Im Februar 2018 wurde in Russland eine Kampagne gestartet, um die Angeklagten im Netzwerk-Fall zu unterstützen. Zu den Hauptzielen der Kampagne zählten die Beschaffung von Mittel für Rechtskosten, die Organisation humanitärer Unterstützung für die Festgenommenen und die Unterstützung ihrer Angehörigen. Die Spenden wurden entsprechend den finanziellen Verhältnissen der jeweiligen Familien und den Bedürfnissen der Verhafteten verteilt. Weitere finanzielle Unterstützung wird entsprechend den Entscheidungen der Festgenommenen verteilt.
Zwei der Angeklagten, Igor Shishkin und Yegor Zorin, kooperieren derzeit mit den Ermittlungsbehörden.
Igor Shishkin hat keine Folterklage eingereicht, obwohl das unabhängige Kontollkommitée (ONK) von Spuren von Folter an seinem Körper berichtet hat. Vor seiner Anwesenheit im Gericht hat er eine Vereinbarung unterzeichnet, die bedeutet, dass er seine Schuld vollständig eingestanden hat. Er kooperiert aktiv bei der Untersuchung des Strafverfahrens und tätigt auch Zeugenaussagen gegen andere Verdächtige. Seine Aussage kann sich (entsprechend Kapitel 5 des Gesetzes 317.7 des russischen Strafprozessrechts, UPK RF) strafmildernd auswirken. Igor ist der einzige Angeklagte, der von der offiziellen russischen Bürger*innenbeauftragte für Menschenrechte, Tatjana Moskalkowa, besucht wurde, aber während des Besuches nichts von Folter erwähnt hat. Seitdem hat er sich bei einem Kreuz-Verhör mit einem anderen Angeklagten auf die Seite der Staatsanwaltschaft geschlagen. Diese Position wirkt sich nachteilig auf Mitangeklagte auf und führt zu zusätzlichem Druck auf alle, die für sich selbst und für Gerechtigkeit kämpfen.
Jegor Zorin, der im Herbst 2017 gefoltert wurde, hat seine Schuld eingestanden und kooperiert seitdem mit den Ermittlungsbehörden. Er hat nie eine Folterklage eingereicht.
Im Rahmen der Unterstützungskampagne erachten wir es für unmöglich, Angeklagte, die an der Untersuchung mitarbeiten, gegen die Interessen der anderen Mitangeklagten zu unterstützen. Daher wird finanzielle Unterstützung für diese Angeklagte nicht aus dem gemeinsamen Fonds bereitgestellt. Wer Shishkin unterstützen möchte, kann es über seine Verwandten tun. (Hinweis auf Link, im Original aber nicht angegeben).
Wie auch Shishkin und Zorin, wurden alle Angeklagten in dem Fall von den Behörden gefoltert und manipuliert. Wir sind bereit, die beiden zu unterstützen, wenn sie sich für eine kollektive Verteidigungsstrategie entscheiden, statt einer individuellen.
Quelle: its going down, Übersetzt von ABC Wien, eingegangen am 17.9.18
In den Vereinigten Staaten ist ein praktisch noch nie dagewesener Gefängnisstreik im Gange, der neue Paradebeispiele für die Koordination zwischen Kämpfen in Gefängnissen und Haftanstalten und der Solidarität mit denen hinter Gittern schafft. In der Zwischenzeit ist vom 23. bis 30. August die sechste jährliche Solidaritätswoche mit anarchistischen Gefangenen, in der Anarchist*innen auf der ganzen Welt solidarische Kämpfe in verschiedenen Ländern und Kontinenten koordinieren. Wir sind der festen Überzeugung, dass jede*r Gefangene ein*e politische*r Gefangene*r ist, und dass der beste Weg anarchistische Gefangene zu unterstützen darin besteht, eine Bewegung gegen den Komplex aus Gefängnis und Industrie (prison-industrial complex) zu schaffen. Gleichzeitig ist die Woche der weltweiten Solidarität auch eine großartige Möglichkeit, von unseren Gefährt*innen aus anderen Teilen der Welt Informationen über die verschiedenen Repressionsstrategien, die die unterschiedlichen Regierungen heutzutage anwenden, zu bekommen und wie diesen entgegengewirkt werden kann.
Im folgenden Text werden wir heutige Repressionsmuster, die gegen Anarchist*innen auf der ganzen Welt gerichtet sind, sowie einige Wege, wie die Bewegung darauf reagierte, untersuchen. Betrachtet man dies als einen Mikrokosmos der Art wie Repression in Bezug auf die breite Bevölkerung funktioniert, kann es uns helfen die Gefangenensolidarität als einen Teil der umfangreichen Kämpfe gegen Gefängnisse und für die Freiheit aller Menschen zu verstehen. Als Anarchist*innen wollen wir staatliche Repressionstaktiken analysieren, um bessere Sicherheitspraktiken zu entwickeln, internationale Verbindungen aufzubauen und geschickter darin zu werden, uns zu unterstützen und füreinander da zu sein.
Repressionswellen 2017 – 2018
In den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts haben sich die Repressionen gegen Anarchist*innen und ihre Gefährt*innen immer weiter verschärft. Einige der bekanntesten Beispiele der letzten Jahre sind der Tarnac Fall in Frankreich, eine „Terrorismus“-Untersuchung die 2008 begann und dieses Jahr damit endete, dass alle Angeklagten freigesprochen wurden; Operations Pandora, Piñata und Pandora 2 in Spanien, die im Dezember 2014 begannen und dieses Jahr abgeschlossen wurden; Scripta Manent in Italien, seit 2017; Operation Fenix in Tschechien, seit Frühling 2015; die Angriffe der Polizei überall in Europa seit der Kämpfe im Sommer 2017 in Hamburg; der Warsaw Three Brandstiftungsfall in Polen, 2016-2017; und Massenrepression in den USA, die aus der Besetzung von Standing Rock und dem Widerstand gegen Trump’s Amtseinführung resultierten, wobei hierbei der letzte Fall im Juli letzten Jahres abgeschlossen wurde. Wir beobachten auch anhaltende Repressionen in der Diktatur von Belarus und Russland, in letzter Zeit meist im Zusammenhang mit dem „Network“ Fall.
Überall auf der Welt wählen Staaten und ihre Polizeikräfte aus dem gleichen Sortiment an Taktiken um das gleiche Ziel zu erreichen. Die spezifischen Entscheidungen die sie treffen, variieren je nach Kontext, aber der Werkzeugkasten und die grundlegenden Zielsetzungen sind die gleichen.
Es werden beispielsweise in vielen verschiedenen Ländern die gleichen Computerprogramme verwendet, um Online-Zensur zu realisieren. In einigen Ländern werden sie dazu verwendet, einzelne Websites zu blockieren, während anderswo direkt eine Vielzahl an Inhalten geblockt wird – in beiden Fällen ist das gleiche Prinzip wirksam und die Autoritäten müssen nur einige weitere Häkchen in der Repressions-Software setzen, um die erste Situation zur zweiten zu machen. Das gleiche gilt für andere Formen der Polizeirepression. Dies zeigt, der Unterschied zwischen einer vermeintlich freizügigen liberalen Demokratie und einer autokratischen Diktatur ist quantitativ und nicht qualitativ.
Wenn die Polizei in einem Teil der Welt eine neue Strategie entwickelt oder eine spezifische Taktik häufiger anwendet, verbreitet sich dies oft auf andere Polizeibehörden auf der ganzen Welt. Zum Beispiel können wir Parallelen zwischen den verschiedenen Fällen mit Gefängnisstrafen in den USA ziehen – Eric McDavid, David McKay, Bradley Crowder, Matthew DePalma, the NATO 3, the Cleveland 5 – und nachfolgend die Operation Fenix in Tschechien, bei der Agents Provocateurs versuchten, Leute zur Planung von Angriffen gegen einen Militärzug sowie ein Polizeiräumkommando mittels Molotov Cocktail zu bewegen. Anfangs war die Operation Fenix eine Kampagne gegen das Netzwerk der Revolutionary Cells, ein Netzwerk das sich zu diversen Brandanschlägen gegen Polizei und Kapitalist*innen bekannt hatte; am Ende war es ein erfolgloser Versuch, Anarchist*innen zu stigmatisieren und die Legitimität der tschechischen Polizei in den Augen der Öffentlichkeit wiederherzustellen.
Ebenso können wir die Operation Fenix im Kontext der jahrzehntelangen Bemühungen der Polizei in Italien, der USA, Frankreich, Spanien und anderswo verstehen, einen Präzedenzfall zu schaffen, um Fälle terroristischer Verschwörung zu kreieren, mit denen Anarchist*innen diskreditiert und inhaftiert werden können. Einzeln betrachtet sind der Marini Fall in Italien, der Tarnac 9 Fall, Operationen Pandora und Pinata und Operation Fenix nichts mehr als irritierende Beispiele für das übertriebene und kompetenzüberschreitende Verhalten der Staatsanwaltschaft. Wenn wir diese Fälle aber als Teil eines globalen Musters betrachten, in dem die repressiven Kräfte des Staates nach einer neuen Methode suchen, die Netzwerke, die weitverbreitete soziale Bewegungen verbinden, zu neutralisieren, können wir erkennen, was sie alle gemeinsam haben. In diesem Kontext wird auch deutlich, wie sich die russische Taktik der Folter von Gefangenen, um falsche Geständnisse zu bekommen, auf andere Länder ausbreiten kann, wenn wir nicht sofort Schritte unternehmen, dies bekannt zu machen. Deshalb ist es so wichtig, einen globalen Ansatz zur Untersuchung staatlicher Repression zu verfolgen.
Wachsende internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Überall auf der Welt kooperieren Polizeikräfte mehr als je zuvor. Repression in ganz Europa zeigt die internationale polizeiliche Zusammenarbeit und die extremistischen und terroristischen Paragrafen in Aktion.
Der jüngste Fall des Bankraubs in Aachen zeigt dies: ein europäischer Haftbefehl, das Teilen von Geheimdienstinformationen unter Polizeieinheiten und die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen diversen Justizbehörden nach zwei Bankenteignungen 2013 und 2014. Spanische und deutsche Polizei kooperierten, um DNA-Material der angeblichen Enteigner*innen zu erhalten, die wegen des Überfalls der Pax Bank, der Bank der katholischen Kirche, verurteilt wurden.
Im letzten Fall im Zusammenhang mit der SHAC Kampagne (Stop Huntigdon Animal Cruelty), der auf den derzeitigen Animal Liberation Gefangenen Sven van Hasselt abzielte, können wir diesen Trend ebenfalls erkennen. Sechs europäische Staaten kollaborierten bei seiner Verhaftung.
Wir sehen ebenfalls, dass die Polizei in verschiedenen Ländern ihre Ausbildung und Erfahrungen auf einer besser organisierten Basis austauschen. So veranstaltete die europäische Polizeiakademie (CEPOL) ein Terrorismus Seminar in Griechenland im Juli 2012, bei dem die italienischen Behörden einen detaillierten Überblick über die repressiven Maßnahmen lieferten, die sie gegen die aufständische anarchistische Bewegung eingesetzt hatten. Das Europäische Polizeiamt (EUROPOL) veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht, Terrorismus Situation und Trendanalysen (TE-SAT), in dem ein Kapitel dem linken und anarchistischen „Terrorismus“ gewidmet ist. Diese Art der Zusammenarbeit hat an anderen Orten an Dynamik gewonnen, wie die European Union Intelligence and Situation Center (SitCen); die Mitgliedstaaten der europäischen Union kooperieren auch auf rechtlicher Ebene mit Institutionen wie Eurojust (Anm: Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union).
