.
Es gibt keine Erlösung für unterwürfige Menschen, das Blut der Unschuldigen wird nicht unbestraft bleiben.
Am 3. August erhielten mehrere AnarchistInnen aus Den Haag und eine Person von außerhalb der Stadt einen Brief vom Bürgermeister Van Aartsen. Er hatte den Zweck ein Aufentshaltsverbot für zwei Monate für Schilderswijk zu verhängen, einem Arbeiter- und MigrantInnenviertel in der Innenstadt von Den Haag. Der Bürgermeister möchte das sogenannte „Fußballgesetz“ nutzen, das jetzt zum ersten Mal gegen politische AktivistInnen eingesetzt wird. In letzter Zeit sind AnarchistInnen in Den Haag starker Repression ausgesetzt. Vieles kommt dabei direkt vom Büro des Bürgermeisters.
50,000 Euro Schadensersatzforderung für die Räumung von De Vloek
Während der Räumung des für dreizehn Jahre besetzten Sozialen Zentrums wurden zehn Leute verhaftet. Fünf verblieben für zwei Wochen mit dem Vorwurf im Gefängnis Gewalt gegen die Polizei angewendet zu haben. Mehrere Monate nach ihrer Entlassung erhielten diese zehn Personen einen Brief vom Bürgermeister Den Haags, der einen Schadensersatzsanspruch über 50,000 Euro geltend machte. Bei der weiteren Untersuchung der Details dieser Forderung wurde offensichtlich, dass sie weitgehend auf Kosten beruht, die nichts mit der Räumung zu tun hatten. Sie beinhaltete die Entfernung von Container voller Bauschutt, die angeblich für den Barrikadenbau genutzt wurden. (De Vloek wurden unmittelbar nach der Räumung abgerissen) und die Säuberung der Straße von Farbbeutelfarbe (die Straße wurde noch nicht einmal gereinigt, sondern ein paar Wochen nach der Räumung im Rahmen planmäßiger Wartungsarbeiten ersetzt)
Diese riesige Summe wurde nicht bezahlt, was zu einem noch anhaltenden Verfahren führte. Die Forderung zur Zahlung einer solch hohen Entschädigung geschieht nicht oft, ist aber auch nicht neu. Früher, nach der Räumung vom Ubica, einem Squat in Utrecht, wurde ebenfalls eine exorbitante Schadensersatzsumme gefordert. Die Bestrafung aller Widerstand Leistender, wird nicht nur durch Freiheitsstrafen erreicht; Sie versuchen auch die “Schuldigen” in den finanziellen Ruin zu treiben. In diesem Fall ist die Bestrafung der Widerständigen auch der Katalysator: Die VVD, die politische Partei von Van Aartsen forderte den Stadtrad auf, den ganzen „Schaden“ zu verlangen.
Schließung des Autonomen Zentrums
Allerdings stoppte der Bürgermeister nicht mit der Schadensforderung für die Räumung des De Vloeks. Auch das Autonome Zentrum (AC) hatte den Preis zu zahlen. Das AC wurde nach vier Jahren im Wohnviertel Bezuidenhout geräumt. Im Anschluss wurden drei Gebäude im Harstenhoekweg besetzt, um mit den Aktivitäten des Autonomen Zentrums fortfahren zu können.
Der Bürgermeister hatte gemeinsam mit dem Eigentümer eines Gebäudes den Plan einer Räumung aufgrund angeblicher Asbestgefahr. Es folgte ein Gerichtsverfahren, das der Bürgermeister verlor, so dass der Räumung nicht stattgegeben wurde. Wenige Monate später kam ein Brief, der besagte, dass der Bürgermeister das Gebäude, in dem sich das AC befindet dicht machen würde, weil dort ein illegales Café betrieben wird. So hat der Bürgermeister versucht Orte zu schließen, die eine hohe strukturelle Bedeutung für die anarchistische Bewegung haben. Dieser Prozess das AC zu schließen ist immer noch im Gange.
Aufstand in Schilderswijk
Als Mitch Henriquez 2015 von der Polizei zu Tode gewürgt wurde, lehnten sich Tausende von Menschen in Schilderswijk gegen die Polizei und den Staat auf. Hunderte griffen die Polizeistation an und es gab vier Nächte lang Zusammenstöße mit der Polizei. Der Aufstand war erwartete Reaktion auf die Polizeimorde und rassistische Polizeibrutalität im Viertel in der letzten Zeit.
Seit Jahren haben AnarchistInnen und AntifaschistInnen Maßnahmen gegen rassistische Polizeibrutalität im Viertel ergriffen und das ist ein Stachel für die Seite des Bürgermeisters. Verschiedene Stadteilorganisationen versuchen mit dem Problem der Polizeibrutalität fertig zu werden. Aber all diese Gruppen arbeiten mit der Polizei und der Stadtverwaltung zusammen oder sie sind befreit sich an Runden Tischen beteiligen. AntifaschistInnen und AnarchistInnen sind immer ohne Kompromisse beim Kampf gegen Polizei und ihrer gewalttätigen Praxis und sie werde nicht mit Polizei oder Stadtregierung zusammenarbeiten. Der Bürgermeister und die Polizei haben viel Zeit dafür geopfert, die Verbindungen zwischen AnarchistInnen und Viertel und ihrem Protest zu trennen. Beamte gingen zu Bürgerhäusern, wo Flugblätter verteilt wurden, um Leute einzuschüchtern nicht mit AntifaschistInnen und AnarchistInnen zusammen zu arbeiten; sonst könnte es Konsequenzen für ihre Fördermittel haben. Polizeibeamte wurden auch geschickt, um Poster zu entfernen und Demonstrationen wurden vom Bürgermeister verboten. Während und vor Demonstrationen hielten Beamte junge Menschen durch Einschüchterung auf Distanz.
Allerdings brachte das nicht den gewünschten Erfolg. Bei mehreren Demonstrationen waren viele EinwohnerInnen des Viertels anwesend und nach der Ermordung von Mitch Henriquez rebellierte das Viertel en Masse. Anschließend versuchte der Bürgermeister in Verbindung mit der Polizei die Schuld den AnarchistInnen zuzusprechen und sie als Sündenbock zu nutzen, um damit die Solidarität im Viertel aufbrechen zu können. Diese Hexenjagd gegen AnarchistInnen setzte sich im April fort, als ein Anarchist verhaftet wurde, der verdächtigt wurde die „Anarchistische Zeitung“ verteilt zu haben, die einen Text über den Aufstand in Schilderswijk enthalten hat. Der Gefährte wurde vier Tage auf der Polizeistation festgehalten und der Anstiftung gegen die Obrigkeit beschuldigt. Später wurde eine Haftstrafe von acht Wochen gefordert, aber es erfolgte ein Freispruch. Das Innenministerium ist in Berufung gegangen.
Neben den genannte Beispielen können AnarchistInnen und AntifaschistInnen in Den Haag strukturelle „spezielle“ Aufmerksamkeit von Polizei und Bürgermeister erwarten. Demonstrationen sind verboten, einzelne AnarchistInnen werden auf der Straße eingeschüchtert, von der Polizei gab es Versuche InformantInnen zu gewinnen und Aktionen, an den sich AnarchistInnen beteiligen, können riesige Polizeipräsenz erwarten.
Bürokratische Repression
Neben traditioneller Formen von Repression, wie Razzien, Verhaftungen und Gefängnisstrafen, über die es viel Wut in der anarchistischen Bewegung gibt, manifestiert sich die Repression in der letzten Zeit auf subtilere, bürokratisch und administrative Art und Weise. Das macht es abstrakter und weniger empfänglich für Solidarität. Sind die Mauern der Repression deutlich sichtbar im Falle eines inhaftierten Gefährten bzw. Gefährtin sind, ist man bei dieser Repressionsform in einem Netz andauernder Gerichtsverfahren und Berufungsverfahren gefangen. Im Falle des Aufenthaltsverbots, versuchen sie das aktive Kampfgebiet zu brechen, einem sie es bestimmten Leuten verbieten ein Viertel zu betreten, in dem soziale Kämpfe geschehen und zusammen gekämpft wird.