Regierungen im globalen Norden rüsten und trainieren routinemäßig im globalen Süden, um ihre Technologie- und Repressionsstrategien einzusetzen. Deutschland und Israel haben beispielsweise ein Vermögen mit der Unterstützung Brasiliens bei der WM 2014 gemacht. In einem extremen Beispiel versucht Großbritannien nun, Gefangene nach Afrika auszulagern und einen neuen Gefängnisflügel in Nigeria zu errichten. All dies sind gute Gründe, unsere Kämpfe miteinander zu verknüpfen.
Terrorismus Diskurs und Gesetzgebung
Gesetze und Rhetorik gegen „Extremismus“ und „Terrorismus“ sind einige der mächtigsten zeitgenössischen Werkzeuge, um soziale Kämpfe zu kriminalisieren und zu delegitimieren. Viele Staaten entwickeln Anti-Terror-Gesetze als Folge der vorherigen Generation von politischen Bewegungen, wie die Baskische Unabhängigkeitsbewegung in Spanien oder die Rote-Armee-Fraktion (RAF) in Deutschland in den 1970ern. In gewisser Weise kann dies die Struktur des „Terrorismus“ veraltet erschienen lassen, wenn es um zeitgenössische soziale Bewegungen geht, denen es normalerweise an den formalen Hierarchien wie in der RAF fehlt.
Die Hauptfunktion des „Terrorismus“-Rahmens besteht darin, die Aussetzung der gesetzlichen Rechte zu legitimieren, um die Polizei zu befähigen, uneingeschränkte Überwachung, unbefristete Inhaftierung ohne Anklage oder Gerichtsverfahren, völlige Isolation im Gefängnis, Folter anzuwenden – all die Taktiken, die bereits früher zur Aufrechterhaltung des Kolonialregimes, von Monarchien oder Diktaturen angewandt wurden. Seit dem 11. September 2001 und der Erklärung des sogenannten „Kriegs gegen den Terror“ wurden Anti-Terror-Gesetze auf der ganzen Welt verschärft, um Personen die die Stabilität der herrschenden Ordnung bedrohen könnten, mit diesen Taktiken zu unterdrücken.
Deshalb können die liberalsten europäischen Demokratien mit den Autoritäten einer faktischen Diktatur wie Putins Russland übereinstimmen, die den gleichen rechtlichen Rahmen sowohl gegen Anarchist*innen, die die Öffentlichkeit gegen Polizeigewalt verteidigt, als auch gegen Fundamentalist*innen, die willkürlich Zivilist*innen für den islamischen Staat angreifen, haben. Diese beiden Fälle haben in Bezug auf Taktiken, Werte oder Ziele nichts gemeinsam; die eine Sache, die sie verbindet, ist, dass beide die zentralisierte Macht der vorherrschenden Regierung in Frage stellen und herausfordern.
Repression: Eine internationale Sprache mit lokalen Dialekten
„Finde heraus, bis zu welchem Grad Menschen sich stillschweigend unterwerfen lassen, dann hast du genau das Maß, wie viel Ungerechtigkeit ihnen auferlegt werden kann.“ “Find out just what any people will quietly submit to and you have the exact measure of the injustice and wrong which will be imposed on them.”
-Frederick Douglass [1]
Es gibt einige neue Entwicklungen im Bereich der staatlichen Repression. Zum Beispiel sehen wir eine rasante Entwicklung der Repressionstaktiken in Russland im Zusammenhang mit dem „Network“ Fall, bei dem viele Aktivist*innen gekidnappt, bedroht, geschlagen und mit Elektroschocks, über Kopf hängend, und anderen Methoden gefoltert wurden. Mit diesen Taktiken haben die Offiziere der russischen Sicherheitskräfte (FSB, Nachfolger des KGB) die Gefangenen gezwungen, falsche Geständnisse zu unterschreiben, die die Existenz einer erfundenen Gruppe namens „Network“, die angeblich Terroranschläge während der Präsidentschaftswahlen im März 2018 und des FIFA World Cups planten, bestätigten. Dieses Vorgehen schuf eine Atmosphäre der Angst, Isolation und Unsicherheit in Russland, die es sehr schwierig macht, Solidarität zu mobilisieren.
Die Neuerung hierbei ist die Folter, um die Existenz eines vom Staat erfundenen „terroristischen Netzwerks“ zu beweisen. Folter ist für Anarchist*innen und andere Gefangene in postsowjetischen Ländern keine neue Sache; es bleibt eines der mächtigsten Werkzeuge in einem Strafsystem, das notorisch korrupt und freizügig gegenüber der Polizei ist, und deren gesetzliche Überwachung noch geringer als in den Vereinigten Staaten ist. Der russische und weißrussische Kontext zeichnet sich dadurch aus, dass in beiden Fällen der Staat offen autoritär ist und nicht zögert, selbst gegen grundlegende Formen des Protests wie das Aufhängen von Transparenten hart und gewalttätig durchzugreifen.
Gegenwärtig scheint diese Strategie in Russland und Belarus zu funktionieren, aber auf lange Sicht macht die brutale Unterdrückung die Behörden anfällig für plötzliche Ausbrüche von angestauter Wut. In Belarus zum Beispiel standen Anarchist*innen trotz des enormen Drucks der totalitären Regierung an der Spitze einer der mächtigsten sozialen Bewegungen des Jahres 2017.
Im Gegensatz dazu sehen wir in den „westlichen“ Ländern eher legalistische Strategien der Repression, wie extreme Kautions- und Entlassungsbedingungen, die dazu dienen, Individuen durch Zermürbung zu isolieren und ruhig zu stellen. Dies stellt subtilere Formen der Unterdrückung dar, die für diejenigen die sich selbst als Bürger einer Demokratie betrachten, gesellschaftsfähiger sind. Ein polizeilicher Forschungsbericht beschreibt die Repression der SHAC Kampagne als einen Prozess der „Enthauptung von Führungskräften“, der durch langwierige Haftstrafen und extreme Haft- und Bewährungsbedingungen erreicht wird, mit dem Ziel die Menschen absolut von ihrer Bewegung zu isolieren.
Die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen verschiedenen europäischen Staaten nimmt nicht immer die gleiche Form an. Während zum Beispiel griechische, italienische und deutsche Konferenzen zu anarchistischem „Terror“ und „Extremismus“ stattfinden, wenden Länder die weniger militante Aktionen und geringer verbreitete Unruhen erlebt haben, andere Ansätze an. Viele Staaten führen als akademische Forschung in „Extremismus- und Terrorismusstudien“ Informationsbeschaffung durch, um die Anwesenheit bestimmter Ideen und Taktiken zu überwachen. Dies wurde in der Tschechischen Republik deutlich, wo solche Studien zur Analyse der lokalen anarchistischen Bewegung verwendet wurden. Zum Beispiel werden trotz der fehlenden Verbindungen zur FAI/FRI oder der Verschwörung der Feuerzellen die jüngsten anarchistischen Aktionen des vorhergenannten Netzwerks der Revolutionären Zellen in Tschechien hauptsächlich anhand akademischer und polizeilicher Forschung beschrieben und bewertet, und als Manifestation/Ableger der anderen Gruppen dargestellt.
Von erfolgreichen Unterstützungskampagnen lernen
„Wir lernen trausendmal mehr von einer Niederlage als von einem Sieg“ „We learn a thousand times more from defeat than we do from victory“
– Ed Mead [2]
Es ist nicht einfach, die Wirksamkeit der Repression zu messen. Eine Repressionskampagne könnte als erfolgreich angesehen werden, wenn die Ziele Haftstrafen erhalten – oder wenn die Bewegung mit der sie verbunden sind, effektiv getrennt, befriedet oder zerstört wird – oder wenn der soziale Kampf in dem die Bewegung engagiert ist, vereinnahmt wird.
So könnte man beispielsweise die Operation Fenix als nicht erfolgreich ansehen, da der Anklage nicht entsprochen wurde und es zu Freisprüchen kam. Die tschechische Polizei konnte allerdings eine enorme Menge an Daten über die anarchistische Bewegung im Land sammeln – und obwohl sie den Fall gegen die Angeklagten nicht gewinnen konnten, haben sie erfolgreich anti-terroristische Theorie und „anti-extremistische“ Stimmung im öffentlichen Diskurs verbreitet. Trotzdem haben die tschechischen Anarchist*innen viel Unterstützung aus der ganzen Welt erfahren, was für die Leute hinter Gittern, isoliert und aufgrund von Extremismus angeklagt, sehr wichtig war.
Eine der letzten inspirierendsten Unterstützungskampagnen der letzten Zeit war die Verteidigung der J20-Verhafteten in der USA, ein Fall der in einer fast vollständigen Niederlage für den Staat endete. Ein weiteres inspirierendes Beispiel unter viel weniger günstigen Bedingungen finden wir in der Kampagne gegen den laufenden „Network“ Terror-Fall in Russland, bei der Eltern der Angeklagten ein „Eltern Netzwerk“ (“Parents’ Network“) zur Unterstützung ihrer Kinder und um sich dem totalitären Regime entgegenzustellen, gründeten.
Verpflichtung Bewegung Verteidigung
Repression führt oftmals zu Isolation und anderen Schwierigkeiten. Jeder ist einzigartig, aber im Allgemeinen brauchen diejenigen die am Ende der Unterdrückung stehen, alle das gleiche: finanzielle Unterstützung, emotionale Unterstützung, Unterstützung der Familien und Freunde der Angeklagten, sichere oder zumindest zuverlässige Kommunikationskanäle, Öffentlichkeitsarbeit über den Fall und – am wichtigsten – die Fortsetzung des Kampfes.
Verschiedene Gruppen können im Kampf gegen Repression unterschiedliche Rollen spielen. Es gibt Gruppen die sich bilden um auf Repression zu reagieren, wie die Kampagne zur Unterstützung der J20-Angeklagten oder Solidarat Rebel, die Informationen über den Aachen Bankraub Fall verbreiten, oder die Antifenix Initiative, die die Analyse und den Widerstand gegen die Operation Fenix in der Tschechischen Republik fördert. Diese Projekte sind sehr wichtig, da sie auf den sofortigen und dringenden Bedarf an Unterstützung reagieren. Es gibt auch Gruppen, die eine konsequente langfristige Anti-Repressions-Arbeit leisten, wie zum Beispiel das Anarchist Black Cross (ABC). Das ABC ist ein internationales Netzwerk von anarchistischen Gruppen, die sich seit nunmehr über einem Jahrhundert für die praktische Solidarität mit Gefangenen engagieren.
Wir können auf verschiedenen Ebenen gegen die Repression vorgehen. Wir können das Bewusstsein für die Wichtigkeit einer Sicherheitskultur (security culture) erweitern und auf die verschiedenen Taktiken der Repression aufmerksam machen, um auf die unvermeidliche Reaktion des Staates auf unsere Bemühungen eine bessere Welt zu schaffen vorzubereiten. Wir können auch materielle Ressourcen aufbauen – Geld für Anwalts- oder Reisekosten sammeln und Gefangene während ihrer Haft und nach der Entlassung zu unterstützen. Dies kann die Organisation von Fundraising-Veranstaltungen oder das Spenden sammeln auf anderen Wegen bedeuten. Am wichtigsten ist es, den Zielen von Unterdrückung und denen, die sie unterstützen, emotionale Unterstützung und Fürsorge zukommen zu lassen.
Abschießend können wir Informationen über Gerichtsverfahren und Gefangene sowie die Möglichkeiten zur Unterstützung in verschiedenen Medienkanälen wie Websites, Broschüren, Podcasts, Büchern, Vorträgen, sozialen Netzwerken (virtuell und real) verbreiten. Das Zine von verschiedenen europäischen ABC Gruppen beispielsweise stellt die Grundlagen der Organisation einer ABC Gruppe vor.
Wir müssen unsere Anstrengungen in der Unterstützung bestimmter Gefangener als Teil eines viel größeren Kampfes gegen Gefängnisse selbst verstehen. Wenn wir bereits solidarisch mit Gefangenen organisiert sind, werden anarchistische Gefangene in einer sehr viel besseren Position sein. Das bedeutet, Gefangenenorganisationen zu unterstützen, Lesestoff und Ressourcen an die Gefangen zu schicken, außerhalb der Gefängnismauern solidarisch mit Revolten zu sein und die Verbreitung eines öffentlichen Diskurs, der klarmacht was wir alle bei der Dekonstruktion des Gefängnis-Industrie-Komplex (prison-industrial.complex) gewinnen können.
Von einer Woche der Solidarität bis zur Abschaffung der Knäste
Anarchist*innen kämpfen an vorderster Front des Kampfes gegen die Gefängnisgesellschaft neben armen Menschen, People of Color, indigenen Menschen und allen anderen, die vom Gefängnissystem weltweit ins Visier genommen werden.
Die sechste jährliche Woche der Solidarität mit anarchistischen Gefangenen ist eine der vielen Möglichkeiten, all die verschiedenen Kämpfe zu verbinden, um ein Beispiel zu geben, wie langfristige koordinierte Anti-Repressions-Arbeit aussehen könnte. Das Startdatum der Woche ist der Jahrestag der Hinrichtung von Sacco und Vanzetti, zwei italienisch-amerikanischen Anarchisten, im Jahre 1927. Es gab nur sehr wenige Beweise von Seiten des Staates und so wurden die beiden für ihre starke anarchistische Überzeugung hingerichtet.
Anarchist*innen sind nicht immer die Hauptziele des Staates, oftmals werden Menschen mit afrikanischer Herkunft, Migrant*innen, Muslime, und andere ethnische Gruppen Opfer der kolonialen Gewalt. Nichtsdestotrotz sind wir fast immer auf der Liste der Ziele, da unsere Werte und Handlungen die Vorherrschaft des Staates bedrohen. Gefängnis ist der Kleber, der Kapitalismus, Patriachat und Rassismus zusammenhält. Wenn wir uns für eine Gesellschaft einsetzen, die auf Kooperation, gegenseitiger Hilfe, Freiheit und Gleichheit basiert, geraten wir unweigerlich in Konflikt mit der Polizei und dem Gefängnissystem. Lasst uns eine breite Bewegung dagegen aufbauen!
Solange es Gefängnisse gibt, werden die mutigsten, sensibelsten und wunderbarsten unter uns dort landen, und die mutigsten, sensibelsten und wunderbarsten Teile vom Rest von uns werden unerreichbar für uns sein. Jede*r von uns kann zum*zur Gefangenen werden. Keiner ist wirklich frei, bis nicht alle von uns frei sind.
[1] Frederick Douglass: ehemaliger Sklave, späterer Abolitionist und Schriftsteller und einer der einflussreichsten Aktivisten in der amerikanischen Geschichte
[2] Ed Mead: Mitglied der George Jackson Brigade und Männer gegen Sexismus, Langzeit-Häftling und Schwulenrechtler (gay liberationist)
Dieses ist eine Zusammenfassung über die Unterstützungsveranstaltungen in Finnland für die unterdrückten Gefährt*innen in Russland in der letzen Zeit.
Am 4. Februar, organisierte das Anarchist Black Cross Helsinki im Lymy einen “Erstaunlichen, veganen Soli-Sonntags-Lunch” Die Veranstaltung war ein Erfolg. In Tampere gab es am 2. März ein Soli-Konzert. Dort spielten vier Bands und es gab veganes Essen zu kaufen. Varis Tampere, die die Veranstaltung organsierten und TAL (Tampere Anarchistische Vereinigung) verkauften auch T-Shirts und Bücher über Faschismus. Auch in Helsinki organisierte Varis am 4. März einen Soli-Auftritt von drei Hardcore Bands, Tombola, Tofu-Burgern und Info über die Situation in Russland. Die Erlöse dieser Veranstaltungen wurden nach Russland überwiesen, um für Anwaltskosten und andere Unterstützung für die unterdrückten Antifaschist*innen und Anarchist*innen in St.Petersburg, Penza, Tšeljabinsk und anderen Orten in Russland genutzt zu werden.
Am Tag der russischen Präsidentschaftswahl gab es Demonstrationen in Turku and Helsinki gegen die vom russischen Geheimdienst FSB begangenen Folterungen und ganz allgemein gegen das Regime von Putin. In Turku versammelte sich eine Gruppe von Anarchist*innen und Antifaschist*innen vor der russischen Botschaft. Dort präsentierten sie ein Transparent mit der Aufschrift “Befreit die Anarchist*innen in Russland! Stoppt die Folter vom FSB”, das später über einer Autobahn entrollt wurde. In Helsinki standen mehr als 50 Leute vor der russischen Botschaft, riefen Parolen und hielten Transparente gegen den FSB und Putin und für die Befreiung der inhaftieren Antifaschist*innen hoch. Die Leute auf ihrem Weg zur Wahl konnten es nicht vermeiden, der von der lokalen anarchistischen Gruppe A-ryhmä, ABC Helsinki und Varis organisierten Demonstration Aufmerksamkeit zu zollen.
Alles in allem, ist das Bewusstsein für die Situation in Russland in den letzten Monaten gestiegen und die Menschen sind motiviert, gemeinsam gegen die Unterdrückung und für unsere gemeinsamen Ziele vorzugehen. Wir werden die Gefährt*innen in Russland weiterhin unterstützen.
Granaten, Folter, Entführungen – der Geheimdienst FSB greift Anarchist*innen und Antifaschist*innen in Russland an
Am 26.03. um 19 Uhr im Trash Chic (Wiersbergstr. 31 in Köln Kalk) berichtet eine Genossin aus Russland über die dort momentan herrschende Repression von Anarchist_innen und Antifaschist_innen. Es wird erst einen Input geben und danach Raum und Zeit für Fragen sein.
Im Oktober wurden in Penza (Russland) mehrere Menschen, die mit der anarchistischen Bewegung in Verbindung gebracht wurden, unter dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Organisation zum Sturz von Putins Regime verhaftet. Nach der Folter durch Elektroschocker und anderen Methoden gaben alle bis auf eine Person ihre Schuld zu. Dies kam erst im Januar ans Licht, als mehrere Personen, die mit der anarchistischen und antifaschistischen Bewegung verbunden waren, in Petersburg verschwanden.
Später stellte sich heraus, dass diese von der russischen Geheimpolizei FSB entführt und ebenfalls gefoltert wurden. Sie gaben deshalb zu, Teil des sogenannten „Netzwerkes“ zu sein – einer terroristischen Organisation, die in vielen Städten Russlands, darunter Pensa und Petersburg, existiert. Dieses „Netzwerk“ soll laut dem FSB gegründet worden sein, um Terroranschläge während der kommenden Präsidentschaftswahlen und der Fußballmeisterschaften durchzuführen.
Wenn das für euch bizarr klingt – keine Sorge, damit seid ihr nicht allein. Die meisten Anarchist*innen in der russischsprachigen Hemisphäre sind ebenfalls schockiert über die Situation, die sich derzeit in Russland entwickelt. Es ist das erste Mal in der jüngeren Geschichte Russlands, dass die Geheimpolizei schwere Foltermethoden gegen Anarchist*innen und Antifaschist*innen anwendet, um einen Strafprozess zu begründen.
Eine Freundin aus Russland wird über die Situation im Land und die möglichen Entwicklungen sprechen. Ausserdem möchten wir Geld sammeln, um es der Solidaritätskampagne zukommen zu lassen, die sich gegründet hat.
Im Anschluss an den Vortrag wird es Raum für Fragen geben.
Das Trash Chic ist physisch nicht barrierefrei (eine Stufe am Eingang, kleine Toiletten). Der Vortrag wird auf Englisch gehalten werden, wir bemühen uns aber um eine Flüsterübersetzung ins Deutsche.
Organisiert wird der Vortrag vom Anarchistischen Kollektiv Köln
Video über die jüngsten anarchistischen Aktivitäten in Russland gegen das Wahlspektakel vom 18. März und in Solidarität mit anarchistischen und antifaschistischen Gefangenen.
Das Moskauer Anarchist Black Cross veröffentlichte die folgende Zusammenfassung der Repression gegen Anarchist*innen durch den russischen Staat in 2017 und Anfang 2018. Während dieser Phase setzten die staatlichen Behörden die Verdächtigungen und Verfolgung der russsichen Gefährt*innen fort.
St. Petersburg und Penza
Im Oktober 2017 hat der russische Geheimdienst (FSB) einen großangelegten Kriminalfall gegen Anarchist*innen und Antifaschist*innen konstruiert, indem er die Mitgliedschaft in der terroristischen Organisation „Das Netzwerk“ verkündete. Die russischen Autoritäten behaupteten, dass die Beschuldigten terroristische Aktionen geplant und vorbereitet haben, um sie während der kommenden Präsidentschafts-Wahlen im März 2018 und der kommenden Weltmeisterschaft jumzusetzen.
In Penza wurden Jegor Zorin, Ilia Shakursky, Vasili Kuksov, Dmitri Pchelintsev, Arman Saginbaev and Andrei Chernov verhaftet. In St. Petersburg verhafteten die Bullen Victor Filinkov und Igor Shishkin. Ilia Kapustin ist zurzeit ein Zeuge. Die Angehörigen der Verhafteten berichteten, dass ihre Liebsten gefoltert wurden, um Geständnisse von ihnen zu erzwingen. Alle Verhafteten in diesem Fall befinden sich in einer schwierigen Situation, mit der Gefahr der Wiederholung von Folter und benötigen unbedingt eure Unterstützung und eure Solidarität. Ihr könnt ihnen eine Geldspende über Pay Pal (abc-msk@riseup.net) zukommen lassen. Die Verhafteten würden sich auch sehr über Briefe freuen. Hier sind ihre Adressen:
St. Petersburg:
191123, St. Petersburg, Shpalernaya St., 25 PKU SIZO-3 of the Federal Penitentiary Service of Russia
Shishkin Igor Dmitrievich
Filinkov Victor Sergeevich
In Penza:
PKU SIZO-1, st. Karakozova, 30, Penza, Penza region, Russia, 440039
Shakursky Ilya Alexandrovich
Pchelintsev Dmitry Dmitrievich
Chernov Andrey Sergeevich
Sagynbaev Arman Dauletovich
Moskau
Den beiden Aktivist*innen Elena Gorban and Alexei Kobaidzei werden Sachbeschädigung des Parteibüros von Putin‘s Vereinigtes Russland vorgeworfen. Sie sind beschuldigt worden, nachdem Ende Januar 2018 unbekannte Aktivist*innen aus Protest gegen die kommenden Präsidentschafts-Wahlen die Fenster eine der Niederlassungen der Partei Vereinigtes Russland zerstörten und ein Feuer hinein warfen.