Wir sind keine Opfer
Wir erwarten nicht, dass die Repression hier endete. Der Bürgermeister und die Polizei werden ihren eingeschlagenen Kurs beibehalten. Aber wir fühlen uns nicht im Geringsten, als ob wir Opfer von Repression wären. Die Polizei und der Bürgermeister müssen selbst entscheiden, ob sie es mit einer Gruppe AnarchistInnen ausfechten wollen. Repression wird uns nicht in leichte Beute und apathische Opfer verwandeln. Für jeden Schlag, den einer (eine) von uns erhält, werden wir zurück schlagen. Es macht uns nur noch entschlossener den Kampf für bedingungslose Freiheit fortzusetzen. Weil wir nicht zu verlieren, sondern nur zu gewinnen haben. Weil wir wir wie Saat sind, die weiter zwischen den Steinen des unterdrückenden Staates aufgeht. Weil ihre Zeit vorbei und die Zeit für Anarchie gekommen ist und kein Polizeibeamter oder Bürgermeister uns stoppen werden.
Unser Kampf für Freiheit ist stärker als ihre Repression!
Die Weltmeisterschaft in Brasilien und weltweit zunehmende Aufstände
Bei der WM geht es nicht um Fußball. Wenn ein Land Kandidat für die Organisation dieses Events wird, dann deswegen, weil Fußball heutzutage dieselbe Funktion erfüllt wie die Gladiatorenspiele im antiken Rom. Auch ist es eine goldene Gelegenheit für den organisierenden Staat, seine ökonomische Entwicklung und den politischen Einfluss sprunghaft voranzutreiben. Die WM verursacht monströse Kosten, jedoch werden die Erträge aus den Investitionen fast sicher saftig. Brasilien, das als eine der größten ökonomischen Mächte der Welt angesehen wird, erhofft sich durch die Organisation der WM und der Olympischen Spiele den Aufstieg in die höheren Ränge.
Die Weltmeisterschaft ist auch ein Machtprojekt, um soziale Spannungen im Zaum zu halten und dem Spektakel zu huldigen. Für Staatsorgane und ökonomische Interessen ist es eine Gelegenheit, die Bedingungen für die Eröffnung neuer Märkte zu schaffen, gewissen Arten des Widerstands ein Ende zu setzen und einen qualitativen Sprung in der Besetzung des Territoriums und der kapitalistischen Ausbeutung zu erreichen. Das ist die moderne hohe Messe des Staats und des Kapitals, wo die Arroganz der Macht im Spektakel der Stadien, der heulenden Massen, Fernsehschirme, Live-Übertragungen und des Nationalstolzes zur Schau gestellt wird.
Die Austragungserteilung der WM 2014 an den brasilianischen Staat bedeutete eine sofortige, systematische Intensivierung des Managements des “sozialen Friedens”. Neue Polizeieinheiten, die Unidades de Policía Pacificadora (UPP), tauchten auf, die nach dem Modell der berüchtigten “Pazifizierungsoperationen” geschaffen und seit 2008 in Dutzenden von widerständigen Stadtvierteln und Favelas von Rio de Janeiro eingesetzt werden. Der Staat hat im Namen des Krieges gegen den Drogenhandel die militärische Kontrolle über die Stadtviertel wiedererlangt. Nach offiziellen Zahlen wurden mehr als 5500 Menschen in Rio allein in den letzten vier Jahren von der Polizei ermordet. In Stadtvierteln, in denen Jagd auf Drogenhändlerbanden gemacht wurde, haben nun die Paramilitärs das Sagen.
Aber die WM hat offenbar nicht nur eine uniformierte Seite. Für mehr als 3500 Millionen Dollar wurden Stadien an strategischen Punkten der Städte gebaut. Favelas wurden geräumt und abgerissen, um neue Stadtviertel der Mittelklasse, Einkaufszentren, Luxushotels und Strandanlagen zu errichten. Die Verkehrsachsen und Autobahnen wurden erneuert und gesichert; Flughäfen, Häfen und Elektrizitätsnetze wurden gebaut oder umgebaut. In Rio de Janeiro wurden 250.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben, um Platz für Bauprojekte in Verbindung mit der WM 2014 und der Olympischen Spiele 2016 zu schaffen. Die brasilianische Justiz verschweigt ihre Intentionen bezüglich der Zukunftspläne für all diese Stadien nicht, von denen die meisten nur wenige Spiele beherbergen werden. Es wurden Studien in Auftrag gegeben, die untersuchen sollen, wie sich die neuen Stadien in Manaus, Brasilia, Cuiabá und Natal in Gefängnisse umwandeln lassen.
Die WM ist somit eine Operation der sozialen Säuberung. Der Staat und das Kapital beseitigen die Unerwünschten, diejenigen Teile der Bevölkerung, die für die Warenzirkulation überflüssig geworden sind und nur Quellen von Unruhen werden können. Dennoch wäre es ein Fehler anzunehmen, dass diese Operation eine “Ausnahme” wäre, die von Demokratien mithilfe der WM legitimiert würde: sie ist eine regelrechte Neustrukturierung und Intensivierung sozialer Kontrolle und Ausbeutung. WM oder Krise, Krieg oder Wiederaufbau, Naturkatastrophen oder Notfälle… Die Macht lässt uns in “Ausnahmesituationen” baumeln, die in Wirklichkeit genau der Kern des kapitalistischen und staatlichen Fortschritts sind.
Die WM-Zeremonie eröffnet jeden erdenklichen Markt. Und das betrifft nicht nur Immobilienspekulation oder die Sicherheitsindustrie. Bauern berichten seit Monaten, dass mit Kokain vollgeladene LKWs aus Kolumbien kommen und gehen, um die „Bedürfnisse” der erwarteten drei Millionen Touristen zu decken. Wie während der WM 2010 in Südafrika wird sich Prostitution rasant ausbreiten. Auf den Baustellen der Stadien arbeiten zahlreiche migrantische Arbeiter unter besonders harten Bedingungen; die Firmen prügeln sie, um die Fristen einzuhalten. Ganz zu schweigen von den verschiedenen Machtgruppen in Brasilien, die mit der Regierung verhandeln und Vereinbarungen eingehen: die Drogengangs kümmern sich um die Drecksarbeit, um diejenigen Menschen rauszuschmeißen, die sich gegen die Urbanisierungsprogramme zu sehr wehren, wogegen die Paramilitärs von Unternehmen angestellt werden, um die Sicherheit auf den Baustellen zu gewährleisten sowie Streiks und Proteste durch Bestechung und Mord zu zerschlagen.
Aber die neue Ordnung der Dinge bedeutet nicht nur diesen Horror. Die neue Ordnung der Dinge sieht auch so aus, dass Brasilien im Juni 2013 beinahe einen Monat lang in Flammen stand. Was als eine Bewegung gegen die Preiserhöhung der Bustickets begann, entwickelte sich zu einer unkontrollierten breitgefächerten Revolte gegen die Macht. Seit diesem Monat der Revolte gibt es mehr und mehr Konflikte wegen der Räumungen, Widerstand gegen Sparpläne, Proteste gegen Polizeimorde oder sogar anti-patriotische Störungen wie z.B. am Nationalfeiertag am 7. September usw., die umschlugen und nicht durch klassische politische Vermittlung zu kontrollieren waren. Im Laufe der letzten paar Monate wurde eine soziale Vision in Brasilien geschaffen, welche die Straßen wieder zum Leuchten bringen könnte.