“Ganz gleich wer Präsident wird; ihre Politik ist immer die Unterdrückung und Ausbeutung einfacher arbeitender Leute. Wir als Anarchist*innen, bieten Selbstverwaltung und direkte Demokratie im Austausch mit Präsident*innen und anderer staatlicher Institutionen. Beteiligt euch an unserem Kampf“ – sagten die für diese Aktion verantwortlichen Menschen in ihrer Stellungnahme.
Die Polizei fiel am 13. Februar in die Wohnungen ein, wo Gorban und Kobaidze lebten. Nach den Verhören wurden die Aktivist*innen auf Kaution frei gelassen und sind jetzt auf der Flucht.
Cheliabinsk: Strafverfahren für Transparent gegen den FSB
In Cheliabinsk, wurden nach einer Aktion in der Nähe des lokalen Büros des FSB fünf Aktivist*innen verhaftet. Unbekannte Personen hingen ein Transparent auf, das besagte: „FSB der Hauptterrorist“ und warfen eine Rauchbombe über den Zaun des FSB Geländes. Diese Aktion wurde als Unterstützung für die in Penza verhafteten AnarchistInnen durchgeführt.
Die Aktivist*innen, die bevorzugen, dass ihre Namen nicht veröffentlicht werden, berichteten, dass die FSB Beamten sie mit einem Elektroschock-Gerät folterten und forderten ihr Geständnis, dass sie es waren, die das Transparent aufgehängt haben. Sie wurden schließlich auf Kaution freigelassen, aber mit der Auflage, dass sie weder das Land verlassen, noch ihre Adresse ändern dürfen. Ihr könnt sie bei den Rechtskosten unterstützen, indem ihr Geld auf das Konto des ABC überweist.
Krim: Eugen Karakashev für „Rechtfertigung von Terrorismus“ verhaftet
Im Februar 2018, hat das FSB der Krim den Anarchisten Eugen Karakashev verhaftet. Er wird beschuldigt „zu Hass aufgerufen“ und „Terrorismus gerechtfertigt“ zu haben oder in anderen Worten, indem er ein Video auf der Sozialen Mediaseite VKontakte gestellt hat. Gegenwärtig befindet er sich im Gefängnis.
Eugen ist seit einiger Zeit aktiv. Vor seiner Verhaftung hat er an einer Kundgebung vor dem FSB Gebäude in der Stadt Simferopol auf der Krim teilgenommen und im November 2016, zusammen mit gleichgesinnten Leuten geplant, einen Streikposten in der Nähe des Innenministeriums „ gegen die Polizeiwillkür“ auf der Krim durchzuführen. Dieses wurden von der Polizei jedoch verboten.
Staatliche Verfolgungen von Anarchist*innen
Im Januar 2017 fanden zum Jahrestag der politischen Ermordung des Rechtsanwaltes Stanislav Markelov und der Journalistin Anastasia Baburova im Land Gedenkveranstaltungen statt, die die Bullen verhindern wollten. AnarchistInnen wurden in Moskau, Petersburg, Murmansk und Sevastopol verhaftet. Die Polizei führte bei den diesjährigen Aktionen zum Gedächtnis an Markelov und Baburova mehr Verhaftungen durch, als in den Vorjahren.
Am 23. Februar wurden auf dem linken „Deserteur*innen-Fest“ im Süd-Osten Moskaus, dutzende Leute in Gewahrsam genommen. Das Festival richtete sich gegen die Wehrpflicht. Die Polizei bewertete diesen Grund, ungerechtfertigt, als allzu radikal. 2018 fand das Festival nicht statt, weil die Bullen es im Vorfeld verboten haben.
In Irkutsk fanden im April 2017 Durchsuchungen unter Beteiligung des SOBR (Spezialeingreiftruppe) und dem Zentrum zur Bekämpfung des Terrorismus statt. Im Zusammenhang mit einem der Aktivist*innen – Dimitri Litvin – wurde unter dem Artikel 148 des Strafgesetzbuches (Religionsbeleidigung) ein Strafverfahren eingeleitet. Die restlichen Personen wurden in diesem Fall als Zeug*innen verhört. Die Verhafteten selbst waren sich sicher, dass der eigentliche Grund ein anderer ist: Örtliche Anarchist*innen sind der aktivste Teil des politischen Lebens der Stadt und haben wiederholt soziale Proteste verschärft.
Im November 2017, wenn russische Antifaschist*innen traditionell Timur Kacharava gedenken (ein Musiker und Antifaschist, der von Neo-Nazis ermordet wurde), sprengte die Polizei die Veranstaltung, infolge wurde eine Person verhaftet.
Verfolgung russischer Aktivist*innen im Ausland
Im April 2017 wurde der Anarchist Alexei Polikhovich nach zwölf Tagen Haft aus Weißrussland deportiert. Grund war seine Teilnahme an einer Demonstration, gegen neue Steuern,in Minsk verhaftet. Im Sommer stürmte die Bereitschaftspolizei die Lesung von Alexei Sutugi. Das Thema der Lesung war, wie aus dem Gefängnis heraus Widerstand gegen den Staat geleistet werden kann. Fast alle Anwesenden wurden bis zum Abend in Gewahrsam genommen. Am 12. Oktober entschied ein örtliches Gericht, dass die bei der Lesung konfiszierten Materialien extremistisch waren.
Im Oktober 2017 unterbrach die Bereitschaftspolizei in der weißrussischen Stadt Grodno eines Lesung des Philosophen Piotr Riabov, einen mit anarchistischen Vereinigungen sympathisierender Professor der Philosophie an der staatlichen Moskauer Pädagogischen Universität. Er hat sich auf die Geschichte Anarchistischen Denkens spezialisiert. Nach der Vorlesung „Informelle Bewegung von Weißrussland, in den Jahren 1991-2010” in Baranovichi, war Riabov sechs Tage in Haft, wegen „Verteilung extremistischer Materialien“ Danach hat die Einwanderungsbehörde der örtlichen Miliz entschieden, Riabov zu deportieren und ihm für zehn Jahre zu verbieten, das Land erneut zu betreten. In Moskau gab es vor der Botschaft von Weißrussland eine Reihe von Streikposten, um gegen die Verhaftung von Piotr Riabov zu protestieren.
“Der Staat überschätzt meinen Beitrag für revolutionäre Propaganda: mehrere meiner Lesungen würden weniger Hype ausgelöst haben, als ihr Verbot. Ich glaube, dass die ganze Sache im Begriff „Anarchismus“ liegt. Die Behörden erinnern an die Tatsache, dass die Anarchist*innen für den Brandanschlag auf die russische Botschaft im Jahre 2010 verurteilt wurden und dass die Anarchist*innen in vielen Fällen die Iniative bei den Massenprotesten gegen das Gesetz zu „Parasitentum“ übernahmen“, sagte Riabov in einem Interview nach seiner Freilassung.
2017 waren die Anarchist*innen von Weißrussland die aktivste Kraft bei Protesten gegen die Steuer auf Parasitentum, welche der weißrussische Staat für die Arbeitslosen einführen wollte
Nachrichten aus dem Gefängnis
Der Anarchist Alexander Kolchenko aus der Krim feierte im Gefängnis seinen 28. Geburtstag – wo er, trotz des letzten Gefangenenaustausches zwischen der Ukraine und Russland, immer noch einsitzt. An seinem Geburtstag führten Anarchist*innen aus der Ukraine, der Tschechischen Republik und Polen, aus Solidarität mit ihm, Aktionen an Flughäfen durch.
Kolchenko wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wegen des Falles sogenannter „Terrorist*innen aus der Krim“. Er hat an Aktionen gegen den Eintritt russischer Truppen auf der Halbinsel teilgenommen, speziell die Brandstiftung am Bürod der Partei „Vereinigtes Russland“ sowie dem Büro der nationalistischen russischen Gemeinde der Krim. Im November wurde beim Strafgefangenen „Gewichtsabnahme“ diagnostiziert. Gleichzeitig verweigerte es das FSIN ihm, in Abwesenheit, an der Universität der Ukraine studieren zu lassen.
Ihr könnt Alexander Kolchenko einen Brief an die folgende Adresse schicken: 456612, Chelyabinsk Region, Kopeysk, ul. Kemerovskaya, 20, IK-6, detachment 4, Kolchenko Alexander Aleksandrovich.
In Mordovia, verbüßt der Anarchist Ilja Romanov weiterhin seine Strafe für Terrorismus: ein Urteil, dass er erhielt, nachdem er im Oktober 2013 durch Feuerwerk verletzt wurde. Aufgrund des Unfalls hat Romanov seine Hand verloren. Er wurde wegen Terrorismus zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.
In April berücksichtigte das ECHR eine der Beschwerden von Romanov and gewährte ihm 3.400 Euro als Entschädigung für unverhältnismäßig lange Haft während der Ermittlungen. Jedoch ist es unklar, wie der Gefangene sein Geld erhalten kann. All seine Konten werden vom Staat blockiert. Die betagten Verwandten von Romano, die auf der Post versucht haben, Ilja das Geld zu überweisen, wurden durch die Polizei in Gewahrsam genommen. Im Mai wurde Romanov in Einzelhaft genommen, seit Juli ist ein weiterer Fall von Terrorismus gegen ihn anhängig.
lja Romanov ist inhaftiert in IK-22 Mordovia, die Adresse: 431130, Mordovia, Zubovo-Poliansky district, st. Potma, n. Lepley. Schreibt ihm Briefe, für die er wirklich dankbar sein wird.
Endlich frei
Im Mai 2017 wurde der Anarchist Alexei Sutuga aus dem Gefängnis entlassen. Im September 2014 wurde Sutuga, bekannt durch seinen Spitznamen Sokrates, zu drei Jahren und einem Monat verurteilt, nachdem er angeblich an einem Kampf in einem Café teilgenommen haben soll. Der Antifaschist selbst hat keine Schuld eingestanden. Er sagt, dass er den Kampf beenden wollte, aber niemanden geschlagen hätte. Die Opfer in diesem Fall waren russische Neo-Nazis.
Im Oktober 2017 ist der Antifaschist Igor Alekseev verschwunden, bevor er aufgrund „öffentlichem Aufruf zu extremistischen Aktivitäten“ aufgrund der Veröffentlichung eines YouTube Videos auf seinem Sozialen Medienprofil belangt werden konnte. Zu Zeit ist er an einem unbekannten Ort in Sicherheit Laut Igor, hat er sich entschieden sich vor dem russischen Justizapparat zu verstecken, weil er sich davor fürchtet, zu einer Haftstrafe verurteilt zu werden.