* * *
Während die Macht und ihre Anwärter versuchen, die Welle von Aufständen in Syrien sowie die sich über mehr und mehr Gegenden der Welt ausbreitenden und in einem Blutbad ertrinkenden Revolten zu stoppen; während in Griechenland die Bevölkerung unterdrückt und terrorisiert wird, um die Erinnerung an den Aufstand vom Dezember 2008 auszulöschen; während in der Ukraine ein Volksaufstand durch ein makabres Spiel zwischen verschiedenen Machtfraktionen zertrampelt wird; während in Ägypten, der Türkei, in Bosnien, Libyen usw…, scheint sich die Ordnung selbst neu zu organisieren und zu etablieren. Die WM in Brasilien präsentiert sich selbst als ein Versuch, die sozialen Widersprüche, die sich quer durch Lateinamerika erstrecken, in eine Zwangsjacke zu stecken.
Überall auf der Welt ist eine Neustrukturierung des Kapitals und des Staates im Gange, die je nach Kontext und Gegebenheiten unterschiedliche Formen annimmt. Nationale Grenzen offenbaren sich mehr als je zuvor als das, was sie schon immer waren: Zäune und Mauern, um die potentiellen Revolten der Enterbten zu steuern. Daher ist es auch kein Zufall, wenn angesichts der offensichtlichen Ansteckung der verschiedenen Revolten der letzten Jahre – eine Ansteckung, die weniger auf ähnlichen Bedingungen als auf einer neuen unvermittelten Vision der Möglichkeit des Aufstands, eines anderen Lebens beruht – macht sich der Staat den Nationalismus und reaktionäres Empfinden zunutze: Von aufsteigenden faschistischen Bewegungen auf dem europäischen Kontinent bis zur Wiederbelebung des Patriotismus in Ländern, die den „Arabischen Frühling” erlebt haben, über den billigen Anti-Imperialismus früherer Anführer wie Chavez bis hin zum Fieber für Nationalmannschaften.
Aber anstatt uns mit den Bewegungen der internationalen Reaktion zu beschäftigen, lasst uns lieber auf die der Revolte schauen und auf die Möglichkeiten, die sie eröffnen. Während der Revolte vom Juni 2013 in Brasilien riefen die Rebellierenden: „Nach Griechenland und nach der Türkei ist jetzt Brasilien dran! ” Die Revolten, die wir aus den letzten Jahren kennen, haben den Weg freigemacht, dem „Hier” und „Dort” ein Ende zu setzen. Beziehungen zwischen Nationalstaaten in Sachen Repression werden natürlich in einem halsbrecherischen Tempo gestärkt, aber das sollte weder eine Überraschung für uns sein noch sollte es uns Angst machen. Angesichts wachsender sozialer Instabilität und der totalen Vermischung von Ökonomien und Staatssystemen kann man sich ausmalen, dass etwas, das an einem Ort passiert, woanders Konsequenzen haben kann. Und diese Bewegung ist bereits am Laufen, in der Vorstellung, diesem besonders fruchtbaren Boden für Rebellion. Es ist nun an der Zeit, diese Vorstellung in die Projekte unseres Kampfes einzuführen und die entstehenden Möglichkeiten zu nutzen.
Es gibt keine Wissenschaft des Aufstands. Viele jüngere Beispiele – von den Riots in London 2011 bis zu den Aufständen in der arabischen Welt – zeigen uns den unvorhersehbaren Charakter des Aufstands. Der Anlass kann sogar ziemlich „trivial” sein. Diese Unvorhersagbarkeit sollte für uns jedoch kein Grund sein, in einer Wartehaltung auf „den nächsten” irgendwo auf der Welt zu verharren; vielmehr ist sie die Bestätigung dafür, dass es einer permanenten Konflikthaftigkeit bedarf, einer Vorbereitung von Ideen und Handlungen. Dies ist der einzige Weg, damit wir hoffentlich nicht unvorbereitet in solchen Momenten sind. Es kommt kaum darauf an, wo auf dem Planeten man sich befindet. Man kann versuchen, qualitative Beiträge zu leisten und die Revolten in eine radikal emanzipatorische Richtung zu lenken, indem sie nämlich zu Angriffen gegen die fundamentalen Strukturen moderner Herrschaft und ihrer Reproduktion werden, jenen Strukturen hinter den Bullenreihen und Bankfassaden. Die Betonung der Unvorhersehbarkeit des Aufstands heißt nicht, dass er vom Himmel fällt. Man kann sagen, dass es Spannungen geben kann, die auf steigende Möglichkeiten einer Revolte hinweisen, aber es gibt keine Gewissheit, dass diese auch wirklich eintritt. Im Gegenzug können Situation oder Konflikte entstehen, die den nächsten Ausbruch einer Rebellion überhaupt nicht erkennen lassen, aber doch dem Fass den Boden ausreißen. Jedenfalls sollte die Unvorhersehbarkeit des Aufstands kein ernstes Problem für AnarchistInnen sein, die kontinuierlich mit der Autorität aneinandergeraten – sie ist vielmehr ein ernstes Problem für den Staat. Wenn wir uns die international gemachten massiven Investitionen im Bereich Kontrolle und Strafverfolgung ansehen, hat es nicht so den Anschein, als ob der Staat über diesen wunden Punkt keinerlei Bewusstsein habe.
Aufstand ist ein Spiel von bisher nicht dagewesenen Verbindungen und unvorhergesehenen Handlungen. Es ist nicht Mathematik, wo Zahlen schließlich zur Lösung führen. Es ist auch keine Frage der „externen Solidarität”, wo der Revolte anderer zugejubelt wird. In jedem Kontext und jedem Moment liegen verschiedene Möglichkeiten und Gelegenheiten. AnarchistInnen müssen selbst Analysen, Wissen und Mittel bieten, um in die Offensive und zum Angriff überzugehen.
Man sollte sich auch bemühen, von aufständischen Erfahrungen zu lernen sowohl in der Analyse als auch in der Praxis. Die Zeit der Herrschaft bewegt sich schneller und schneller und lässt die Erinnerung an Revolten verblassen. Aufstände sind nicht die soziale Revolution und sollten nicht als Schritt in einer linearen Entwicklung hin zur sozialen Revolution gesehen werden. Sie sind vielmehr vorübergehende Momente des Bruchs, in denen Zeit und Raum dem Zugriff der Macht entrissen werden. Angesichts der Intensivierung der Repression schreckt die Tatsache, dass Autorität immer bereit ist, den Aufstand der Unterdrückten in Blut zu ertränken sowie der augenscheinliche Wirrwarr von Motivationen der vielen Menschen in gegenwärtigen Zeiten der Rebellion einige von der aufständischen Perspektive ab. Und trotzdem: Es ist genau der Aufstand, der den Würgegriff der Kontrolle und der Repression bricht in einer Welt, in der Massenvernichtung und organisierte Morde zur täglichen Routine von Staat und Kapital werden. Es ist genau der Aufstand, der den Raum schaffen kann, in dem Ablehnung und Revolte in klarere und durchsetzungsfähigere Ideen übertragen werden. Angst vor der unvorhergesehenen und unkontrollierbaren Natur des Aufstands finden wir nicht nur auf Seiten der Ordnung, sondern auch unter den RevolutionärInnen, die nach Erlösung durch die Wiederholung alter politischer Rezepte streben. Statt überall und jederzeit anzugreifen, wollen sie den Aufbau einer vereinten revolutionären Bewegung, anstatt des Aufstands die schrittweise Entwicklung einer „Gegenmacht”, statt der nötigen Zerstörung die Illusion eines fortschreitenden Wandels von Verhaltensweisen. Dann sehen wir AnarchistInnen die Rolle dahinsiechender Linker oder einstiger Aufständischer einnehmen, die auf der Suche nach Sicherheiten sind und über das „Proletariat als historisches Subjekt” schwadronieren oder anfangen, Lenin zu lesen, um Rezepte für eine „siegreiche Revolution” zu finden. Doch weisen die jüngsten aufständischen Erfahrungen auf die Notwendigkeit hin, andere Wege zu finden, Wege, die sich radikal und permanent von irgendeiner „politischen” Vision des sozialen Krieges unterscheiden.
Die klassische revolutionäre Perspektive der Selbstverwaltung ist tot. Es ist schließlich an der Zeit, davon Kenntnis zu nehmen und Versuche, sie mit anderen Worten oder in anderen Formen wiederzubeleben, sein zu lassen. Keine Struktur des Kapitals oder des Staates kann je auf emanzipatorische Weise übernommen werden; keine soziale Kategorie ist im wesentlichen Träger eines Projekts sozialer Transformation; kein defensiver Kampf wird sich selbst in eine revolutionäre Offensive verwandeln. Das gegenwärtige Paradox liegt in der Tatsache, dass einerseits der Aufstand einen Traum von Freiheit braucht, um ihm Sauerstoff zum Durchhalten zu geben und andererseits seine Arbeit notwendigerweise total zerstörerisch sein muss, um darauf hoffen zu können, über die Auslöschung und die Kristallisation hinaus zu kommen. Aufstand ist notwendig, um den Weg zur individuellen und sozialen Befreiung zu öffnen, und es sind die Vitamine der Utopie, die ungeträumte Horizonte herausfordern, um aus dem sozialen Gefängnis auszubrechen. Es ist der Zusammenfluss von aufständischer Praxis und Ideen von Freiheit, aus dem eine gegenwärtige revolutionäre Perspektive entstehen kann.
Die destruktive Natur des Aufstands führt zur Zerstörung des sozialen Gefängnisses, in dem wir alle leben. Es ist notwendig, zu studieren und zu analysieren, wo seine Mauern, Wächter, Wachtürme heutzutage sind, wenn wir sie angreifen wollen. Moderne Herrschaft hat Strukturen verbreitet, welche die Reproduktion des sozialen Gefängnisses an jedem Ort ermöglichen. Denkt an allgegenwärtige technologische Infrastruktur, die jede und jeden Einzelne/n von uns in die Rolle eines Häftlings zwingt, ohne sichtbare Ketten als solche zu tragen. Oder wie kapitalistische Akkumulation sich grundsätzlich in Richtung Zirkulation bewegt. In Europa zumindest ist Ausbeutung nicht mehr wie früher in riesigen Bastionen konzentriert, sondern hat sich ausgebreitet und dezentralisiert und umfasst jeden Aspekt des Lebens. Die Verbindungen zwischen diesen Aspekten werden durch Wege, Kabel, Pipelines, Zugschienen, U-Bahn-Tunnels gewährleistet, welche die Venen der Herrschaft verkörpern. Wir werden sicherlich nicht die letzten sein, die vor Freude aufschreien, wenn Aufständische ein Parlament irgendwo auf der Welt anzünden, aber der Beitrag der AnarchistInnen zum sozialen Krieg besteht zweifellos auch darin, darauf hinzuweisen, wie und wo Autorität sich speziell nährt und reproduziert und dementsprechend anzugreifen.
Aber Zerstörung reicht nicht aus. Tat und Gedanke müssen Hand in Hand gehen. Wir können nicht hoffen, die Mauern des sozialen Gefängnisses abzureißen, wenn wir nicht auch schon versuchen, über die Mauern hinweg zu unbekannten Horizonten zu schauen – so schwierig das auch sein mag. Man kann nicht frei denken im Schatten einer Kirche. Das stimmt. Aber die Kirche ist nicht nur ein Gebäude, sondern die Verwirklichung sozialer Verhältnisse und herrschender Ideologien. Es ist im Begehren, was diese Verhältnisse und Ideologien nicht anbieten, was sie aus ihrer Vorstellung löschen, dessen Möglichkeit, auch nur gedacht zu werden, unterdrückt wird, weswegen wir auf Kriegsfuß mit dem Existierenden stehen. Wir brauchen kein weiteres Programm, um die Transformation der Welt systematisch zu planen, und auch keine alternativen Erfahrungen, um die Samen einer Anarchie von morgen zu säen. Nein! Was uns fehlt, ist die Projektion unserer selbst in eine komplett andere Umwelt – Träume. Nur wenn wir den Realismus hinter uns lassen, der einen neuen Farbanstrich in unseren Zellen, längere Ausgänge, mehr Aktivität usw. fordert, können wir wieder zu träumen beginnen, unseren Wünschen Worte verleihen, diese wesentlichen Worte, mit denen eine revolutionäre Perspektive ausgedrückt und kommuniziert werden kann. Die Welt vermittelt eine Vorstellung darüber, was getan werden kann; wir dagegen müssen tun, was nicht getan werden kann. Eine anarchistische ethische Spannung zu dem uns Umgebenden wiederfinden – die Speerspitze unseres Kampfes für Freiheit. Anti-Autorität nicht zu einer politischen Pose verkommen lassen, sondern sie glühen lassen als etwas, das uns täglich beseelt, etwas, das uns mit Sehnsüchten berauscht – unkontrollierbar in Gedanke wie in Tat. Weiterhin beim Individuum anzufangen, zur autonomen Individualität, die fähig ist, immer und überall zu reflektieren, zu träumen und zu handeln, in Momenten sozialer Unruhe und blutiger Reaktion, gegen Wind und Gezeiten von Konformität und strategischer Bewertungen. Das Herz eines solchen impulsiven Anarchismus ist auch der Kern zukünftiger revolutionärer Perspektiven.
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Niemand hat mehr Zweifel daran. Auch nicht der Staat. Die Weltmeisterschaft in Brasilien wird nicht reibungslos über die Bühne gehen – gerade jetzt, wo sich die ganzen Projekte sozialer Säuberungen in den Ländern des Amazonas unerwartetem Widerstand gegenübersehen, der sich nicht leicht entwaffnen lassen wird. Die brasilianische Regierung nahm es sich heraus zu verkünden, dass sie 160.000 Polizisten und Militärs mobilisiert, um die Ordnung während der hohen Messe aufrechtzuerhalten, verstärkt von Zehntausenden privater Sicherheitskräfte, die genau in diesem Moment auf der ganzen Welt ausgebildet werden. Jeder Staat betont seine Propaganda für die eigene Nationalmannschaft und bereitet sich auf einen hohen Zufluss von TouristInnen und Devisen vor – die andere Seite des kapitalistischen Krieges. Sie bereiten uns darauf vor, der Macht globalen Tribut zu zollen und jede Revolte zu zerschlagen.
Die WM materialisiert sich in einer Reihe von Bereichen, die allesamt mögliche Ziele für den Angriff darstellen. In den Stadtvierteln der brasilianischen Städte nimmt sie die Form der militarisierten urbanen Säuberung an, die von internationalen Baufirmen, allen möglichen Architektenbüros und Schwergewichten der Technologie durchgeführt wird. Nationalsymbole werden die Straßen überfluten, kommerzielle Sponsoren werden den ganzen Planeten mit Werbung bombardieren, die Medien werden für Live-Programme des Entfremdungsspektakels sorgen. Sicherheitsfirmen und Beratungsagenturen werden mit modernen Modellen für die Aufstandsbekämpfung in der Nekropolis an die Tore der Behörden hämmern, während ein enges Geflecht der Kommunikationstechnologie vielfältige Kontrolle erlaubt. Die Maschinerie der WM besteht aus unzähligen Zahnrädern, die eng miteinander verbunden und voneinander abhängig sind: es liegt an jeder und jedem auf der ganzen Welt, zu überlegen, welche Räder die Maschinerie unterbrechen und paralysieren dürften.