Anfang November 2017 entkam der Historiker und Anarchist Dimitr Buchenkov aus seinem Hausarrest und ist zur Zeit in einem unbekannten europäischen Land. Seine Flucht war möglich, weil er, aufgrund Ressourcenmangels, nicht mit elektronischen Fesseln ausgerüstet war. Laut der Ermittlungen hat Buchenkov angeblich einen Polizisten angegriffen. Er wurde verurteilt, obwohl es eindeutige Beweise dafür gibt, dass er am Tattag nicht einmal anwesend gewesen ist. In einer anderen Stadt hat er seine Familie besucht. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde, gegen seine Verhaftung und politisch motivierte Verurteilung, Klage gestellt.
Dieser Überblick wurde durch das Team von ABC Moskau erstellt. Es ist keine vollständige Liste der strafrechtlichen Verfolgung von Anarchist*innen durch den russischen Staat – auf Bitte einiger Gefährt*innen, wurde nicht auf alles Pech von Anarchist*innen in der nach-sowjetischen Zeit eingegangen.
Falls ihr helfen wollt, könnt ihr Geld an ABC Moskau überweisen. Paypal: abc-msk@riseup.net
Wir rufen zu einer Aktionswoche ab den 11. März, 2018 auf
Am 18. März wird die nächste Putin- Wahl sein. Der Ritus zur Amtseinführung anlässlich der Wiederwahl wird unter Bedingungen des inländischen Terrorismus und Atomkriegsdrohung stattfinden. Der russische Geheimdienst hat Massen-Repression gegen alle vom Regime Abtrünnigen begonnen und übt beispiellosen Druck auf alle Dissident*innen aus (von der liberalen oppositionellen Bewegung bis zu den AnarchistInnen)
Der Inlandgeheimdienst FSB hat im Herbst 2017 eine Serie von Verhaftungen und Durchsuchungen von Wohnungen ihm bekannter Anarchist*innen und Antifaschist*innen durchgeführt.
Sechs Anarchist*innen aus Penza wurden verhaftet und beschuldigt, einen Staatsstreich vorbereitet zu haben. Der einzige Beweis einer „Vorbereitung“ war die Tatsache, dass alle Gefangenen „Airsoft“ gespielt haben. Während mehrere Monate waren sie täglicher Folter ausgesetzt, bis sie sich als schuldig bekannten.
Zwei Anarchist*innen wurden im Januar 2018 in St. Petersburg verhaftet. Auch sie wurden, wie die Anarchist*innen aus Penza, gefoltert. Beamte des FSB brachten sie dazu, Geständnisse abzulegen und diese vor den Ermittler*innen zu wiederholen. Einer der entführten Anarchist*innen wurde in einen Wald gebracht, wo er gefoltert wurde. Ilja Kapustin wurde auch verhaftet und gefoltert. Er hat nicht gestanden, weshalb sie ihn zu einen „Zeugen“ ernannten.
Im Februar und März richteten sich auch auf der Krim viele Razzien gegen Anarchist*innen und Sozialist*innen. Der erste der Verhafteten war Eugen Karkashev. Der Grund für die Verhaftung war eine Unterhaltung im sozialen Netzwerk “Vkontakte”. Einen Monat später fanden die Massen-Razzien gegen andere Anarchist*innen und Kommunist*innen dieser Halbinsel statt. Die Liste der Gefangenen auf der Krim schließt auch den Anarchisten Shestakovich und den Kommunisten Markov mit ein, die für zehn Tage eingesperrt wurden.
Dann sind die Moskauer Anarchist*innen Kobaidze und Gorban’ verhaftet und beschuldigt worden, eine Attacke auf ein Büro der Regierungspartei „Vereinigtes Russland“ durchgeführt zu haben. Die Beamt*innen verweigerten den Verteidiger*innen Kontakt mit den Gefangenen, bis sie sich schuldig erklärten. Sie brachen mit allen Gesetzen.
Drei Anarchist*innen wurden in Chelyabinsk mit ihren Freund*innen und Angehörigen durch den FSB entführt. Auch sie wurden (mit elektrischen Strom) gefoltert. Das geschah, um von ihnen erforderliche Zeugenaussagen sowie ihr Eingeständnis zu bekommen, dass sich an einer Transparentaktion gegen Repression beteiligt haben.
Präsident Putin hat in einer Rede selbst den Auftrag gegeben, sich mit den Protestreden und Organisator*innen nicht genehmigter Straßenaktionen “auseinanderzusetzen”.
Unsere Autoritäten sind so unsicher über sich selbst, dass sie auf Terror zurückgreifen. Durch jeden Straßenprotest fühlen sie sich bedroht.
Gleichzeitig können Protest und die möglichst weite Verbreitung dieser Ereignisse wirklich Anarchist*innen helfen, die noch im Gefängnis sind. Es gab zunächst keine Informationen über die Anarchist*innen aus Penza und das hat dem FSB ermöglicht, sie über lange Zeit zu foltern. Erst nach der internationalen Kampagne im Februar 2018 war die Staatsanwaltschaft gezwungen, die Stellungnahme über Victor Filinkov’s Folterung, zu überprüfen.
Bedenkt, dass die heutige Ruhe und Inaktivität uns zu den morgigen Verhaftungen und Entführungen verdammen.
Deshalb rufen wir in der Woche vor Putin‘s Wahl , ab den 11. März, dazu auf, besondere Aufmerksamkeit den Terror-Zuständen zu widmen, in denen diese Wahl durchgeführt wird. Heute wollen Henker*innen und Terrorist*innen für die neue Amtszeit gewählt werden. Und alle von uns können sehen, was diese Wahl ist. Jetzt können wir (in Russland und international) öffentliche Aufmerksamkeit erregen, um heute den Rahmen für den Terror einzuengen und morgen seinen Beginn hinauszuzögern.
Nur öffentlicher Druck kann staatlichen Terrorismus verhindern. Wir rufen zu Aktionen, Solidaritätsveranstaltungen, Straßen-Agitation, Verbreitung von Informationen, Vorführungen oder Versammlungen auf. Zu allem, wofür ihr Kraft und Phantasie habt und zu allem, was Aufmerksamkeit auf die Rechtlosigkeit richten kann. All das wird nicht umsonst sein.
Putin’s neue Amtszeit ist eine Freiheitsstrafe für alle Russ*innen
Weitere Verhaftungen: Auf der Krim verhaftete der Geheimdienst den lokalen Anarchisten und Sozialen Aktivisten Eugen Karakaschew (02/02). In Moskau wurde die Anarchistin Elena Gorban verhaftet (13/02). Am selben Tag wurde der Anarchist Alexei Kobaidze inhaftiert. Wir rufen alle dazu auf, die Solidaritäts-Kampagne fortzusetzen.
Vom 5. bis 12. Februar hat eine internationale Woche der Solidarität mit russischen Anarchist*innen stattgefunden. An 21 Aktionen gegen Repression beteiligten sich 21 russische Städte und eine große Anzahl ausländischer Gefährt*innen von Weißrussland bis zur USA und Kanada.
Informationsmaterialien, Flugblätter wurden verteilt, Graffiti und Stencils gesprüht sowie Transparente aufgehängt, die über Repression gegen Anarchist*innen informierten. Aktionen fanden in Kaliningrad, Altai, Kursk, Nowosibirsk, Samara, Kemerowo, Astrachan, Wolgograd, Rostow am Don, Ischewsk, Pensa, St. Petersburg, Moskau, Nachodka, Tscheljabinsk und Workuta statt.
Mahnwachen, die über der den Terror des FSB gegen Anarchist*innnen informierten, fanden in Jekaterinburg, Kandalakscha, Tomsk, Sotschi, Moskau, St.Petersburg, und Saratow statt.
In Samara wurde ein Solidaritätsabend organisiert. Besucher*innen wurde über Repressionen gegen Anarchist*innen und über die Grundregeln der Konspiration informiert. Danach wurde der Film “Sacco und Vanzetti” gezeigt, deren Geschichte die ganze Unmenschlichkeit und Nutzlosigkeit des staatlichen Systems aufzeigt und die Methoden, derer es sich bis heute bedient, um jeglichen Protest zu unterdrücken. In Moskau fand auch eine ungenehmigte Demonstration gegen die Gesetzwidrigkeit des FSB statt. Mehrere dutzend Leute blockierten die Myasnitskaya – eine der zentralen Straßen, neben der Lubjanka, wo sich die Hauptabteilung des FSB befindet. Sie zogen dort mit dem Transparent “FSB ist der hauptsächliche Terrorist“ vorbei.
Auch in anderen Ländern fanden Solidaritätsaktionen statt. In Weißrussland verteilten Anarchist*innen Flugblätter, die über die Verfolgung russischer Anarchist*innen informierten. In Lutzk, Ukraine, gab es auch Grafitti aus Solidarität mit russischen Anarchist*innen. Solidaritätsaktionen fanden in Warschau, Danzig (Polen) und Prag (Tschechische Republik) statt.
In Prag gab es auch ein Solidaritätskonzert für unterdrückte russische Anarchist*Innen. Beim Konzert wurde über die Repressionen in Russland informiert und es wurde Geld für das Anarchist Black Cross gesammelt, das politische Gefangene unterstützt. Auch in Estland wurde bei Konzerten der Musikgruppen Ognemöt, Adrestia und Prophets V in Tallin und Tartu Geldsammlungen durchgeführt.
Außerdem fand in Budapest, Ungarn, eine Veranstaltung zur Information über Repressionen in Russland und Spendenaktionen statt.
In Frankreich wurde zu einem Solidaritätsessen geladen, dessen Erlöse für die Unterstützung der russischen Anarchist*innen genutzt wurden.
Auch in den USA fanden viele Solidaritätsveranstaltungen statt, wie in Minneapolis, wo es einen Solidaritätsabend gab, in Brooklyn wurde ein Film gezeigt. Ein antifaschistischer Online-Shop aus Portland verbreitet Informationen über die Repression und sammelte Geld für die unterdrückten Anarchist*innen. In Kensas wurde zu einer Demo aufgerufen, um die russischen AnarchistInnen zu unterstützen. In New York fand vor der russischen Botschaft eine Kundgebung statt. Auch Vertreter*Innen der revolutionären Bewegung der Abolitionist*innen aus New York drückten ihre Solidarität aus.
Eine weiter Solidaritäts-Aktion gab es in Toronto (Kanada). Anarchist*innen führten auf dem belebtesten Platz in der Innenstadt eine Mahnwache durch, um Passant*Innen über die Repression in Russland zu informieren.
Die Woche der Solidarität wurde aus Solidarität mit russischen Anarchist*innen durchgeführt, die von Repression durch den FSB betroffen sind. Im Herbst 2017 verhaftete der FSB sechs Anarchist*innen aus Penza. Der Grund für die Verhaftungen war, dass alle sechs mit Airsoft spielten, was vom Geheimdienst als Training zum Umsturz der staatlichen Macht angesehen wurde. Den Gefangenen wurden Waffen zugeschoben, sie wurden beschuldigt eine terroristische Vereinigung zu organisieren. Für Monate wurden die Inhaftierten gefoltert und geschlagen, bis sie einwilligten sich gegenseitig zu verleumden. Sie wurden mit dem Kopf nach unten aufgehängt, geschlagen, mit Elektroschockern gefoltert.