“Não vai ter Copa.”Viele Rebellinnen und Rebellen bereiten sich darauf vor, die WM in einen Alptraum für den Staat und eine Fackel des Aufstands für alle Freiheitsliebenden zu verwandeln. Diese Fackel soll nicht nur in Rio de Janeiro, São Paulo oder Porto Alegre brennen; lasst uns die Gelegenheit beim Schopf packen, um die Dunkelheit der Herrschaft überall zu erleuchten.
Gegen die Hohe Messe der Autorität Für den globalen Angriff und Aufstand
erschienen in der “Wut im Bauch!” – anarchistisches Blatt für die Revolte Nr. 8 Hamburg/März 2014
Am 7. Januar 2005, also vor mehr als neun Jahren, stirbt der aus Sierra Leone stammende Oury Jalloh in einer Zelle der Dessauer Polizei. Er verbrennt bei lebendigem Leibe, an Händen und Füßen gefesselt, auf einer feuerfesten Matratze. Er wurde, vollkommen offensichtlich, von Polizisten ermordet.
In den folgenden Gerichtsprozessen wird der verantwortliche Bulle zunächst freigesprochen, dann auf öffentlichen Druck hin, zu einer Geldstrafe verurteilt. Ende des letzten Jahres dann ein neues Gutachten – es kommt zu dem Schluss, dass ein an Händen und Füßen gefesselter, vorher komplett durchsuchter Mann sich nicht in einer Gefängniszelle selbst anzünden kann.
Am 9. Dezember 2001 stirbt in Hamburg der 19-jährige Nigerianer Achidi John in Folge eines sogenannten “Brechmitteleinsatzes” – trotz aller ärztlichenWarnungen ein bis dahin beliebtes Mittel der Bullen, um vermeintliche Drogendealer_innen zu drangsalieren. Sein Tod wurde offensichtlich billigend in Kauf genommen. Diese Fälle rassistischer Polizeigewalt mit tödlichem Ausgang sind keine Einzelfälle oder Unfälle – sie sind bittere Konsequenz der Gewalt, die Bullen tagtäglich, auf der ganzen Welt, ständig ausüben. Ob in Griechenland, wo am 8. Dezember 2008 der junge Alexis von Bullen erschossen wurde, in Berlin, wo in der Silvesternacht 2008 Dennis von Polizeikugeln getötet wurde oder in Österreich, wo im Jahre 2009 ein 14-jähriger von einem Polizisten in die Brust geschossen wurde, weil dieser in einen Supermarkt eingestiegen war… sie morden weltweit, ständig und immer im Interesse der herrschenden Ordnung.
Freund und Helfer war die Polizei niemals für jemand anderen als für jene, die von dieser Ordnung profitieren – bewaffnet stehen sie zwischen ihnen und denen, die sich nicht länger mit den miserablen Bedingungen, die diese Gesellschaft für die meisten bedeutet, zufrieden geben wollen. Keine Überraschung also die Ereignisse der letzten Monate – von den rassistischen Kontrollen gegen vermeintliche Migrant_Innen (die es natürlich schon vorher gab und weiter gibt…) zum martialischen Angriff auf eine Demonstration am 21.12.2013 und die folgende faktische Besatzung eines ganzen Stadtteils durch Wiedereinrichtung des Gefahrengebiets… Die Cops haben alle Register gezogen, um sich unbeliebt zu machen. Schon in der Nacht zum 21.12. hatten einige Menschen die Courage, die bekannte Davidwache auf der Reeperbahn anzugreifen – aus einer spontanen, wilden Demo heraus wurden vier Streifenwagen und diverse Scheiben der Wache zerstört. Anschließend flogen noch Steine in die Scheiben der Haspa in der Wohlwillstraße und, um den Rückzug zu sichern, gelangten einige Müllcontainer auf die Straße und wurden angesteckt.
In den Monaten vorher wurde sich immer wieder zu spontanen, unangemeldeten Versammlungen zusammengefunden, gemeinsam durch die Straßen gezogen, mal laut, klatschend, rufend und den Bullen immer einen Schritt voraus, mal zielstrebig, zügig und zerstörerisch, doch immer wild und unkontrollierbar.
Auf keinen Fall bedeutet der Sturz des autoritären Regimes von Janukowitsch für uns das Ende unseres Kampfes. Neue DiktatorInnen beeilen sich den Platz der „Partei der Regionen“ einzunehmen. Sie werden nicht zögern, sich nicht nur auf deutlich geschwächte Sicherheitsbehörden zu verlassen, sondern auch auf ultrarechte Militante. Das Regime von Polizei und strafrechtlicher Willkür verdiente zweifellos seinen Sturz. Es droht aber eine Zeit neuen Terrors, der sich ideologisch begründet.
Im Moment konzentriert sich die primäre Macht in den Händen der Oppositionspartei „Batkiwschtschyna“ („Vaterland“). Sie hat es geschafft einen wesentlichen Teil der regierenden Klasse zu versammeln. Ihre Führerin, die kürzlich aus dem Gefängnis entlassene Julia Timoschenko, hat offensichtlich Präsidentschaftsambitionen. Allerdings sollte daran erinnert werden, dass, als ihr Urteil verkündet wurde, sich für sie in Kiew nur 5000 Menschen auf einer Solidaritätsdemonstration versammelten und alle Massendemos dieser Partei auf Leute, die sie extra für ihr Erscheinen bezahlen mussten, angewiesen waren. Praktisch hat weder die Vaterlandspartei noch die Partei der Regionen ernsthafte Graswurzelunterstützung oder eine Basis von AktivistInnen, aber dafür ausreichend große materielle Ressourcen.
Um an der Macht zu bleiben, wird das Team von Julia Timoschenko die Ultrarechten besänftigen müssen, vor allem den „Rechten Sektor“ In dieser Hinsicht gab es bereits zwei Versuche. Faschisten, die nicht im Zusammenhang mit dem Maidan inhaftiert wurden, durften das Gefängnis verlassen, nachdem ein entsprechendes Gesetz im Parlament erlassen wurde. Der neue Innenminister Arsen Avakov hat versprochen, dass er VertreterInnen des Rechten Sektors in seinem Ministerium berücksichtigen wird. Jetzt können wir die Bullen aus gutem Grund „Nazis“ nennen. Aber solch ein stürmisches und unkontrolliertes Element an der Macht zu sehen, macht der Vaterlandspartei eindeutig Angst. Also wird sie versuchen, die Ultrarechte an den Haken zu kriegen, nicht nur indem sie sie kauft sondern auch indem sie sie mit Blut anbindet. Der Rechte Sektor träumt davon alte Rechnungen mit subkulturellen AntifaschistInnen zu begleichen. So wird ihm mit Bedacht der Bereich der Sicherheitsdienste zugestanden oder es werden ihm Polizeidossiers mit persönlichen Daten zugespielt. Vermutlich werden die Behörden bald ihre Augen bei Gewalt gegen die Linke oder rassistischen Angriffen verschließen. Aber sie werden es in ein paar Monaten widerrufen, wenn sie eine Ausrede brauchen, um ihrer unbequemen Bündnispartner Herr zu werden.
Der Rechte Sektor spielt sein eigenes Spiel und macht das schon lange genug. Heute erklärt sein Führer Dmytro Jarosch den Einstieg in die Macht auf einem sehr hohen Level, als Vize des Ministers für den National- und Sicherheitsrats. Gleichzeitig berichtet der Journalist Mustafa Nayem, dass Jarosch laut der in der Präsidialverwaltung gefundenen Aufnahmen am 20. Februar mit Janukowitsch oder seinen VertreterInnen kommunizierte. Sogar schon vorher, am 28. Januar wurden die Verhandlungen zwischen dem Rechten Sektor und Sicherheitsbehörden/Innenministerium bekannt gegeben. Einen Tag später entschlüpfte VertreterInnen der Rechten diese Tatsache, sie erklärten “den Wunsch, in den Verhandlungsprozess einzutreten”. Vermutlich haben solche Verhandlungen tatsächlich sehr viel früher begonnen, vor allem wenn man den Hintergrund aller Organisationen betrachtet, die Teil des rechten Sektors waren. „Tryzub“ („Dreizack“), SNA, und „Bely Molot“ („Weißer Hammer“) haben bereits seit den 90’ern und 2000’ern auf verschiedene Arten aktiv mit PolitikerInnen beider Systemparteien und mit den Sicherheitsbehörden interagiert.
Die Partei „Swoboda“ („Freiheit“) ist eine Konkurrenz für Vaterlandspartei und Rechten Sektor gleichermaßen. Letzterer will aktiv auf die Wählerschaft der Swoboda einwirken und bis zur Wahl wird die Situation zwischen beiden politischen Kräften eskalieren. Jetzt hat die Swoboda einen Stuhl in der Staatsanwaltschaft. Es ist symbolisch, weil die Bullen und die StaatsanwältInnen eng zusammenarbeiten und sich gleichzeitig hassen. Ihre Interessen sind sehr ähnlich, es kommt trotzdem zeitweise zu Konflikten. Das ist die Art der Beziehung, die zwischen Swoboda und dem Rechten Sektor existiert.
Die Sicherheitsbehörde untersteht Nalivaitschenko, der diesen Posten schon einmal unter Präsident Juschtschenko hatte. Der Chef dieser Behörde ist nicht nur berühmt für die Strafverfolgung Josef Stalins für den Holodomor nach seinem Tod (was wie ein Treppenwitz ausschaut), sondern auch für den Kampf gegen die „durch den Kreml gesponserte terroristische Organisation Antifa“. Nachdem er seinen Posten verloren hatte, arbeitete Nalivaitschenko mit der Ultrarechten (einschließlich des späteren Swoboda Aktivisten Jewhen Karas, der unter dem Pseudonym „Vortex“ bekannt ist) und versuchte eine Bewegung „Otpor“ aufzubauen. Aber dieses Projekt war nicht erfolgreich.
Gleichzeitig reifen in den Regionen, die, obwohl sie Janukowitsch abgeschworen haben, sich noch nicht der neuen Regierung gefügt haben, eigene faschistische Stimmungen heran. VertreterInnen der Partei der Regionen, die es verpasst hatten, sich der parlamentarischen Mehrheit anzuschließen, bilden Blöcke mit pro-russischen Ultrarechten, StalinistInnen, ImperialistInnen, KosakInnen und orthodoxen FanatikerInnen und alle zusammen kämpfen gegen die häufig imaginären „Banderisten“, währenddessen es zu Razzien gegen JournalistInnen und MenschenrechtsaktivistInnen kommt. Das braune Zentrum ist mit mindestens ebenso braunen Regionen konfrontiert. Der einzige Unterschied ist die historische Tradition, auf die sich berufen wird. Alle werden sich auf ihren „Kampf um traditionelle Werte“ konzentrieren, appellieren an Sozialpartnerschaft und kürzen gleichzeitig soziale Aufwendungen.
Wir schlagen uns im Konflikt zwischen Ukrainischen und Russischen NationalistInnen auf keine Seite. Aber viele, die gegen das Regime von Janukowitsch protestiert haben, werden mit beiden unzufrieden sein; mit der habgierigen Politik der Vaterlandspartei, die die Taschen der ArbeiterInnen leeren wird und der „Nationalen Revolution“ des Rechten Sektors und Swoboda, die versuchen die Überbleibsel der Menschenrechte und Freiheiten weg zu nehmen. Es sind diese Menschen, die desinteressiert der Ultrarechten und der Systemopposition kritisch gegenüber stehen, die „verärgerten Teile des Maidans“, die sich schon bald den Reihen der Linken und AnarchistInnen anschließen könnten.
Die Faschisten bilden einen Stoßtrupp der ukrainischen Proteste, jedoch sind diese weitaus weniger bedeutsam als von bürgerlichen Massenmedien (der Ukraine, Anm. des Übersetzers) berichtet wird. Denn die Massenmedien sind es ohnehin gewohnt, nur von sensationellen Ereignissen zu berichten.
Die Situation in Charkiw ist wegen der umfassenden Protestwellen in der Ukraine schwer einzuschätzen. Wir sind der Meinung, dass der linke Widerstand zu schnell nachgelassen hat. Die Linken haben sehr schnell kampflos aufgegeben. Sie übergaben den Rechten gesamte Städte, ohne einen kleinsten Versuch zu unternehmen, für die tausenden Menschen auf den Straßen zu kämpfen. Die meisten Demonstrierenden gingen zum ersten Mal auf die Straße, um gegen die Verhältnisse zu protestieren.
Insgesamt wird die sogenannte “Revolution” in Kiew von Nazis und Liberalen gelenkt. Vor ungefähr 2 – 2,5 Monaten haben wir angefangen, die Menschen für die Euromaidan-Proteste zu agitieren. Anfangs wollten wir uns nicht in den Ablauf der Ereignisse einmischen. Ende November 2013 wurden noch keinerlei Anforderungen erhoben, außer Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen.
Die Situation eskalierte nach der Absage der ukrainischen Regierung, das Abkommen zu unterzeichnen und nach der folgenden Rücktrittsforderung seitens der Demonstrierenden. Zu Beginn der Massenproteste wurden die Demonstranten von den örtlichen Milizen [Polizeieinheiten “Беркутом”-“Berkut”] gewaltsam auseinander getrieben. Den Massenprotesten folgte die Stürmung einer Präsidialverwaltung durch Nazis des “rechten Sektors” [Правого сектора].
Zum Trotz der radikalen Geschehnisse in der Hauptstadt, blieb die Situation in anderen ukrainischen Städten unverändert, auch in Charkiw. Der lokale “Maidan-Protest” ist ausschließlich eine friedliche Versammlung und bleibt es bis zum heutigen Tag. Wir haben keine Nazisymbolik. Es gibt weder die “Swoboda” noch den “rechten Sektor” in Charkiw. Ja, es gibt faschistischen “Ultras” in Charkiw, aber sie sind nicht die Herrscher über die aktuelle Lage. Wir handeln aktiver und sind besser organisiert, außerdem sind wir besser in die Organisationsstruktur des Charkiw Maidan integriert. (Allerdings sind die Faschisten rein quantitativ zahlreicher und sie verfügen teils über eine militärische Ausbildung).
Für alle die nicht verstehen warum Black Bloc Aktivisten militante Taktiken nutzen um Eigentum von Firmen zu zerstören: Black Bloc Aktivisten sind keine Protestierenden! Sie gehen nicht raus um zu protestieren! Sie gehen raus um direkte Aktionen gegen Symbole und Mechanismen der Unterdrückung durchzuführen. Ihre Aktionen zielen auf materiellen Schaden von Unterdrückungsinstitutionen.
Noch wichtiger allerdings ist, dass sie mit performativer Absicht agieren um dramatisch darzustellen, dass Menschen die Macht haben selbst wenn sie sich der überwältigenden Kraft des Polizeistaates gegenübersehen; dass Firmen und Institutionen nicht so mächtig sind wie sie uns immer klarmachen wollen und wenn sie versuchen uns abzuschrecken liegt es in unserer Hand Widerstand zu leisten.