Im Januar 2018 begannen in St. Petersburg Entführungen von Anarchist*innen. Zwei Verdächtige und ein Zeuge wurden gefasst, alle wurden gefoltert. Einer der Häftlinge wurde zu diesem Zweck in einem Wald in der Nähe der Stadt gebracht. Ein weiterer wurde für mehr als einen Tag gefoltert. Nur offiziell dauerte das Verhör einen Tag – von drei Uhr am Morgen bis drei Uhr am Morgen. Obwohl einer der Verdächtigen und der Zeuge eine Stellungnahme über die Folter abgaben, wurden ihre Aussage nicht durch staatliche Autoritäten überprüft.
Das FSB kündigt Pläne für weitere Verhaftungen im Zusammenhang mit dem erfundenen Fall einer terroristischen Gruppe von zwei dutzend Anarchist*innen in Moskau, St. Petersburg, Penza und Weißrussland an.
Auf der Krim hat der Geheimdienst den lokalen Anarchisten und sozialen Aktivisten Eugen Karakashew festgenommen. Der Grund dafür ist seine Beteiligung von Eugen an sozialen Kämpfen der Bewohner*innen der Halbinsel an. Am Tag der Verhaftung hat sich der Bürgermeister von Eupatoria mit Protestierenden gegen Point-buildung getroffen und Hinweise auf mögliche Verhaftungen gegeben. Der Grund der Verhaftung war die Korrespondenz von Eugen innerhalb eínes Gruppen-Chats im „Sozialen Netz“
Unmittelbar nach dem Ende der Solidaritäts-Aktionen wurde die Anarchistin Elena Gorban verhaftet. Unter Missachtung aller Normen wurde ihr für mehrere Stunden kein Rechtsbeistand gewährt, bis sie zustimmte, sich für den Angriff auf das Büro der regierenden russischen Partei „Vereinigtes Russland“ schuldig zu bekennen. Am selben Tag wurde der Anarchist Alexei
Kobaidze im selben Zusammenhang verhaftet. Der eigentliche Grund, war eine nicht genehmigte Demonstration in Moskau gegen den FSB Terror. Am frühen Morgen, bevor diese Information über die Verhaftungen von AnarchistInnen in den Medien und im Internet erschien, veröffentlichten die regierungsnahen Kanäle ein Video der Verhaftung und eine Meldung, dass Anarchist*innen, die an der Demo teilgenommen haben, in Moskau verhaftet wurden. Die Ermittler*innen, die Elena verhörten, befragten sie auch zur Demonstration, obwohl den Verhafteten der Angriff auf Untited Russia vorgeworfen wurde und nicht die Teilnahme an der Demonstration.
Nach diesen neuen Verhaftung wurden die Solidaritätsaktionen fortgesetzt. In Tscheljabinsk hängten Anarchist*innen ein Transparent neben dem FSB Gebäude auf und warfen eine Rauchbombe auf ihr Gelände. Und in einem Außenbezirk von Moskau wurde eine Kundgebung durchgeführt, ebenfalls aus Solidarität mit den unterdrückten Anarchist*innen.
Wir rufen alle dazu auf, die Solidaritätskampagne fortzusetzen.
Diese Tage erreichten uns Nachrichten der Verhaftung von Antifaschisten und Anarchisten aus Russland. Bereits im Oktober und November 2017 wurden in der Stadt Penza sechs Personen vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB verhaftet und brutal gefoltert. Im Januar diesen Jahres folgte eine weitere Verhaftungswelle, bei der zwei Personen in der Stadt St. Petersburg zuerst für einen Tag vom FSB entführt und dann am darauf folgenden Tag in Untersuchungshaft offiziell registriert wurden. Razzien in verschiedenen Städten des Landes begleiten die geheimdienstliche Offensive des Regime Putins. Als Grund der Repression dient dem FSB die Konstruktion einer anarchistischen terroristischen Gruppe, „Net“ genannt, die eine Serie von Anschlägen auf die Präsidentenwahlen im März 2018 als auch die Fußballweltmeisterschaft im Juni/Juli 2018 in Russland mit dem Ziel eines bewaffneten Aufstandes geplant haben und in mehreren Städten Russlands, sowie in Weißrussland, existieren soll. Beweise für die Existenz dieser Gruppe gibt es nicht. Als einzige Beweise dienen die Aussagen, die vom FSB von fast allen Verhafteten unter Folter und der Androhung weiterer Foltermaßnahmen erpresst wurden. In Penza wurde die Gruppe anhand der Aussage der ersten festgenommenen Person konstruiert. Das verbindende Element sind Airsoft-Spiele. Außer dieser ersten Person, die Anfang des Jahres entlassen wurde, aber unter Hausarrest steht, befinden sich alle anderen in Untersuchungshaft.
Was die Gefangenen in der Untersuchungshaft an Einschüchterung und physischer Gewalt erlebt haben, offenbart die Grausamkeit der Maschinerie des Systems. Während in Deutschland noch die Maskerade der Demokratie die Brutalität staatlicher Machtausübung zu verschleiern versucht, bestätigen uns die Erzählungen aus Russland, wie die Kettenhunde des Systems – der erbärmliche Abfall der Exekutive – nur in der Anwendung und Androhung körperlicher Gewalt fähig sind, ihre
Autorität aufrecht zu erhalten.
Repression soll uns abschrecken, Bewegungen zerschlagen und individuell wieder ins kontrollierte System pressen oder vernichten. Und es ist alles andere als einfach, sich nicht ohnmächtig zu fühlen, unfähig ihrer Massivität etwas entgegen zu setzen. Doch wenn wir auch Nachrichten der Wut und des anarchistischen Kampfes aus genau diesen Orten vernehmen,
dann sind das Zeilen und Bilder, die uns Mut machen. Die zeigen, dass überall dort, wo ein menschliches Herz im Takt der Rebellion schlägt, Momente des Widerstandes möglich sind. Dass wie heftig die Repression auch sein mag, es immer Menschen geben wird, die nicht aufgeben für ihre Ideen zu kämpfen. Die Resonanz der Solidarität ist unsere Stärke.
Von den G20-Gefangenen in Hamburg zu den Gefangenen in Penza oder St.Petersburg nach Berlin – je stärker ihre Repression, desto wütender und leidenschaftlicher unser Widerstand.
Aber diese Solidarität besteht nicht losgelöst von der aktuellen Realität des Kampfes. Die Zusammenhänge zwischen einem dutzend Neo-Nazis, das militant aus der kalifornischen Landeshauptstadt vertrieben wird und Gruppen von schwarzen Jugendlichen, die, wie am 9. Juli geschehen, heftig die brutale Polizeistation von St. Paul attackieren, sollte sonnenklar sein.
Alle Formen von Herrschaft müssen angegriffen und vernichtet werden.
Tod der weiße Herrschaft Tod dem Staat Für einen schwarzen Juli Für Anarchie
Am Freitag, den 2.Mai, fing das Haus der Gewerkschaften in Odessa Feuer. Insgesamt verloren 42 Menschen während der Auseinandersetzungen in der Stadt ihr Leben, die meisten von ihnen im Feuer und die anderen in Straßenkämpfen. Hier gibt es einen exzellenten russischsprachigen Augenzeugenbericht über die Ereignisse.
Alles fing an als bewaffnete prorussische Anti-Maidan KämpferInnen eine Demonstration von organisierten Fußballhooligans mit nationalistischen Überzeugungen angriffen. Dieser Angriff hinterließ Tote, doch bald waren die pro-russischen KämpferInnen überwältigt. Sie flüchteten zurück in ihr Protestcamp im Kulikowo-Feld, aber Pro-Kiew DemonstrantenInnen folgten ihnen und zündeten das Protestcamp an. Die prorussischen Leute flüchteten darauf ins Haus der Gewerkschaften, welches bald Feuer fing. Das Feuer breitete sich aus, wie in diesem Video zu sehen ist. Das Video zeigt, dass wohl auch hinter intakten Fenster Feuer entstanden sind, vermutlich durch den unachtsamen Umgang mit Molotowcocktails, welche von beiden Seiten verwendet wurden. Auf dem Video ist auch zu sehen, dass pro-ukainische NationalistInnen Molotowcoctails in das Gebäude werfen, sodass sie mit Sicherheit wenn nicht ganz, dann zumindest teilweise Verantwortung für das Feuer tragen.
Es bestehen Zweifel daran, ob die Kerngruppe der Prorussischen, die die Demonstration mit Schusswaffen angriffen, außenstehende Provokateure waren. Mit Sicherheit aber befanden sich im Haus der Gewerkschaften Leute, die mit dem Angriff nichts zu tun hatten. Auf einer Reihe von Fotos kann mensch sehen, dass die Polizei die Kerngruppe der Angreifenden beschützt. Während des Feuers war die Polizei jedoch sehr passiv und griff nicht in die Geschehnisse ein. Selbst wenn die Polizei nicht an einer Verschwörung teilnahm, so verhielten sie sich zumindest sehr unprofessionell.
Am Wochenende bekriegten sich Truppen der Zentralregierung und der einheimischen FöderalistInnen in der Stadt Kramatorsk im Osten der Ukraine. Das bedeutet, dass das, was dort in der Ukraine gerade passiert, schon als Bürgerkrieg betrachtet werden kann. In den nächsten Wochen wird sich herausstellen, wie weit sich der Krieg ausbreitet und ob Russland eingreift.
In der Nacht vom 14.02.2014 haben wir, wie Schatten, ein Holzfällerlager infiltriert.
Es war 3 Uhr Nachts, aber die Knechte ruhten noch nicht. Ein Grubenbagger war noch in Betrieb, Arbeiter liefen im Lager verstreut herum, während ein Wachmann TV schaute und Bier trank. Unserer Erfahrung nach, war das ein ziemlich grosses Lager mit etwa 6-7 Bauwägen, einem Werkzeugschuppen, 2 Autos, 3 Bagger und einer Planierraupe. Als wir zwischen Bauwägen und Autos waren, entschieden wir uns für zwei Bagger, da sie das wertvollste waren, was in der örtlichen Fauna herumstand. Danach lief alles nach dem Standardschema ab. Ihre Motoren und Abdeckungen wurden mit Lumpen bedeckt, die mit reichlich Benzin getränkt waren. Dann setzten wir uns erfolgreich ab und positionierten uns, um das Schauspiel einige Minuten lang zu genießen. Zwei schwarze Rauchsäulen stiegen von den Maschinen auf. Den Schaden schätzen wir auf 6-8 Millionen Rubel.
Wir hoffen, dass die Sabotage die Erweiterung der Sandgrube unterbrechen wird. In dem Landstrich gibt es schon einige verlassene Gruben. Seit unserer letzten Nachforschung dort wurde zur Erweiterung der Grube ein großes Waldstück trockengelegt und vernichtet. Der hier geförderte Sand wird zum Verkauf exportiert, weil die Baubranche Profit abwirft und keine Zeit für Kleinigkeiten wie Natur, saubere Luft usw. hat.
Allen, die an diesem Thema dran sind viel Erfolg. Setzt eure Köpfe durch.
AnarchistInnen und Organisierende der Demonstration “Gegen den Krieg in der Ukraine” in Petrozavodsk (Russland) wurden entführt und schwer verletzt von unbekannten Maskierten.