Da sie darauf bestehen uns anzugreifen, lasst uns Autorität herausfordern und untergraben wir die Befehle und Gesetze. Das heißt nicht, dass wir Ethik und Menschlichkeit abschaffen sollen oder aufhören sollen uns gegenseitig zu unterstützen. Dies sind unverzichtbare Lektionen, an die Menschen sich jetzt mehr als je zuvor erinnern sollten. Die Polizei missachtet offensichtlich die rechte von Menschen. Für sie sind Menschen nur eine gefügige Masse, leicht zu kontrollieren und zu manipulieren.
Die meisten würden zustimmen, dass die Herrschenden die Menschen fürchten sollten und anscheinend haben sie diese gesunde Furcht verloren dementsprechend ist militanter Aktivismus das Bestreben diese Bedrohung am Leben zu halten, denn die Ausführung von Sit-ins und das Wedeln mit Plakaten wird dies nie schaffen.
Je mehr wir vergessen, dass wir die Macht inne halten gegen jeden zu rebellieren, der über uns herrschen will, desto mehr werden sie auch über uns herrschen.
Gegen den Staat und Polizeiterror: Unsere Wut wächst, unser Kampf auch.
Die andauernde Besetzungen des Taksim Platzes und Gezi Parks wurden heute Morgen von der Polizei angegriffen (11. Juni 2013). Nach dem gestrigen Treffen des Ministerrats kam die Polizei am frühen Morgen, ungefähr um 7 Uhr, zum Platz. Während die Repressionsorgane Tränengas verschossen, gaben sie die Erklärung ab, dass sie den Park nicht angreifen werden. Hunderte Polizeibeamte betraten den Taksim Platz und proklamierten, dass es keinen Angriff auf den Park geben wird, sondern dass nur Transparente entfernt werden. Während diese am Atatürk Kulturzentrum abgenommen wurden, wollte eine andere Gruppe Polizisten die Zelte auf dem Platz beseitigen. Die Leute versuchten es zu unterbinden und die Polizei griff die Protestierenden mit Tränengas an. Während der Polizeiattacke kamen viele Leute zum Platz, um sich gegen diesen faschistischen Angriff zu wehren. Um die Menschen hiervon abzuhalten, feuerte die Polizei Tränengas in die U-Bahn und die Haltestelle Taksim wurde geschlossen.
Während die Polizei mit hartem Strahl aus Wasserwerfern schoss, wurde(n) massiv Tränengas, Lärmknallkörper (Blendgranaten) und Plastikgeschosse eingesetzt. Eine Gruppe Widerständiger bildete eine Kette und stand Arm in Arm, und die Polizei verschoss Tränengaskartuschen aus kurzer Distanz. Viele Menschen wurden durch Gas-Kartuschen verletzt, aber nachdem die Wirkung des Tränengases nachgelassen hatte, kamen wieder viele DemonstrantInnen zusammen und bildeten erneut die Kette.
Obwohl die Polizei verkündete, es erfolgt keine Intervention gegen den Park, haben sie massiv Tränengas in den Park geschossen, sogar in die provisorische Krankenstation. Die Verletzten wurden aus dem Gebiet gebracht.
Viele Leute wurden durch Tränengaskartuschen und Plastikgeschosse verletzt. Alp Altinörs, der Mitglied der Taksim Solidaritätsinitiative ist, wurde durch ein Plastikgeschoss an der Stirn getroffen und mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus evakuiert. Es ist bekannt, dass die Polizei direkt auf Personen gezielt hat.
Außerdem begann die Polizei politische Räume und Büros zu attackieren. Das Büro der SDP (Sozialdemokratische Partei) wurde überfallen und viele Personen gewaltsam in Gewahrsam genommen. Die Polizei legte den Protestierenden Handschellen an und schlug sie während ihrer Verhaftung heftig.
Trotz des brutalen Angriffs leisteten die Menschen auf dem Taksim Platz und im Gezi Park weiter Widerstand. Der faschistische Staat, Unterdrückung und Polizeiterror kann uns nicht entmutigen, unser Kampf geht weiter, unsere Wut wächst.
İstanbul ist überall; überall gibt es Widerstand gegen Staatsterrorismus, Polizeigewalt und kapitalistische Ausbeutung.
Am 1. Juni waren wir gegen 15 Uhr auf dem Taksim Platz. Durch die Zusammenstöße, die am Morgen begannen, war die Polizei gezwungen, die Gegend zu verlassen. Zwei Stunden lang gab es keine Polizeipräsenz im gesamten Kerngebiet der Stadt. Die Leute besetzen indessen den Taksim Platz und den Gezi Park. Die Menschenmenge war riesig. Der gesamte Park, alle Plätze und Straßen, die zu diesem Gebiet führten, waren voller Leute. Alle Bauabsperrungen, die die Westseite des Parks absperrten, wurden durch die Protestierenden zerstört. Einige Polizeiabsperrungen wurden entfernt und auf die Straße geworfen. Neue Barrikaden wurden auf der Mumcu Bakka und Süleyman Seba Straße errichtet, um die Polizeikräfte daran zu hintern den Çarşı zu betreten, (Basar von Istanbul, wo viele Leute „abhängen.“ ) Als die Angriffe auf sie verstärkt wurden, benutzte die Polizei auch Plastikgeschosse. Die Auseinandersetzungen gingen bis ungefähr 1.30 Uhr in der Nacht weiter. Zum Schluss setze die Polizei eine exzessive Menge von Tränengasgranaten ein, um die Menge zu zerstreuen. Als Folge verließen die Leute die Barrikaden und suchten Schutz in den umliegenden Geschäften, oder gruppierten sie in den inneren Straße von Beşiktaş wieder neu.
Gleichzeitig errichteten Widerständige in Taksim die ganze Nacht riesige Barrikaden auf den Straßen und Wegen um den Platz und den Gezi Park. Außerdem zündeten sie Baufahrzeuge an. Busse, Autos, Baumaterialien, Polizeiabsperrungen, Müllcontainer usw. wurden als Barrikaden genutzt.
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Auf den Plätzen in Istanbul, wo wir gewesen sind, überlegten viele DemonstrantInnen aus Angst vor möglicher Medienmanipulation zweimal, bevor sie kapitalistische Ziele um sie herum zerstörten. Neben Überwachungskameras, die sabotiert wurden, sahen wir nur einen zerstörten Geldautomaten. Wir nutzen verschiedene Autos als Barrikaden, zerstören sie aber nicht (jedenfalls nicht aus Absicht) So waren hauptsächlich die Bullen das Ziel dieser Kämpfe. Aber aus İzmir beispielsweise wissen wir das Protestierende u.a. eine Bank und das Starbucks angegriffen. Continue reading Türkei: Einige Neuigkeiten vom Kampf um den Taksim Gezi Park und den anhaltenden Aufständen→
faşizme karşı omuz omuza / steht Seite an Seite gegen den Faschismus
hükümet istifa / Regierungsrücktritt
Taksim bizim, İstanbul bizim /Taksim gehört uns, Istanbul gehört uns
direne direne kazanacağız / wir werden gewinnen, indem wir uns widersetzen
her yer Taksim, her yer direniş / Taksim ist überall, der Widerstand ist überall
sık bakalım, sık bakalım, biber gazı sık bakalım, copunu bırak, kaskını çıkar, delikanlı kim bakalım / schießt doch, schießt doch, werft Tränengas, werft eure Knüppel weg, nehmt die Helme ab und dann werden wir sehen, was für harte Kerle ihr seid
hepiniz orospu çocuğusunuz / ihr seid alle Hundesöhne (an die Polizei)
orospu çocuğu Tayyip Erdoğan / Tayyip Erdoğan du Hundesohn
Es gibt noch keine offiziellen Bestätigungen bzgl. auf die Toten.
Für kurze Zeit verließ die Polizei am 1. Juni den Taksim Gezi Park. Dann versammelten sich die Menschen um den Park wieder zu besetzen. Kurz darauf stürmte die Polizei das Gebiet, um die Menschen zu entfernen.
Nachricht eines/einer Genossen/Genossin um 17:15 (örtliche Zeit) von den Straßen Istanbuls: “Wir haben es geschafft. Der Taksim Platz und der Gezi Park sind besetzt. Die Polizei zieht sich zurück: sie verschwinden. Diem Menschen im Gezi Park feiern. Ein Polizeiwagen, er ist mit “sikik” (kaputt) beschrieben, wurde umgedreht und angezündet…”
Unterstützt unsere Berichterstattung mit Informationen von den Straßen!
Die Besetzung des Taksim Gezi Parks in İstanbul begann am 28. Mai 2013. Nach einem Angriff der Polizei in dem Gebiet des Parks am 30. Mai haben Hacker von RedHack die Homepage der Beyoglu Polizeistation als Antwort auf den morgendlichen Angriff sabotiert.
Die Besetzung blieb weiterhin bestehen und tausende Menschen versammelten sich, um sich kollektiv den Plänen der Regierung (ein Shopping-Center zu errichten und den Park zu zerstören) zu widersetzen. Es entwickelte sich schnell zu einer der größten Mobilisierungen der letzten Jahre mit sehr verschiedenen Teilnehmenden (von radikalen AktivistInnen bis zu NGOs usw.), die der weltweiten Occupy-Bewegung glich.
Am 31. Mai begannen Straßenschlachten ab 5 Uhr morgens in Istanbul. Der Widerstand wuchs weiter, während die Polizei eine unglaubliche Anzahl von Tränengaskanistern abfeuerte. Vor einem weiteren Durchgreifen zogen auch nun UnterstützerInnen von drei zentralen Fußballvereinen (Besiktas, Galatasaray, Fenerbahce) vereint in die Straßen. Die Auseinandersetzungen setzten sich fort bis in den späten Abend. Die Anzahl der Menschen in den Straßen war enorm. Tausende von Menschen versuchten in welcher Art auch immer den Taksim Platz zu erreichen. Selbst nach 16 Stunden Straßenkampf, gehen die Auseinandersetzungen weiter. Continue reading Istanbul: Grobe Updates von der Besetzung des Taksim Gezi Parks→
Ungefähr um Mitternacht am Samstag, dem 8. September, hörte eine Gruppe von GenossInnen, dass in ca. 100 Meter Entfernung vom zentralen Platz – in der Stournari Str. und gegenüber des Eingangs des Polytechnikums Auseinandersetzungen zwischen zwei Gruppen von Menschen ausbrachen. Wir gingen gemeinsam mit anderen zum Ort des Geschehens , um zu sehen, was los ist, wobei wir nicht genau verstanden, wer diejenigen waren, die sich gegenseitig bekämpften. Als wir Menschen auf der Straße fragten, fanden wir heraus, dass DrogendealerInnen versuchten, ihr widerliches Geschäft in diesem Gebiet mit Unterstützung von Zivicops auszubreiten. Nehmt zur Kenntnis, dass die Cops seit ein paar Monaten wieder mal versuchen, die Nachbarschaft in einen Drogenumschlagspunkt zu verwandeln und Stournari Str. sich regelmäßig in eine Szenerie von Straßenkämpfen zwischen DrogendealerInnen und Menschen, die dort wohnen oder das Gebiet besuchen.
Als wir auf Höhe Bouboulinas Str. eintrafen, wurde die Invasion bereits durch eine Gruppe von vermummten jungen Menschen zurückgewiesen und die ersten Barrikaden aus brennenden Mülltonnen wurden errichtet. Von nun an – und für die nächsten paar Stunden, wurde der Verkehr in der Stournari Str. unterbrochen und dutzende von vermummten AktivistInnen, unter ihnen MigrantInnen verschiedenster Herkunft, warfen Steine, Flaschen und diverse andere Gegenstände auf die Anti-Riot Einheiten der MAT, die aus den den Seitenstraßen auftauchten und mit Tränengas antworteten.
Um ca. 01:30 eilten ca. 100 Menschen von der Stournari Str. in den selbst-verwalteten Park in der Navarinou und Zoodohou Pigis Str. und zogen an den zentralen Straßen der Nachbarschaft vorbei. Als sie die Charilou Tripouki Str. erreichten, wurden neue Barrikaden errichtet, von denen aus neue Angriffe gegen die MAT ausgingen, die sich außerhalb der pädagogischen Fakultät der Athener Uni positionierten. Die MAT-Einheiten schafften es, uns zurückzudrängen, indem sie die Leute die Zoodohou Pigis in Richtung Strefi Hügel lang jagten. Trotzdem wurden neue Barrikaden an der Kreuzung Valtetsiou and Charilou Tripouki Str. errichtet, die den Verkehr an diesem Punkt unterbrachen. Als wir für einige Zeit in der Zoodohou Pigis Str. verharrten und sich die Lage entspannte, bewegten wir uns wieder Richtung Stournari Str., um zu sehen, dass dort immer noch reichlich Spannung herrschte und Straßenkämpfe weitergingen, mit kontinuierlichen Angriffen und Gegenangriffen von Seiten der Schweine und der Widerstand Leistenden. Ein paar Typen, die versuchten Fotos zu machen, wurden von vermummten Jugendlichen zurechtgewiesen und die Fotos, die sie gemacht haben, wurden gelöscht.
Einige Parolen, die während der Konfrontation zu hören waren: Wut und Bewusstsein, Negation und Gewalt, wir werden erst das Chaos pflanzen und dann die Anarchie!
Freiheit für die Feuerzellen (CCF)!
Freiheit für all jene in den Knastzellen!
Anarchie, Destabilisierung, direkte Aktion, Aufstand!
Nur eine Salve aus der Kalaschnikov würde Gerechtigkeit bringen und euch [Cops] zur Besinnung bringen!
Solidarität ist eine Waffe des Volkes; Krieg gegen den Krieg der Bosse!
Die Aufständischen sind im Recht, nicht die Spitzel und solche, die sich ihnen beugen!
Im Übrigen nahm die Insensität der Konfrontation gegen 3 Uhr bedeutend ab und wir verabschiedeten uns vom Kampffeld und gönnten uns einen wohl verdienten Schlaf.
Eine Demonstration gegen das neokoloniale Projekt „Plan Nord“ hat sich zu einer regelrechten Straßenschlacht zwischen Aufständischen und polizeilichen Riot-Einheiten verwandelt, wie sie in Montréal hinsichtlich ihres Ausmaßes und ihrer Dauer selten so gesehen wurde. Das Ziel des Projekts „Plan Nord“ ist es, zu Gunsten von Minenunternehmen ein Maximum des Untergrunds in Quebecs
Norden auszubeuten.
Zur Demonstration versammelten sich etwa 2000 Personen, darunter lokale Aktivist_innen, Naturschützer_innen, im Streik befindliche Student_innen, Anarchist_innen und Gewerkschaftler_innen, deren Präsenz zur starken Störung der Arbeitsmesse des „Plan Nord“ geführt hat. Die Messe fand am Freitag (20. April) im Montrealer Kongressgebäude statt.
Gegen 12:30 Uhr ist es einer Gruppe von Demonstrant_innen gelungen, in das riesige Gebäude einzudringen, was eigentlich schwerstens von den polizeilichen Riot-Einheiten bewacht wurde.