Am 9. März sollte zusammen mit der traditionellen Food Not Bombs Aktion die Demonstration „Gegen den Krieg in der Ukraine“ in Petrozavodsk stattfinden. Mit dieser Veranstaltung sollte sich für eine friedliche Lösung der angespannten Lage in der Ukraine und die Verhinderung weiteren Blutvergießens ausgesprochen werden.
Am Abend des 8. März wurden zwei Organisatoren der Demo und einer ihrer Freunde angegriffen. Zwei Autos kamen und ein dutzend maskierter kräftiger Männer begannen sofort mit einer Schlägerei. Sie schrien: “Ihr Arschlöcher wollt unsere Krim den Bandera Leuten aushändigen. Ihr werdet lernen, wie demonstriert wird, ihr ***” und so weiter. Nach einer schnellen, aber einstudierten Ausführung gingen die Angreifer schnell zu ihren Autos und fuhren davon.
Am nächsten Morgen wurden vier an der Aktion Teilnehmende abermals von unbekannten maskierten Männern angegriffen als sie das Haus nach dem Kochen für Food Not Bombs eine halbe Stunde vor der Demo verließen. Sie wurden erneut geschlagen, in zwei Autos gestoßen und weggefahren. Wie später bekannt wurde, sind sie zu einem 40-45 km von der Stadt entfernt gelegenen Wald gebracht wurden. Auf dem Weg wurde ihnen von den Angreifern gesagt, dass sie ihre Gräber graben werden. Auf der ganzen Strecke wurden sie geschlagen und misshandelt. Nach der Ankunft wurden die Opfer nacheinander aus dem Auto geholt und zu verschiedenen Plätzen gebracht. Sie wurden von jeweils 3-4 maskierten Leuten begleitet und dahinter folgte das Auto. Sie wurden wieder zusammen geschlagen und misshandelt. Polizeiknüppel und mit Polyethylen ummantelte Ketten wurden benutzt. Die Angreifer drohten sie zu Krüppeln zu schlagen oder zu töten.
Unterdessen kamen einige unbekannte Leute mit provozierenden Schildern, irrelevant für das Thema der Demo. Sie machten ein Foto und ergriffen die Flucht. Das Scheitern der Demo war eindeutig geplant. TeilnehmerInnen der Veranstaltung, sowie andere soziale AktivistInnen hatten gute Gründe ihre eigene Sicherheit und die ihrer Lieben zu fürchten.
Krieg dem Krieg! Nicht ein Tropfen Blut für die „Nation“!
Der Machtkampf zwischen oligarchischen Clans in der Ukraine droht in einen internationalen bewaffneten Konflikt zu eskalieren. Der russische Kapitalismus beabsichtigt die Neuverteilung der ukrainischen Staatsmacht zu nutzen, um seine anhaltenden imperialistischen und expansionistischen Bestrebungen auf der Krim und seine starken ökonomischen, finanziellen und politischen Interessen in der östlichen Ukraine, durchzusetzen.
Vor dem Hintergrund der nächsten Runde bevorstehender ökonomischer Krise in Russland, versucht das Regime den russischen Nationalismus anzuheizen um die Aufmerksamkeit von den wachsenden sozio-ökonomischen Problemen der ArbeiterInnen wegzulenken: Armutslöhne und -renten, Abbau der verfügbaren Gesundheitsversorgung, Bildung und anderer soziale Dienste. Mit dem Donner von nationalistischer und kriegerischer Rhetorik ist die Formation eines unternehmerischen, autoritären Staates basierend auf konservativen Werten und repressiven Politiken einfacher.
In der Ukraine hat die akute ökonomische und politische Krise zu einer verstärkten Konfrontation zwischen „alten“ und „neuen“ oligarchischen Clans geführt, wobei die Ersteren ultra-rechte und ultra-nationalistische Gruppen genutzt haben, um einen Putsch in Kiew durchzuführen. Die politische Elite der Krim beabsichtigt nicht ihre Macht und ihr Eigentum mit den nächsten Herrschern in Kiew zu teilen und versucht auf Hilfe der russischen Regierung zu vertrauen. Beide Seiten greifen auf eine wuchernde nationalistische Hysterie zurück: jeweils die Russische oder Ukrainische. Es gibt bewaffnete Kämpfe und Blutvergießen. Die westlichen Mächte haben ihre eignen Interessen und Bestrebungen, und ihre Intervention könnte in den dritten Weltkrieg führen.
Sich bekriegende Cliquen von Bossen zwingen, wie üblich, zu kämpfen uns, gewöhnliche Leute: LohnarbeiterInnen, Arbeitslose, Studierende, RentnerInnen… Sie machen uns zu Berauschten der nationalistischen Droge, hetzen uns gegen einander auf, führen herbei, dass wir unsere echten Bedürfnisse und Interessen vergessen: Wir wollen und können uns nicht um ihre „Nationen“ kümmern, wo uns dringlichere und grundlegendere Probleme beschäftigen – wie wir überleben in einem System, dass sie erfunden haben um uns zu versklaven und zu unterdrücken.
Wir werden der nationalistischen Vergiftung nicht erliegen. Zur Hölle mit ihrem Staat und ihren „Nationen“, ihren Flaggen und Büros! Dies ist nicht unser Krieg, und wir sollten nicht an ihm teilnehmen und mit unserem Blut ihre Paläste, Bankkonten und das Vergnügen in weichen Stühlen der Autorität zu sitzen, bezahlen. Und wenn die Bosse in Moskau, Kiew, Lwiw, Charkiw, Donetsk und Simferopol diesen Krieg beginnen, ist es unsere Pflicht sich gegen ihn mit allen verfügbaren Mitteln zu wehren!
Kein Krieg zwischen „Nationen“ – Kein Friede zwischen den Klassen!
KRAS, Russische Sektion der IAA
InternationalistInnen aus der Ukraine, Russland, Moldawien, Israel und Litauen
Anarchistische Föderation Moldawien
Fraktion der Revolutionären SozialistInnen (Ukraine)
(Die Stellungnahme ist offen zur weiteren Unterzeichnung.)
leichte Überarbeitung einer auf Linksunten veröffentlichen Übersetzung
In der Nacht vom 31. Dezember – 1. Januar fackelten wir zwei Maschinen ab, die im Süden Moskaus für ein Bauprojekt im Einsatz standen. Die Security erwartete und entdeckte uns nicht, da sie sich im Wachhaus in die Bewusstlosigkeit soffen. So zerstörten wir mit 2 Kanistern Benzin und einigen Lumpen die unbeaufsichtigten Maschinen. Durch unserere Aktion wurde niemand verletzt (der einzige Schaden entstand im Geldbeutel des Bauunternehmens).
Wir widmen diese Aktion den Anarchisten aus Weißrussland, denen, die gefangen sind. Jungs, wir denken an Euch, wir vermissen Euch und erwarten Eure Befreiung. Wir bitten ABC Belarus uns mit der Verbreitung dieser Info zu helfen und unseren gefangenen Compas unsere Worte und Tat mitzuteilen. Wir hoffen, dass die Nachricht helfen wird, eure Stimmung aufzuhellen und euch im grauen Knastalltag Wärme und ein Lächeln bringt.
Was unseren Umweltschutzaktivismus angeht, planen wir keine Kehrtwende. Im Gegensatz zu Frau Chirikova [selbsternannte Leaderin der Massenproteste während des Kampfes um den Khimkiwald] trachten wir nicht nach einem bequemen Sessel in der Lokalverwaltung. So können wir es uns leisten das zu tun, was getan werden muss. Wir akzeptieren kein Gejammer wie: „Gewalt ist schlecht, wir sollen keine Maschinen anzünden, wir müssten mehr Unterschriften für Petitionen sammeln um uns bei der Bundesregierung Gehör zu verschaffen.“ Das erinnert uns an die Ängste einer Person, die den Goodwill-Verlust der bestehenden Macht befürchtet. Wenn wir jemandem Gewaltausübung gegen uns erlauben, heißt das, dass wir die weiße Flagge hissen. Es ist an der Zeit, das Grundprinzip des Zurückweichens unter den Schlägen der Behörden in Frage zu stellen. Es ist an der Zeit aufzuhören, unsere Handlungsunfähigkeit hinter Phrasen wie: “wir sollten nicht agieren, das ist eine gewalttätige Taktik“ oder „das ist zu machoartig“ oder „das ist illegal“ zu verstecken.
Wenn du für den Protest um Erlaubnis bittest, muss dir bewusst sein, dass du dich faktisch verkaufst. Nur unkontrollierte Widerstandsformen können hoffen frei zu bleiben. Jeder Protest, der unter dem Schirm einer liberalen Organisation koordiniert wird, ist zum Scheitern verurteilt.
Sammle deine Kräfte, bleib frei und wild, verdammt nochmal!
Am 4. Februar gegen 22:00 Uhr lokaler Zeit räumten Einheiten der Riot-Polizei auf brutale Art und Weise die stillgelegte Bahnstation ‘Warschau’, die von AnarchistInnen, CommunityaktivistInnen und lokalen Geschichtsinteressierten in St. Petersburg (Russland) besetzt wurde.
Als AktivistInnen davon hörten, dass die Stätte bald abgerissen werden sollte, um ein mehrstöckigen Hauskomplex an ihrer Stelle zu bauen, verwandelten sie die anliegenden Lagerhallen in ein Gemeinschaftszentrum, das Konzerte, Poesie-Lesungen und eine Fotoaustellung über die Geschichte des Bahnhofs beherbergte.
Das Gebäude im Baustil der Neorenaissance wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut und die Zuglinie verband die Städte St. Petersburg und Warschau, das damals noch zum russischen Zarenreich gehörte, direkt miteinander. Geschlossen wurde der Bahnhof 2001, woraufhin er in ein Zugmuseum umgewandelt und schließlich leer stand. BauunternehmerInnen reichten Pläne ein, um das Gebiet im Oktober neu zu bebauen, obwohl Teile des Gebäudes denkmalsgeschützt sind. Weiterhin verpflichtete der Status der Stadt als UNESCO-Weltkulturerbe die Regierung alle Konstruktionen von Gebäuden, die nicht im imperialen Stil gehalten werden, sorgfältig zu kontrollieren.
In der Tat rückten die Schwierigkeiten des Erhalts des historischer Gebäude in St. Petersburg im Jahr 2006 in den Fokus des breiten Aktivismus, als eines der größten Öl- und Gasunternehmen – GazProm – Pläne veröffentlichte, gegenüber des Smolny-Komplexes (einst der erste Sitz der bolschewistischen Regierung) einen 395 Meter hohen Wolkenkratzer zu bauen. Demonstrationen wurden durchgeführt, eine Basisbewegung mit dem Namen ‘Lebende Stadt’ wurde gegründet, öffentliche Persönlichkeiten schlossen sich der Kampagne an und 2010 wurde das Projekt schließlich an eine wenig kontroversere Stelle verlegt. Öffentliche Räume vor dem Eingriff des Kapitals zu verteidigen ist tief in den Venen der Stadt verankert. Continue reading St. Petersburg, Russland: Gewaltsame Räumung eines Bahnhofs→
Am 18. November führten GenossInnen in Jekaterinburg eine Aktion für die Food not Bombs Kampagne durch, die sie als Zeichen der internationalen Solidarität den AnarchistInnen vom Delta Squat in Thessaloniki widmeten.
Es folgt eine grobe Übersetzung von kurzen Auszügen ihres Kommuniqués:
“Wenn Menschen in Griechenland aus Armut Selbstmord begehen, wenn obdachlose Menschen in jedem Winter sterben, wirken leere Gebäude in der zweitgrößten Stadt des Landes wie eine Farce. In einem Land, das von der Krise zugrunde gerichtet wird, gibt es kein Geld, um in das geräumte Gebäude zu investieren. Also wird es weiterhin leerstehen und verfallen, von Polizeieinheiten bewacht, die die Räumlichkeiten vor bösen AnarchistInnen beschützen. In solchen Zeiten wird klar, dass die Junta niemals verschwunden ist. Die Fassade der griechischen Demokratie bricht zusammen und wir sehen die totalitäre Diktatur hinter ihr. (…)
Wir wünschen unseren GefährtInnen in Griechenland, dass sie im Angesicht aller existierenden Schwierigkeiten niemals aufgeben sondern den Kampf gegen den griechischen Staat, der der einzige Terrorist ist, fortsetzen. Wir hoffen, dass wir uns mal wiedersehen, wenn die schwarz-rote Fahne über einem freien Griechenland und Russland weht.”
Anfang November 2012 wurde der anarchistische Immigrant Gustavo Quiroga (inhaftiert seit der Räumung des Delta Squat am 12.09.) in die Attika Ausländerabteilung (Deportationscenter in Athen) überführt. Am 4. November wurde er nach Kolumbien abgeschoben.
Wenigstens ist der Genosse jetzt aus dem Knast raus. Trotz allem was passiert ist, geht es ihm relativ gut. Wir schicken ihm all unsere Kraft und unsere bedingungslose Solidarität… Auf Wiedersehn.
Im Rahmen des Aufrufs von Contra Info für Propagandaaktionen gegen Repression wollten auch wir einen Beitrag leisten und zur Verbreitung von Informationen über antikapitalistische und anti-staatliche Kämpfe beisteuern sowie Repression unterschiedlichster Art thematisieren.
An öffentlichen Plätzen der Stadt haben wir Parolen in Solidarität mit jenen angebracht, die eingesperrt sind, weil sie gegen dieses System revoltierten, das Misere und Ausbeutung symbolisiert, um so dazu beizutragen, dass die Bevölkerung über die sozialen und anderen aufständischen Kämpfe Kenntnis nimmt, die stattfinden und die Welt verändern.
Angesichts der Tatsache, dass die Kämpfe unzählig sind, muss die Solidarität noch stärker ausgedrückt werden, um sich dem alltäglichen Angriff der Staaten gegen jene, die für eine Welt ohne Herrschaft, Ausbeutung und für die Anarchie kämpfen, zu erwehren.
In Moskau versammelten sich am 5. März AnarchistInnen auf dem Manege- und Lubjanka Platz. Als die AnarchistInnen bemerkten, dass auch dem Lubjanka Platz nur circa 100 Menschen versammelt waren (und die Hälfte der Versammelten recht schnell von einem OMON-Großaufgebot verhaftet wurden), entschlossen sie sich gegen 19 Uhr russischer Zeit zum Puschkin Platz zu gehen. Im Laufe der genehmigten Kundgebung auf dem Puschkin Platz schwenkten die AnarchistInnen schwarz-rote und schwarze Fahnen mit der Aufschrift “Freiheit oder Tod”, andere ihre Sichtweise der aktuellen Entwicklungen mit Plakaten aus, auf denen geschrieben stand: “Alle zurücktreten (ohne Neuwahlen)”, “Wozu brauchen wir einen Präsidenten?”, “Alle PolitikerInnen sind GaunerInnen und DiebInnen”. Aber die meisten Leute hatten nicht viel Mobilisierungsmaterial bei sich, um auf Zusammenstöße mit Bullen vorbereitet zu sein.
Die Zusammenstöße begannen um circa 20.40 Uhr. Die Oppositionellen erklärten, dass sich alle im Anschluss an die Kundgebung auf dem Puschkin Platz friedlich zum Manege Platz bewegen sollen, wo vor den Kremlmauern ein Zeltlager errichtet wurde. Aber als der Protest beendet wurde, riefen die RednerInnen die Menschen dazu auf, auf dem Puschkin Platz zu bleiben und an einem Treffen ohne vorgegebenen Ende, mit der kürzlich “gewählten” Duma-Abgeordneten Ilja Ponomarev teilzunehmen
Die Behörden hatten sich auf Riots vorbereitet und überfluteten das Zentrum Moskaus mit Unmengen OMON-Kräften und gepanzerten Fahrzeugen. Die Bullen brüllten die DemonstrantInnen mit Megaphonen an, dass die Kundgebung jetzt zu Ende ist und sich alle in die U-Bahnstation zu begeben haben. Die Polizei begann die Menschen, die sich außerhalb der Metalldetektoren, die am Eingang des Versammlungsortes aufgestellt waren, aufhielten, zurückzudrängen. Um zur Kundgebung durchzubrechen und entschlossen, an den Drehkreuzen zu bleiben, wurde einfach einer der Metalldetektoren niedergerissen, daran waren auch AnarchistInnen beteiligt. Die Bullen schnappten sich die Leute, die am dichtesten an dem zu Boden gerissenen Metalldetektor waren. In der gröbsten Art und Weise verhafteten sie elf Protestierende.
Kleinere Menschengruppen versuchten in Richtung Kremlseite durchzubrechen und einigen gelang das auch. Die Entschlossensten unter ihnen wurden verhaftet, der Rest wurde zurückgedrängt. Zu der Zeit standen tausende Menschen auf dem Puschkin Platz. OMON-Einheiten umzingelten bald den gesamten Versammlungsort. Die hartnäckigsten Protestierenden bildeten im inneren eines im Winter stillgelegten Springbrunnens Ketten. Am Ende trennten die Bullen die Menschenkette; ein Teil der Leute wurde in Gefangenentransportern weggekarrt, der Rest vom Platz vertrieben.
In der Innenstadt wurden fast 250 DemonstrantInnen festgenommen, unter ihnen waren 25 AnarchistInnen und ihre UnterstützerInnen. An dem Protest beteiligten sich insgesamt circa 30.000 Menschen (unter ihnen auch Ultranationalisten und Neonazis). Das sind sehr viel weniger, als in den vorangegangenen Protesten im Dezember und Februar, an denen sich fast 100.000 Menschen teilnahmen. Linke Analysten prognostizierten allerdings einen Rückgang der Protestierenden während des Frühjahrs und erwarten eine zweite Protestwelle im Sommer, wenn die staatlichen Behörden die Preise für Lebensmittel, Dienstleistungen der Stadtwerke und Benzin erhöhen.
Live Performance der Punkband Pussy Riot am 21. Februar 2012 in der Christ-Erlöser-Kathedrale, wo sie in ihrem Song Putin als “den Kopf des KGB” besangen
Außerdem wurden am selben Tag in Moskau auch zwei Mitglieder der feministischen Punk-Band Pussy Riot (die stark in die Proteste involviert ist), die bereits seit dem Wochenende wegen einer Live-Performance (siehe Video) eingesperrt waren, dem Richter vorgeführt. Ihr Anwalt teilte mit, dass seine KlientInnen noch bis zum 24. April in U-Haft bleiben werden.
GenossInnen, wie sie von den Bullen während der Anti-Wahlen Demo in St. Petersburg verfolgt wurden
In St. Petersburg war eine der Parolen “UNSERE LÖSUNG: SELBSTREGIERUNG!”. Dort wurden laut Berichten fünf Leute verhaftet. Die Bullen griffen die Menschenmenge insbesondere zu dem Zeitpunkt an, als Mollis flogen und verhafteten dafür die Leute, die am nahesten dran waren.
Wir, AntifaschistInnen und AnarchistInnen aus Nizhniy Novgorod (Russland), appellieren an alle besorgten Menschen weltweit. Die politische Polizei (das Zentrum zur Bekämpfung von Extremismus‘ oder einfach ‚Zentrum E‘) hat gegen unsere GenossInnen ein Strafverfahren eingeleitet. Antifaschismus wurde in unserer Stadt illegalisiert. Wir brauchen eure Hilfe und Solidarität.
http://www.youtube.com/watch?v=An5wCFdoTV4
Weshalb werden unsere Freunde und Genossen angeklagt?
5 junge Männer, unsere Freunde, wurden wegen der Gründung einer „extremistischen Gemeinschaft“ unter dem exotischen Namen „Antifa-RASH“ angeklagt. Diese merkwürdige Abkürzung soll nach Meinung der ungebildeten Polizisten (im Englischen) für „Red anarhia skinheads“ stehen und folgendermaßen vom englischen Slang ins Russische übersetzt werden: „die roten Anarchie-Skinheads“ (eine Mischung aus allen Ängsten der normalen, gesetzestrauen BügerInnen). Artyom Bistrow, Albert Gainutdinow, Pawel Kriwonosow, Dmitriy Kolesow und Oleg Gambaruk sollen diese „Organisation“ dazu gegründet haben, um Menschen mit ultrarechten Ansichten zu verprügeln und um zu Hass gegen diese und gegen reiche Menschen zu anzustiften.
Warum behaupten wir, dass die Sache trügt?
Sogenannte Ausweise, die angeblich die Teilnahme der Angeklagten an der extremistischen Organisation beweisen, wurden unseren Genossen während der Hausdurchsuchungen heimlich zugeschoben (während derer es eine Menge Verfahrensverstößen gab, u.a. waren mehrere der Angeklagten während ihre Wohnungen durchsucht wurden). So sollten die hinzugezogene Zeugen während einer Durchsuchung der Wohnung von einem der Angeklagten, der zu der Zeit nicht zu Hause war, vor seiner geschlossenen Haustür warten während die Polizisten, die die Wohnung durch das Fenster betreten hatten, so taten als ob sie erfreut in der leeren Wohnung wären. In diesen vermeintlichen Ausweisen gab es grobe orthographische Fehler (es wäre sonderbar, hätten die Aktivisten selbst das Wort „Anarchie“ falsch geschrieben). Die Satzung dieser „Organisation“, welche auch während der Haussuchung zugeschoben wurde, legte eine hierarchische Struktur, bedingungslose Unterordnung unter dem Anführer und sogar Bestrafung für die ungehorsamen Mitglieder fest. Diese Regeln sind natürlich mit keinerlei linken Ansichten und Werten der Freiheit und Gleichheit, an welche unsere Genossen glauben, vereinbar.
Der zweite Teil der der Strafverfolgung, der die Angeklagten der Gewalttaten gegen Neonazis bezichtigt, ist ebenfalls von Fälschungen und Widersprüchen geprägt. Pawel Kriwonosow und Artyom Bistrow haben ein lückenloses Alibi zu der Zeit als sie die Ultrarechten angeblich verprügeln hätten und außerdem erkannten mehrere Opfer sie nicht als ihre Angreifer wieder. Was den verprügelten Neonazisten Dmitriy Redkin angeht, der von den Antifaschisten Gambaruk und Kolesow verprügelt wurde (beide haben den Sachverhalt eingestanden), so war es eine gewöhnliche Prügelei vor der Kneipe, die keine geplante politische Aktion darstellt. Continue reading Nizhniy Novgorod, Russland: Aufruf zu koordinierten Aktionen weltweit vom 16. – 18. März→